Eine neue Art des Gedenkens entsteht, so könnte die Quintessenz des Jugend- und Schüler-Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus lauten: aktiv, Gegenwartsbezogen – kurz, als Brücke in die Zukunft. Die federführende Organisation hatte das Schulamt der Stadt Köln inne, die das Projekt Mitte 2005 ausschrieb und dann mit den Schülern und Lehrern gemeinsam organisierte.


Oberbürgermeister Fritz Schramma: "Einsatz für die Demokratie fängt im Kleinen an, auch auf dem Schulhof"

OB Schramma eröffnete den Gedenktag

Die Eröffnungsrede hielt der Oberbürgermeister Fritz Schramma, auch Schirmherr des Gedenktages, dem die Veranstaltung auch ein persönliches Anliegen ist. In seiner Zeit als Lehrer an einer Schule in Puhlheim organisierte er selbst Fahrten in die zahlreichen Konzentrationslager in Deutschland und Osteuropa: "Das ist eine Erfahrung für’s Leben," empfahl Schramma den Besuch vor Ort. Und "Redet mit den Überlebenden des Holocaust, solange es noch möglich ist!" Für das Engagement bedankte sich der OB bei allen Jugendlichen.


Diskutierten mit dem OB: Beatrice Moltkau und Maximilian Schmid von der Bezirksschülervertretung Köln

Diskussion mit dem OB

Die anschließende Talkrunde mit dem OB gab den Jugendlichen private Einblicke in die Art wie der OB selbst sich mit dem Nationalsozialismus auseinandergesetzt hatte und auseinandersetzt: "Interessant waren die Diskussionen mit meinem Vater." Er habe wissen wollen, wie das im Krieg gewesen sei. Nach einem Tip für den heutigen Umgang gefragt, antwortete Schramma: "Das, was ihr hier macht, mit Theaterstücken und Projekten, ist eine gute Richtung." In diesem Sinne wünschte er einen Tag des Nachdenkens als Fundament für die Zukunft.


Schulen aus ganz Köln nahmen an der Gedenkveranstaltung teil


Gabriele Zimmermann war für das Schulverwaltungsamt federführend verwantwortlich


Schüler des Lise Meitner-Gymnasiums zeigten Auszüges des Theaterstückes "Die Ermittlung"

Aktives Gedenken sogleich begonnen

Nachdenklich aber aktiv begann dann auch das gesamte Programm des Gedenktages, dar bis 13.15 Uhr dauerte und Theater, Musik und Talkrunden bot. Neben der beeindruckenden Szene der Katharina-Henoth-Gesamtschule mit ihrem Bewegungstheater, das Bedrohung und Angst darstellte, folgte ein Auszug aus dem Theaterstück "Die Ermittlung". Das Stück zeigt, wie während einer Gerichtsvernehmung von Überlebenden des Nationalsozialismus der Holocaust belegt wird. Die Jugendlichen fanden den richtigen Ton, um der Opfer zu gedenken.


Jugendliche der Bezirksschülervertretung mit NeoNazi-Aussteiger Jörg Fischer

Interview mit NeoNazi-Aussteiger

Keine Frage, alle Programmpunkte vermochten zu überzeugen. Das Gespräch mit dem NeoNazi-Aussteiger Jörg Fischer jedoch fesselte die Jugendlichen: Verknüpfung der Vergangenheit mit der Gegenwart. Fischer, der als 13-jähriger in die Szene abrutschte, kennt die Gründe für das Erstarken der NeoNaziszene aus eigener Erfahrung. Der Staat ziehe sich zunehmend aus der Jugendarbeit zurück. In dieses Vakuum gingen die NeoNazis. Er selbst sei 1991 ausgestiegen, da er mit der Doppelmoral nicht mehr zurechtkam: "Ich bin schwul wie so viele in der Szene, trotzdem halten sie diese Neigung für entartet." Einen Tip für die anwesenden Jugendlichen für die Zukunft hatte er abschließend ebenfalls parat: "Wartet nicht auf den Staat, macht selbst mit wie zum Beispiel bei >Köln stellt sich quer<"


Rolly Brings erinnerte musikalisch an die Kölner Edelweißpiraten


Lasen Namen der Holocaustopfer vor, während der Chor mit Kerzen in der Hand auf die dunkle Bühne kamen: das Stadtgymnasium Porz. Ein bewegendes Bild

Ein "gelungener" Gedenktag, so lautet das Fazit, dem sich auch die Bezirksschülervertreterin Marie Zimmer anschließen konnte: "Eine gute und Abwechslungsreiche Art sich zu erinnern." Der Tag regte zum Nachdenken an. 

Björn Troll für report-K.de / Kölns Internetzeitung