Köln | Am Donnerstag tagt der Kölner Stadtrat und die SPD-Fraktion bringt einen Antrag ein, mehr Flächen für den Bau weiterführender Schulen auszuweisen, eine Priorisierung der Schulform Gesamtschule und den Bau von mindestens fünf neuen Gesamtschulen sowie vor dem Hintergrund der Rückkehr zu G9 von fünf neuen Gymnasien. Zeitlich fällt der Antrag der SPD mit dem Antritt des neuen Kölner Baudezernenten von Köln Greitemann zusammen. Zudem fordert die SPD die Kölner Oberbürgermeisterin auf den Schulneubau zur „Chefinnensache“ zu machen. Die Kölner Grünen kritisieren den Antrag scharf und sprechen von altem Wein in neuen Schläuchen. Der Rat, so die Grünen, habe ein solches und besseres Programm bereits im März diesen Jahres beschlossen.

SPD will mehr Gesamtschulen und diese als „Veedelsschulen“

Fast 1.000 Kinder in Köln konnten zum letzten Schuljahr nach der Grundschule nicht auf eine Gesamtschule wechseln, obwohl sie dafür angemeldet wurden. Die Probleme in Köln sind bekannt. Es gibt zu wenige Schulneubauten und zu wenige Plätze an Gesamtschulen und damit kann dem Kinder- und Elternwunsch häufig und schon seit Jahren nicht entsprochen werden. Zudem wird sich die Situation in den kommenden Jahren noch verschärfen, denn dann wird Nordrhein-Westfalen von G8 wieder auf G9 wechseln und damit auch an den Gymnasien Platz fehlen. Der Schulbau, vom Neubau bis zur Erhaltung ist eine Pflichtaufgabe der Kommune Köln, schließlich gilt in Deutschland Schulpflicht. Dazu kommt, dass, sollte Köln wie prognostiziert wachsen, weitere Schulplätze fehlen.

In einem Eckpunktepapier stellt die Kölner SPD ihre Vision einer gerechteren Bildung in Köln vor. Sie fordert eine Priorisierung auf die Gesamtschule, der sie eine Leuchtturmfunktion im Veedel zuweist. Für den Bau fordert die SPD kreative Lösungen auch außerhalb der städtischen Gebäudewirtschaft. Die Gesamtschulen sollen als Ganztagesschulen immer auch inklusiv ausgelegt werden und die maximale Schülerstärke pro Klasse auf 27 begrenzt werden. Für Franz Philippi, schulpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, ist klar, dass mit den rund 1.000 abgelehnten Kindern zur vergangenen Einschulung, der Elternwille klar dokumentiert sei. Zudem benötige Köln fünf weitere Gymnasien um beim Wechsel von G8 auf G9 zu bestehen.

Mehr Flächen für den Schulneubau

Inge Halberstadt-Kausch, baupolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, erklärte, dass es zu kurzsichtig sei beim Schulneubau immer nur auf die Gebäudewirtschaft als alleiniger Sündenbock zu blicken. Es fehle in Köln eine Gesamtstrategie. Denn nicht nur die Gebäudewirtschaft, sondern auch das Stadtplanungsamt oder die Bauaufsicht seien beteiligt. Auch in all diesen Ämtern gehöre der Schulneubau an Priorität Eins gesetzt. Wohnungsbau und Schulneubau müssen in Köln Chefinnensache, also eine Angelegenheit der Oberbürgermeisterin Henriette Reker werden. Als Beispiel nannte Halberstadt-Kausch, die von der Landesregierung NRW in Aussicht gestellten 500 Millionen Euro, beim Wechsel von G8 auf G9 der NRW Gymnasien. Sie geht davon aus, dass alle Kölner Gymnasien diesen Wechsel so vollziehen werden. Dieses Geld bräuchte Köln schon alleine, wenn etwa fünf neue Gymnasien entstehen müssen. Alleine die Kosten für die Gesamtschule in Höhenhaus beliefen sich, etwa durch den Passivhausstandard und hohe Technisierung auf 120 Millionen Euro. Die SPD-Politikerin erinnerte in diesem Zusammenhang an das Konnexitätsprinzip, also wer bestellt, der müsse auch zahlen, in diesem Fall das Land.

