NRW-Justiz-Minister Dr. Benjamin Limbach. Bildquelle: Justiz NRW

Köln | aktualisiert | SPD und FDP im NRW Landtag beantragten eine Sondersitzung des Rechtsausschusses zur Causa Besetzung des Präsidentenpostens beim Oberverwaltungsgericht NRW in Münster. Die Oppositionsparteien im NRW-Landtag titeln „Justizminister hängt am seidenen Faden“. Sie meinen den Grünen Benjamin Limbach. Das Ministerium erhebt Einspruch gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Münster.

Darum geht es

Es geht um die Frage: Wer wird Präsidentin oder Präsident des Oberverwaltungsgerichts NRW in Münster? Der Posten – es gibt kein höheres Richteramt in der Verwaltungsgerichtsbarkeit des Landes NRW – ist seit zwei Jahren nicht besetzt.

Peter Biesenbach, CDU, noch unter schwarz-gelber Landesregierung, schrieb die Besetzung aus und brach das Bewerbungsverfahren ab. Nach erneuter Ausschreibung durch Biesenbach bewarben sich ein Richter vom Bundesverwaltungsgericht und zwei weitere Bewerber. Einen Tag nach der Landtagswahl 2022 sprach sich Biesenbach für einen der weiteren Bewerber aus.

Die Grünen übernahmen mit Benjamin Limbach das NRW-Justizministerium. Der grüne Minister stoppte das Verfahren. Dann bewarb sich eine Frau aus dem NRW-Innenministerium. Sie soll die Wunschkandidatin des Ministers sein, erkennbar aus sogenannten Überbewertungen des Ministers. Jetzt stoppte das Verwaltungsgericht Münster das Besetzungsverfahren und sparte nicht mit Kritik am grünen Justizminister. Vor allen Dingen untersagte sie die Besetzung des Postens der Präsidentin mit Limbachs Wunschkandidatin.

Präzise beschreibt das Verwaltungsgericht Münster die Vorgänge: „Die ab dem 1. Juni 2021 neu zu besetzende Stelle war nach Abbruch eines ersten Bewerbungsverfahrens am 15. Juni 2021 erneut im Justizministerialblatt des Landes Nordrhein-Westfalen ausgeschrieben worden. In der Folgezeit hatten sich der als Richter am Bundesverwaltungsgericht tätige Antragsteller sowie zwei weitere Bewerber um die Stelle beworben. Den Besetzungsvorschlag vom 11. Mai 2022, die Stelle einem der weiteren Bewerber zu übertragen, paraphierte der Amtsvorgänger des jetzigen Ministers der Justiz am 16. Mai 2022. Der am 29. Juni 2022 ernannte Minister der Justiz verfügte am 30. Juni 2022, dass die Verfügung nicht weiter ausgeführt werden solle. Unter dem 13. September 2022 bewarb sich die im Ministerium des Inneren des Landes Nordrhein-Westfalen tätige Beigeladene. Nachdem in der Folgezeit aktuelle Beurteilungen der Konkurrenten angefordert worden waren und der Minister der Justiz am 28. März 2023 sogenannte Überbeurteilungen verfasst und dabei die Beigeladene als für das Amt der Präsidentin des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen mit „hervorragend geeignet“ beurteilt hatte, schlug das Ministerium der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen am 2. Mai 2023 vor, die Stelle mit der Beigeladenen zu besetzen.“

Justizminister handelte nach Auffassung der Münsteraner Verwaltungsrichter rechtswidrig

Den Stopp des Verfahrens, um die Bewerberin aus dem Innenministerium NRW noch eine Teilnahme am Verfahren zu ermöglichen steht jetzt in der Kritik und das Verwaltungsgericht Münster sieht darin eine „manipulative Verfahrensgestaltung“. Zudem seien die Überbewertungen, die NRW-Justizminister Limbach über den Bundesrichter und die Bewerberin aus dem Innenministerium verfasste, rechtswidrig. Diese Kompetenz stehe Limbach in diesem Fall nicht zu. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Münster ist nicht rechtskräftig.

So begründen SPD und FDP den Antrag zur Sondersitzung

Jochen Ott sagt für die SPD im Landtag: „Hier stehen Vorwürfe im Raum, die nicht ohne Folgen bleiben können, wenn sie sich bewahrheiten. Welche Autorität soll ein Justizminister gegenüber rund 43.000 Beschäftigten in fast 280 Einrichtungen noch haben, wenn ihm von einem Gericht rechtswidriges und manipulatives Verhalten vorgeworfen wird? Minister Limbach muss den Verdacht in einer Sondersitzung des Rechtsausschusses vollumfänglich ausräumen. Ansonsten wird er sich nur schwer im Amt halten können.“

Henning Höne von den Liberalen: „Nordrhein-Westfalens ranghöchster Staatsanwalt kritisiert Justizminister Limbach im Cum-Ex-Verfahren. Die Verwaltungsrichter in Münster äußern vernichtende Kritik an Limbachs Einflussnahme bei der OVG-Stellenbesetzung. Nur 1,5 Jahre nach Amtsantritt bröckelt bereits der Rückhalt in der Justiz. Die Vorwürfe sind erdrückend und schaden dem Ansehen von Amt und Ministerium. Minister Limbach muss sich umfassend erklären.“

NRW-Justizministerium legt Rechtsmittel ein

Das NRW-Justizministerium erklärte heute schriftlich, dass es Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Münster einlegen werden. Dieser Einspruch wird vor dem OVG NRW behandelt. Zu dem Einspruch schreibt das Ministerium: „Damit tritt das Ministerium dem Vorwurf eines manipulativen Eingriffs in das Besetzungsverfahren für die Stelle des Präsidenten/der Präsidentin des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen entgegen.“

Das Aktenzeichen der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Münster: 5 L 583/23 – nicht rechtskräftig

ag