Das Bild zeigt Prorektor der DSHS Professor Thomas Abel bei der Eröffnungsfeier der WDG 2023 im Müngersdorf Sportpark in Köln am 28. Juli 2023. | Foto: Bopp

Köln | Aktuell finden in Köln die World Dwarf Games (WDG) statt. Professor Thomas Abel ist Prorektor der Deutschen Sporthochschule (DSHS) und Vorstandsmitglied des Kölner Stadtsportbunds. Er engagiert sich im Rahmen der WDG 2023. Report-K sprach mit Prof. Abel über Inklusion im Sport in Köln.

Report-K: Die WDG finden in Köln statt. Gut für Köln und die Sportstadt Köln?

Prof. Thomas Abel: Ja, natürlich gut für Köln! Internationale Wettkämpfe sind gut in Köln aufgehoben, aber die Stadt profitiert auch davon. In diesem Fall sicherlich von spannenden und tollen Wettkämpfen, aber auch davon, dass Begegnungsräume entstehen, in denen der Wert von Vielfalt erlebbar wird. Die Teilnehmenden beleben das Bild des Campus der Sporthochschule, aber auch das Bild der Stadt Köln.

Report-K: Was sind die besonderen Herausforderungen für kleinwüchsige Sportler:innen im Kölner Sportalltag, etwa in Bezug auf Sportgeräte, um ein Beispiel zu nennen?

Prof. Thomas Abel: Ich glaube, die größte Herausforderung liegt für Aktive aus Köln darin, andere Menschen mit Kleinwuchs zu finden, um gemeinsam Sport zu betreiben, was für viele Athlet*innen ein großes Anliegen ist. Ansonsten geht es darum, offene Sportangebote der Vereine und Interessen der sporttreibenden Personen gut zusammenzuführen.

„Ein gemeinsames Sporttreiben beim Verein um die Ecke“

Report-K: Bietet die Stadt Köln und der Stadtsportbund besondere Programme für kleinwüchsige Sportler:innen an und wie können diese sich vernetzen, um gemeinsam einen Teamsport auszuführen?

Prof. Thomas Abel: Der Stadtsportbund ist, unterstützt von der Stadt Köln, sehr darum bemüht, die Verbindung zwischen den Angeboten der Vereine, aber auch vereinsungebundene Angebote und die Bedarfe und Wünsche von Menschen, die Sport treiben wollen zu verbinden. Die allgemeinen Aktivitäten des Sportamts, des Stadtsportbunds und der Sportjugend, vieler Vereine, Stiftungen und der Sporthochschule werden in einer Steuerungsgruppe regelmäßig abgestimmt. Programme explizit nur für kleinwüchsige Menschen sind mir bisher nicht bekannt, aber auch keine derartige Anfrage. Mein Wunsch wäre es hier auch immer, dass es ein gemeinsames Sporttreiben beim Verein um die Ecke oder im Veedel gibt und eher der Wettkampf separiert, wie es jetzt bei den WDG stattfindet.

Report-K: Werden Menschen, die kleinwüchsig sind oder eine Behinderung haben, genügend berücksichtigt? In den Medien in der Sportpolitik etwa des Rates der Stadt Köln?

Prof. Thomas Abel: Genügend sicherlich noch nicht. Da ist immer noch viel Luft nach oben. Ich glaube aber schon, dass sich die Situation in Köln in den letzten Jahren deutlich verbessert hat. Das liegt an guten Angeboten, die von Vereinen aufgelegt werden und die meist auf dem tollen Engagement von ehrenamtlich tätigen Menschen beruht. Das liegt an der Politik, die bereit war Stellen zu finanzieren, die sich für das Thema Inklusion einbringen können. Das liegt an Medienvertretenden, die sich anders sachkundig machen und weniger das Thema Mitleid, sondern eher das Thema Faszination des Sports und Respekt vor den Menschen fokussieren. Das liegt aber besonders auch an tollen Sportevents, in denen diese Faszination erlebet werden kann, wie beispielsweise dem Bernd-Best-Turnier, den tollen internationalen und nationalen Rollstuhl-Basketball Spielen, die von den Köln 99ers organisiert werden, am Host Town Programm im Vorfeld der Special Olympics in Berlin und jetzt sicherlich auch an den WDG, um exemplarisch nur ein paar Events zu nennen.