Halberstadt-Kausch nahm besonders die fehlenden oder bisherige Auswahl der Flächen für Schulneubauten ins Visier. So seien diese oftmals schlecht angebunden, siehe Wasseramselweg oder so zugeschnitten, dass nur spezielle und aufwendige Planungen eine Bebauung möglich machen. Halberstadt-Kausch plädiert für einfache Flächen, auf denen Schulen in Modulbauweise errichtet werden können, um vor allem Zeit zu sparen: Bei der Planung, der Genehmigung und der Ausführung der Bauten. So könnten all diese Vorgänge repliziert werden. Denn die Zeit drängt, vor allem weil die letzten Kölner Schulbauten ewig dauerten. So die Gesamtschule Höhenhaus, die seit 2007 geplant und im Jahr 2020 fertig gestellt werden soll. Lutz Tempel, SPD Bezirksvertretung Porz, zeigte auf, wo eventuelle Flächen für Schulneubauten in Porz lägen. Sechs Stück habe man vorgeschlagen. Auch andere Bezirksvertretungen könnten diesem Beispiel folgen und Flächen vorschlagen. Denn diese, so Tempel, kennen ihr Veedel besser als alle anderen.

Grüne kritisieren SPD-Vorschlag

Der Rat hat in seiner Sitzung am 20.03.2018 die Verwaltung beauftragt, die Gesamtliste der Schulbaumaßnahmen zu aktualisieren und eine Priorisierung vorzunehmen, stellen die Grünen im Rat der Stadt Köln fest: „Für die priorisierten Schulbaumaßnahmen ist ein entsprechender Zeit-Maßnahmenplan zu erarbeiten. Schwerpunkte dieses Plans bilden die Grundstücksklärungen in Kombination mit erforderlichen Planungsrechten.“

Gerd Brust, baupolitischer Sprecher der Grünen Ratsfraktion zeigt sich empört: „Der SPD-Antrag fällt zum einen weit hinter diesen Beschluss zurück, die Auswahl von 10 Schulen ist völlig willkürlich und ansonsten ist der Antrag inhaltlich weitgehend wortgleich mit dem seinerzeit abgelehnten Ersetzungsantrag aus der Ratssitzung im März. Die Priorisierung im Schulbau gibt es schon längst! Sowohl der Kita-Bau wird von schon länger von Externen übernommen als auch die Facility-Management-Leistungen werden extern vergeben. Der Interimsmanager hat seine Arbeit aufgenommen, die Neuorganisation läuft.“

„Die SPD polarisiert mit diesem Antrag und tischt den hoffnungsvollen wie auch den verzweifelten Eltern schulpflichtiger Kinder eine Mär auf, indem sie sie glauben lassen möchte, dass die SPD sich aktiv um die Sorgen der Eltern kümmert. Dass sie dabei lediglich alten Wein in neuen Schläuchen verkaufen will, ist ihr völlig egal!“, so Horst Thelen, schulpolitischer Sprecher der Grünen, abschließend.

Der Antrag der SPD wird in der kommenden Ratssitzung am Donnerstag diskutiert. Diese beginnt um 15:30 Uhr. Die SPD wird zudem am 14. Juni um 19 Uhr eine Diskussionsveranstaltung in der Gesamtschule Mülheim am Rendsburger Platz 1-3 anbieten. Unter anderem wird Franz Philippi zur Situation an den Kölner Gesamtschulen sprechen und Prof. Dr. Gabriele Bellenberg von der Ruhr-Universität Bochum über die Qualitätsentwicklung im deutschen Bildungssystem informieren.

Autor: Andi Goral
Foto: Inge Halberstadt-Kausch, Franz Philippi und Lutz Tempel zur Schulsituation in Köln.