Die jüdische Kölner Gemeinde war vor den Christen da
Prof. Dr. Ernst Baltrusch von der Freien Universität Berlin sprach über das Reskript von Konstantin des Großen an den Stadtrat von Köln im Jahr 321. Dabei ging es zum einen darum der klammen Kölner Stadtkasse, die es schon damals gab, Geld aus den Taschen der jüdischen Bürger zuzuführen. Baltrausch nennt das "unlauter". Dies beweist aber auch, da die jüdischen Bürger ja schon wohlhabend waren, dass sie schon eine ganze Zeit in Köln ansässig gewesen sein mussten. Die ersten jüdischen Synagogen sind nachgewiesen etwa in Ostia bei Rom aus dem 1 Jahrhundert nach Christus. Baltrusch geht davon aus dass sich die jüdischen Gemeinden in den Metropolen des römischen Reiches verteilt hatten. Dazu auch in Köln, dass damals mehr als prosperierend war. Baltrusch ist sich sicher dass es schon im 2. Jahrhundert nach Christus eine jüdische Gemeinde gab und damit ist sie definitiv älter als die Christliche.

 

In Köln stand die älteste bisher bekannte Synagoge nördlich der Alpen
Hört man dann Dr. Sven Schütte zu dem Leiter der Archäologischen Zone Köln, der über die mehr als 100.000 Funde berichtet, dann wünscht man sich Museum und Archäologische Zone lieber heute als Morgen. Einen kleinen Ausschnitt kann man jetzt schon im Prätorium bewundern, darunter die kunstvoll gestalteten Kapitel der gotischen Bimah (der Lesekanzel in der Synagoge), die Pflanzen und Tiere zeigen. Sogar die Lampen sind teilweise noch erhalten. Gefunden wurden auch Schiefertäfelchen in die Schüler um 700 hebräische und deutsche Schriftzeichen geritzt haben. In der Kloake der Synagoge haben die Archäologen phantastische Funde gemacht, darunter Möbel, Kinderspielzeug, Medizinfläschchen und viele andere Haushaltsgegenstände. Auch eilig vergrabene Münzen. Tierknochen, ein Hase, ein Auerochse und viele Knochen die vom koscheren Essen der jüdischen Familien zeugen wurden gefunden. Vor dem Progrom im Jahre 1349 hatte Köln eine kleine jüdische Stadt in der Stadt. Der Ratssaal lag im jüdischen Köln und die jüdischen Bürger mussten ihre Tore während der Ratssitzung offen halten. Die Verwüstungen des Progroms von 1349 zeugen, so Schütte von viel Wut und Haß. Das erweist sich jetzt für die Archäologen aber als positiv, den die Bruchstücke wurden vor Ort gelassen und lagerten dort. Schütte kann die gesamte jüdische Stadt wieder skizzieren. Die Synagoge, die Mikwe, die am tiefsten in die Erde reicht, aber auch die Bäckerei, den Tanzsaal und das Warmbad.

Das jüdische Museum Köln und die archäologische Zone sind ein Kulturhistorischer Ort von Weltrang
An keinem Ort Deutschlands kann man auf so engem Raum die Geschichte Europas, ihr Blühen, aber auch ihre dunkelsten Zeiten erleben wie im Bereich der archäologischen Zone. Prof. Nikolaus Hirsch vom Architekturbüro Wandel Hoefer Lorch + Hirsch zeigte den Stand der Entwicklungen zum jüdischen Museum und der Archäologischen Zone. Die Pläne werden immer ausgereifter und auch die überarbeiteten Fassaden mit ihren Hinweisen auf die Schätze im Boden, ihre historischen Zitationen, etwa an die historische Ratskapelle zeugen von hohem Gestaltungswillen. Es geht fein um und setzt die historischen Schichtungen um. Wird alles so gebaut wie geplant, wird auch das historische Rathaus gewinnen. Der zurückgenommenere Bau am Wallraf-Richartz Museum gelungen. Hirsch: "Das Museum verortet sich über den Relikten". Wer ganz unten anfängt, im Prätorium kann später einmal wie auf einer Zeitschiene nach oben steigen, erreicht das Mittelalterliche Köln und das jüdische Viertel. Im Museum kann man durch einen Glasboden auf die archäologischen Funde blicken und auf allen Ebenen werden Mikwe und Synagoge den Rahmen bilden um den sich Räume und Ausstellungsstücke beziehen.

