Ostpreußen im Herbst 1944 – die Artillerie der herannahenden Roten Armee ist nach Aussagen von Zeitzeugen seit Sommer ständig zu hören. Das Gutshaus eines Mitstreiters von Claus Schenk Graf von Stauffenberg steht seit der Verhaftung des Widerstandskreises vom 20. Juli 1944 leer – aber nicht ganz. Es beginnt eine Odyssee der Familie und eine lange Geschichte eines besonderen Hauses und seines berühmten Inventars. Bis heute knüpfen sich daran ungeklärte Fragen, aber Stück für Stück kommt Licht ins Dunkel. Mit diesen Vorgängen beschäftigt sich ein Vortrag von Dr. Bettina Bouresh, Historikerin im Archiv des Landschaftsverbands Rheinland mit Schwerpunkt auf der NS-Zeit im Rheinland. Das Referat mit dem Titel „Die ungeschriebene Geschichte eines Schlossinventars“ bietet die Gelegenheit, den Spuren einer facettenreichen Geschichte zu folgen und zusammenzutragen, was wir bis heute wissen.

„Verfemt, „entartet“, verschollen – Kunst und Diktatur“
Während des Nationalsozialismus und in der DDR versuchten die jeweiligen Staatsführungen, ihre Kunstauffassung zur Doktrin zu erklären. Beide Male beschränkten sie sich jedoch nicht darauf, ihnen genehme Künstler zu fördern und ihr neues Kunstverständnis zu propagieren, sondern beide Male bekämpften sie Kunst und Künstler, die nicht bereit waren, sich diesen staatlichen Kunstauffassungen zu unterwerfen. Als Instrumente dienten insbesondere in der NS-Zeit Berufsbeschränkungen und -verbote, Verfolgungen, Inhaftierungen, Ermordungen dieser Künstler. In der DDR waren die Methoden subtiler. Die Künstler erhielten keine Förderungen und Ausstellungsmöglichkeiten oder wurden in ihrer Arbeit behindert, mitunter psychisch unter Druck gesetzt. Auf diese Art und Weise verschwand in Deutschland eine ganze Künstlergeneration, die sich dem Expressionismus verschrieben hatte, entweder in den Konzentrationslagern und Gefängnissen der Nazis oder sie geriet schlicht in Vergessenheit.

Jedoch nicht nur die Bekämpfung unerwünschter Kunst stand auf der Tagesordnung beider Diktaturen, sondern gerade die Nationalsozialisten machten Kunst zum Gegenstand staatlichen Handelns: Die NS-Oberen plünderten eroberte Gebiete systematisch aus und holten Kulturgüter aller Art entweder „heim ins Reich“ oder beschlagnahmten sie für sich selbst. Zugleich entstand ein schwunghafter Handel mit Kunst, die sie den verfolgten Juden abgepresst oder geraubt hatten. Der Vortrag ist Teil der Reihe „Verfemt, „entartet“, verschollen – Kunst und Diktatur“, einer Kooperation der Volkshochschule und der Kunst- und Museumsbibliothek der Stadt Köln. Sie will in lockerer Reihenfolge die vielfältigen Aspekte des Themas „Diktatur und Kunst“ näher beleuchten.

Infobox
Vortrag:
Mittwoch, 9. Dezember 2009, um 19 Uhr
Lesesaal der Kunst- und Museumsbibliothek (im Museum Ludwig)
Heinrich-Böll-Platz, Köln-Innenstadt


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