Alle Schülerinnen und Schüler, die beim Zentralabitur im Grund- oder Leistungskurs Mathematik die als zu schwierig kritisierten Aufgaben „Oktaeder“ oder „Basketball“ zu bearbeiten hatten, können die Prüfungsklausur neu schreiben – und zwar bereits am Dienstag der kommenden Woche (17. Juni 2008). Dies hat Schulministerin Barbara Sommer entschieden. „Widerspruchsverfahren, bei denen jeder Einzelfall geprüft werden müsste, wären zu zeitaufwändig. Viele Abiturienten wollen sich mit ihrem Zeugnis um einen Studienplatz bewerben. Um Härten zu vermeiden, haben wir uns zu dieser schnellen und unbürokratischen Lösung entschlossen“, erklärte sie und betonte: „Dadurch soll sicher gestellt werden, dass noch vor Beginn der Ferien die Ergebnisse der neu geschriebenen Klausuren in die Gesamtnote im Abitur einfließen können.“

Hintergrund der Entscheidung ist eine aktuelle Stichprobe des Schulministeriums unter 52 Mathematik-Leistungskursen an Gymnasien und Gesamtschulen, für die die Oktaeder-Aufgabe ausgewählt worden war. Das daraus entstehende Bild ist sehr uneinheitlich. Es finden sich Kurse, bei denen die Abiturergebnisse gegenüber dem Durchschnittswert der Klausuren in den Jahrgangsstufen 12 und 13 im Schnitt deutlich nach unten abweichen, und Kurse, bei denen die Arbeiten durchaus auch nach oben abweichen. Im Schnitt ergibt sich eine Abweichung nach unten von 1,59 Notenpunkten, also gut einer halben Note. Solche Abweichungen nach unten in Mathematik hat es auch schon zu Zeiten des dezentralen Abiturs gegeben. „Die deutlich unterschiedlichen Ergebnisse der einzelnen Schulen, die sich hinter dem Durchschnitt verbergen, lässt uns aber doch vermuten, dass eine größere Zahl von Kursen mit der Aufgabe besondere Schwierigkeiten hatte“, sagte Sommer. Den Ursachen werde im Zuge der umfassenden Abiturevaluationen 2008 nachzugehen sein. Laut Aufgabenkommission entsprachen die beiden mehrfach im Vorfeld geprüften Aufgaben dem Lehrplan, und sie waren nach Ansicht der Kommission lösbar. Ihr gehören im Schuldienst tätige Lehrerinnen und Lehrer an. Tatsächlich sind die Aufgaben, wie die Stichprobe belegt, von vielen Schülern auch gelöst worden. Und die Stichprobe zeigt auch, dass beileibe nicht jeder zweite Mathe-Abiturient in die Abweichungsprüfung muss, wie manche unter Berufung auf eine Umfrage im Schülerportal „Spickmich“ behaupten. Zudem hatten die Lehrer bei den am Vortag übermittelten Aufgaben Auswahlmöglichkeiten. „Ich will aus dieser Frage aber keinen Prinzipienstreit machen. Kein Schüler darf im Zentralabitur unter Problemen leiden, die er nicht zu verantworten hat“, sagte die Ministerin.

Die Entscheidung, für betroffene Schülerinnen und Schüler eine zentrale neue Klausur in Mathematik durchzuführen, wird heute per Schulmail an die Schulen übermittelt. Die Schulen sind darin aufgefordert, ihrerseits die Betroffenen sofort zu unterrichten. Wer von der Möglichkeit einer „zweiten Chance“ Gebrauch machen möchte, meldet sich bis Freitag, dem 13. Juni 2008, 12.00 Uhr bei seiner Schule zur Prüfung an. Die schriftliche Prüfung findet am Dienstag, dem 17. Juni 2008 statt. Den Lehrkräften stehen am Vortag Auswahlaufgaben in demselben Umfang wie zum Regeltermin zum Download zur Verfügung. Das Verfahren der Erst-, Zweit- und Drittkorrektur
wird organisatorisch vereinfacht, so dass die Endergebnisse den Schulen bereits am Montag, den 23. Juni 2008 vormittags zugeleitet werden können. Lehrerinnen und Lehrer, die von den Erstkorrekturen betroffen sind, können wegen der kurzen Korrekturzeit durch die Schulleitungen
entsprechend entlastet werden. Die Zweitkorrekturen werden am 20. Juni 2008 zentral von hierzu beauftragten Lehrkräften durchgeführt. Bei Teilnahme an der zweiten Klausur werden die in der ersten Klausur erbrachten Leistungen ungültig. Im Falle einer abweichenden Note in der neu geschriebenen Klausur wird die Endnote neu berechnet und ein neues Abiturzeugnis ausgestellt.
Die von der Schule angesetzten mündlichen Abweichungs- und Bestehensprüfungen finden statt; die Teilnahme an diesen Prüfungen´bleibt verpflichtend. Ergebnisse der mündlichen Prüfungen haben Bestand.

Sofern sich mündliche Prüfungen durch die Ergebnisse der zweiten schriftlichen Prüfung im Nachhinein als nicht notwendig erweisen, können Leistungen aus diesen Prüfungen nach Entscheidung der Prüflinge entweder bei der Berechnung der Abschlussnote entfallen oder – wenn sie für den Schüler günstig sind – im Sinne einer freiwilligen mündlichen Prüfung in die Gesamtnote im Abitur einbezogen werden. Für Schülerinnen und Schülern, die aus zwingenden, von ihnen nicht zu vertretenden Gründen zum gegebenen Termin nicht an der Prüfung teilnehmen, wird es Einzelfalllösungen geben. Überdies steht natürlich allen Schülerinnen und Schülern alternativ auch der Weg eines Widerspruchsverfahrens offen. In diesen Fällen kann allerdings ein abschließendes Ergebnis vor Schuljahresbeginn nicht gewährleistet werden. Ministerin Sommer: „Ich denke, dass wir mit der gefundenen unbürokratischen Lösung die Unsicherheit beseitigen und für einen sauberen Abschluss des Zentralabiturs 2008 sorgen. Jede Schülerin und jeder Schüler soll eine faire Chance bekommen.“ Die Ergebnisse der Stichprobe im Einzelnen sowie weitere aktuelle
Informationen zum Thema finden Sie auf der Homepage des Schulministeriums unter
www.schulministerium.nrw.de.

[nh; Quelle: NRW-Schulministerium]