„Vielfalt willkommen heißen“

Report-K: Was fehlt und was wäre ein erster Schritt in die richtige Richtung?

Prof. Thomas Abel: Für mich fehlt immer noch das selbstverständliche „Vielfalt willkommen heißen“ im Sportverein um die Ecke, aber auch bei allen ungebundenen Sportangeboten. Und es fehlt immer noch an Informationen. Aber wir sind auf dem Weg.  

Report-K: Gibt es Unterschiede zwischen dem Breiten- und Spitzensport in Köln?

Prof. Thomas Abel: Wenn die Frage auf den Bereich der Inklusion abzielt, dann unbedingt. Inklusion gelingt gut im Training und sicherlich im Breitensport, wenn es eine entsprechende Haltung gibt. Der Paralympische oder Deaflympische Spitzensport kann in sich nicht Inklusiv sein, da eine Mindestbehinderung gefordert wird. Er wird aber eine hohe Bedeutung für den Zugang zu inklusiven und breitensportlichen Aktivitäten haben.

Report-K: Veranstaltungen wie die WDG erhöhen die Sichtbarkeit von Menschen, die die große Masse der Bevölkerung außerhalb einer Norm oder einer gefühlten gesellschaftlichen Normalität wahrnehmen. Nun sind wir alle Menschen. Ist die Trennung in separate Veranstaltungen etwa auch bei Olympia, die seit Jahrzehnten gelebt wird, noch zeitgemäß?

Prof. Thomas Abel: Vielfalt sichtbar zu machen ist von großer Bedeutung. Noch wichtiger sind Begegnungsräume, die emotional positiv besetzt sind und die Haltung entstehen lassen. Ich wäre sehr dafür, dass es mehr gemeinsame Veranstaltugnen gibt, in denen ein gemeinsamer Wettkampf bei getrennter Wertung stattfindet. Bei der Reduktion dieses Aspekts auf die Frage der Zusammenlegung von Olympischen und Paralympischen Spielen wage ich es zu bezweifeln, dass damit die Sichtbarkeit der Athlet*innen mit Behinderung erhöht werden würde. Ich würde diese Frage aber gern von den Athlet*innen beantwortet sehen, die, mit denen ich bisher Kontakt hatte und das sind natürlich viele, waren eher gegen eine Zusammenlegung dieser beiden Wettkämpfe.

„Belange von Menschen mit Kleinwuchs stärker in den Blick nehmen“

Report-K: Was wäre eine positive Entwicklung in der Sportstadt Köln nach den WDG 2023?

Prof. Thomas Abel: Mich würde es freuen, wenn wir beim Thema barrierefreier Zugang zu Sportstätten weiterkommen und hier auch die Belange von Menschen mit Kleinwuchs gemeinsam stärker in den Blick nehmen. Zudem würde es mich freuen, wenn die WDG dazu führen, dass es mehr Menschen mit und ohne Behinderung gibt, die ihre Freude in Bewegung, Spiel und Sport finden, unsere Gesellschaft krankt sehr daran, dass dies für viele nicht gegeben ist.

Report-K: Wie sehen Ihre persönlichen Erwartungen an die WDG aus? Gibt es etwas, auf das Sie sich besonders freuen?

Prof. Thomas Abel: Ich freue mich auf tolle und spannende Wettkämpfe und auf viele gute Gespräche mit Menschen aus der ganzen Welt, die nach Köln kommen und ihre Geschichte und ihre Sichtweise mitbringen. Das wird mich bereichern und gibt bestimmt viele Anregungen. Und ich freue mich sehr auf die positive Stimmung, die ich schon zu Beginn der Spiele erleben durfte.

ag, agr