Namesgeber der Ausstellung ist Kafkas Parabel
Titelgebende Parabel und Metapher für das Thema der Ausstellung ist Kafkas gleichnamige Kurzgeschichte. Sie erzählt, wie ein Mann vom Lande um Einlass in das Gesetz bittet. Ein Türhüter verwährt ihm den Zugang und vertröstet ihn immer wieder auf einen möglichen späteren Zeitpunkt. Der Mann vom Lande bleibt sein ganzes Leben lang in wartender Position vom Gesetz ausgeschlossen. Der sich über die Jahre nicht verändernde Türhüter ist dabei die überzeitliche statuenhafte Gegenfigur zum alternden Individuum, das der Mann vom Lande verkörpert. Bemerkenswert ist im Vergleich zu anderen Definitionen Kafkas Entwurf des Gesetzes als Raum, der betretbar und endlich ist, zu dem es einen Zugang oder von dem es einen Ausschluss gibt. Die Ausstellung greift dieses Gedankenbild auf und entwickelt eine die gesamte zweite Etage umspannende Raumsituation, in der die 24 künstlerischen Positionen sehr dezidiert ihren eigenen Ort definieren.

Werke der Nachkriegszeit geben dem traumatisierten Menschen Gesicht und Körper
Vor dem Gesetz vereint figurative Skulpturen der Nachkriegszeit mit aktuellen Positionen und spannt damit einen Bogen über die vergangenen sechzig Jahre. Die Katastrophe des Zweiten Weltkriegs stellt eine zentrale Zäsur im Hinblick auf Menschenrechte und Menschenwürde dar, die ausschlaggebend für das heutiges Verständnis wurde und Niederschlag im ersten Artikel des Deutschen Grundgesetzes fand. Vor diesem Hintergrund bilden die Werke der Nachkriegszeit, die den geschundenen, verletzten und gefährdeten Menschen in großer Direktheit zeigen, den argumentativen Kern der Ausstellung. Statuen von Germaine Richier, Gerhard Marcks oder Alberto Giacometti geben dem traumatisierten Menschen Gesicht und Körper und finden eine künstlerische Ausdrucksform für die Sprachlosigkeit der Zeit. Sie bilden den Ausgangspunkt für die Betrachtung der zeitgenössischen Installationen von Künstlern wie Phyllida Barlow, Paul Chan oder Zoe Leonard.

Die gemeinsam mit der Siemens Stiftung organisierte Ausstellung „Vor dem Gesetz“  kann vom 17. Dezember bis zum 22. April nächsten Jahres im Museum Ludwig beschaut werden.

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