Der Direktor des Stadtmuseums, Dr. Werner Schäfke, eröffnete mit einer erstaunlichen Einsicht die Lesung: "Die Stadtgeschichte stehe für Kölner nicht im Vordergrund", zwar gebe es eine Reihe guter Kunstreiseführer, aber die Stadtgeschichte wurde bisher stiefmütterlich behandelt. Umso bemerkenswerter sind die Bücher, die der J.P.Bachem Verlag aufgelegt hat und die sich jetzt mit der Kölner Stadtgeschichte befassen. Bemerkenswert ist auch, dass der Kölner der sehr selbstbewusst zu seiner Stadt steht, so wenig für den Erhalt von Stadtgeschichte übrig hat. Vorleser Dr. Jung machte das an einem bemerkenswerten Beispiel sichtbar.

Das Kölner Opernhaus wurde im zweiten Weltkrieg zerstört und an seinem ursprünglichen Platz an den Ringen nicht wieder aufgebaut. Der Stararchitekt der 50er Jahre Riphan baute die Oper an ihrem jetzigen Platz auf. Ein bemerkenswerter und markanter Bau, im Jahre 2004 wurde über den Abriss diskutiert. So wird nun zwar die Oper nicht mehr abgerissen, dafür soll das Schauspielhaus abgerissen werden. Stadtgeschichtlich ein bemerkenswerter Vorgang, niemand käme oder kam zum Beispiel in München auf die Idee das Staatsschauspiel oder die Oper nicht wieder aufzubauen oder abzureißen.

In seiner Lesung streifte Dr. Jung durch Franzosenzeit und Preußenzeit in Köln und die Zuhörer erfuhren viele spannende Details und weltgeschichtliche Einordnungen. Wussten Sie, dass die Hohenzollernbrücke zuerst Dombrücke hieß und erst Kaiser Wilhelm II der Brücke ihren heutigen Namen gab? Und im Volksmund "Muusfall", wegen ihres kastenförmigen Aufbaus hieß? Oder dass die Hohenzollernbrücke und der damit verbundene Bau des Bahnhofes in unmittelbarer Nähe des Domes dazu führte, dass der Dom heute so schwarz ist, wegen der vielen Dampfloks die an ihm vorbeifuhren? Das es in Köln das erste Standbild Kaiser Wilhelms II gab? Das die Franzosen durch das Hahnentor ein und wieder ausgezogen sind, die französische Besatzung Kölns 19 Jahre, 3 Monate und 8 Tage dauerte? Das im Jahr 1804 im Hotel Blankenheimer Hof am Neumarkt, auch das gibt es heute nicht mehr, dort ist heute die Zeppelinstrasse, Napoleon Bonaparte mit Josephine nächtigte? Oder das dass 4711 Haus in der Glockengasse nicht an seinem heutigen Standort stand?

Dr. Jung wechselt geschickt vom stadtpolitischen Detail zur großen Weltpolitik und ordnet so die Rolle Kölns und die Entwicklung der Stadt in größere Kontexte ein, das macht das Buch so lesenswert und interessant. Gleichzeitig öffnet er dem ein oder anderen Patrioten aber auch die Augen, den so manche am Stammtisch erzählte Stadtgeschichte entpuppt sich dann doch als Märchen. Ein  Buch für alle die sich richtig über Köln informieren wollen.

Werner Jung
Das neuzeitliche Köln 
Auf den Spuren Kölner Geschichte 
Der historische Stadtführer 
304 Seiten und 370 s/w Abbildungen und Karten,
12.5 cm x 20.5 cm, kartoniert
€ 16,95
ISBN 3-7616-1590-6 
lieferbar

In der gleichen Reihe ist von Dr. Jung erschienen 
Werner Jung 
D
as moderne Köln
D
er historische Stadtführer 
320 Seiten, 520 s/w Abbildungen, 8 Karten 20,5 x 12,5 cm, kartoniert € 16,95
ISBN 3-7616-1861-1
lieferbar

Die nächste Lesung im Kölner Stadtmuseum zur Stadtgeschichte findet am 5.Dezember 2006 statt. Dann liest Card Dietmar aus dem mittelalterlichen Köln. 

Andi Goral für report-k.de / Kölns Internetzeitung