Die Planungen wirken mehr als ausgereift. Prof. Georg Quander, Kölns Kulturdezernent, der auch den Nachmittag moderierte, berichtete über einen gegründeten Förderverein. Wenn nun das Land, die Stadt und die Bürger zusammen für das Projekt einstehen, dann ist sich Quander sicher, dass es gelingen kann. Quander ist so optimistisch dass er das Jahr 2013 nennt. Das Projekt brauche nun vor allem Optimismus, so Quander. Auch Kölns Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes sprach von einem Projekt mit europäischer Dimension. Sie erinnerte aber auch an die Opfer des Progroms von 1349, aber auch an die Greueltaten in der nationalsozialistischen Zeit. Mehr als 11.000 jüdische Kölnerinnen und Kölner wurden deportiert und fast alle wurden grausam ermordert. Rabbiner Jaron Engelmayer von der Synagogen Gemeinde Köln unterstrich die Bedeutung Kölns für die jüdische Welt, so wurde eine wichtige Interpretation der Thora von einem Kölner Juden verfasst, der allerdings schon wegen des ersten Progroms aus der Stadt fliehen musste.

Wer die Dimension, die sicherlich auch historisch komplex ist, begreift, der wird Feuer und Flamme sein für dieses Projekt. Denn anders als wenn man tote Gedenksteine aufstellt, kann gerade die Kölner Archäologische Zone in Verbindung mit dem jüdischen Museum und nur dann historische Zusammenhänge, das Leid und das Erblühen der europäischen Juden auf eine einmalige Art und Weise darstellen und erfahrbar machen. Und noch mehr es kann dieses in den Kontext römischer Geschichte, aber auch die Geschichte der Moderne werden. Zwei Aspekte machen das Projekt und die Architektur noch dazu einmalig. Das die Architekten das Museum wie eine Brücke über die Relikte der europäischen Geschichte hängen wollen ist ein kraftvolles Symbol für die Zukunft. Das so viel nur in Bruchstücken, manches davon nur in wenigen Stücken, wie etwa die Ratskapelle, aber auch Teile aus dem ehemaligen jüdischen Viertel, zeigt wie viel Leid mit dieser europäischen Geschichte verbunden ist und das Hass und Ausgrenzung die Menschheit nicht weiterbringt. So könnte die Archäologische Zone und das Museum der Jüdischen Kultur Kölns ein lebendiger Ort des Verstehens und am Ende der Versöhnung werden. Eine Vision, die am Ende wirklich das Prädikat Weltkulturerbe verdient. Gerade auch die Nähe zum Dom macht das Projekt doppelt reizvoll.

Dieses Kölner Projekt ist mehr als nur Landesaufgabe, es ist ein nationales, ein europäisches Projekt, dass sich, das sei den Skeptikern gesagt am Ende auch schnöde wirtschaftlich auszahlen wird. Denn es ist ein Leuchtturmprojekt für die Welt. Kammersängerin Dalia Schaechter trug jüdische Lieder vor und untermalte so den 11. Europäischen Tag der jüdischen Kultur. Und die Stadt sollte anfangen mit ihrer Kommunikation die Kölnerinnen und Kölner mitzunehmen und für dieses Projekt zu begeistern.

Die Kabinettausstellung im Prätorium
"Kunst und Kult. Funde aus den Ausgrabungen des Jüdischen Viertels"
Prätorium, Kleine Budengasse 2
50667 Köln
Öffnungszeiten: 4.9.2010 bis 16.1.2011
Di.-So. 10-17 Uhr
Eintritt: 2,50 Euro, Kinder frei

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