Köln | Ein Motto gibt es für das 17. Festival „Literatur in den Häusern der Stadt“ nicht. Zu breitgefächert ist das Angebot der 27 Veranstaltungen, die vom 21. bis 25. Juni 27 Lesungen in intimen Atmosphäre bieten: Klassiker und Neuerscheinungen, Poetry Slam und szenische Lesungen, Belletristik und ein bisschen Lyrik, dargeboten von 45 Künstlern. Der Vorverkauf beginnt heute um 10 Uhr.

Gespannt darf man sein, welche der 1.200 Seiten seiner Familien-Saga „Das kalte Blut“ sich Chris Kraus sich für die Eröffnungs-Autorenlesung ausgesucht hat. Am Folgetag stellt Volker Kutscher seinen Berlin-Krimi „Lunapark“. Drin erzählt er, wie im Berlin des Jahres 1934 der Faschismus in der Bevölkerung „hoffähig“ – der aktuelle Bezug liegt auf der Hand, so Festivalleiterin Elisabeth Noss, seit Februar im Amt. In den letzten Wochen immer wieder erwähnt wurde Sinclair Lewis’ Roman „It Can’t Happen Here“ über einen lügenden und hetzenden Tycoon, der es zum US-Präsidenten schafft. Die vorweggenommen Parabel über Donald Trump (sie erschien 1935) wird vom Kölner Schauspieler Jean Paul Baeck vorgestellt.

Gastgeber wünschten sich die Themen Migration und Integration

Andere aktuelle Bezüge seien auf ausdrücklichen Wunsch der privaten Gastgeber ins Programm genommen worden, verrät Noss. So eine szenische Lesung von fünf Schauspielerinnen um Helena Aljona Kühn von „Ein Morgen vor Lampedusa“: Antonio Umberto Riccos greift darin den Untergang eines Flüchtlingsbootes, bei dem 2013 vor der italienischen Mittelmeer-Insel 366 Menschen ums Leben kamen.

Zum Thema Migration gehört auch „Deutschland ist bedroht“, das einzige „Sachbuch“ im Programm. Die Autorin – und Vorleserin – Düzen Tekkal schildert darin ihren eigenen Werdegang aus einem traditionellen Einwanderungsumfeld und greift die Feinde der Demokratie an: Islamisten, Rechtspopulisten und Rechtsradikale, von denen die eigentliche Gefahr für Deutschland ausgeht. Den Schlusspunkt setzt Navid Kermani mit seinem neuen Liebesroman Buch „Sozusagen Paris“.

Auch die Klassiker der Literatur kommen zu ihrem Recht

Weitere prominente Namen sind unter anderem TV-Literaturkritiker Denis Scheck, der zu ihrem 200. Todesjahr an die englische Schriftstellerin Jane Austen erinnert. Auch Texte von Thomas Bernhard und Jack London sind im Angebot. Ein Wiederhören gibt es mit den Tonbandreportagen „Guten Morgen, du Schöne“, der DDR-Schriftstellerin Maxie Wander, gelesen von Sarah Elisabeth Ritter. Es kommt die Bloggerin Ronja von Rönne, und Anke Fuchs zeigt, warum sie Dauersiegerin bei Slam-Poetry-Wettbewerben ist. Glecih acht ehemalige und aktuelle Mitglieder des Schauspielstudios am Kölner Schauspiel widmen sich klassischen US-Short-Stories.

Ins Leben gerufen hat das Festival 2001 die Kölner Kultur-Bürgerinitiative „Kunstsalon“. Das Markenzeichen: Privatleute laden zu einer Lesung in ihr Wohnzimmer, ihre Arbeits- oder Geschäftsräume ein. Das sorgt für eine intime Atmosphäre, für Literatur zum Anfassen. Die Kapazität reicht von 25 bis 100 Plätzen. Inzwischen gibt es auch – von Köln aus betreut – Ableger in Bonn und Hamburg. In allen drei Städten zusammen wurden im Vorjahr 5.000 Besucher gezählt.

Die Auswahl der Autoren geschieht – so Noss – in enger Absprache mit den Gastgebern. Das sind oft auch Zusammenschlüsse von Literaturbegeisterten, die so das Autorenhonorar (um die 950 Euro) aufbringen. Und meist auch für ein kleines kulinarisches Beiprogramm sorgen.

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17. Festival „Literatur in den Häusern der Stadt“

21. bis 25. Juni, an 26 Orten in Köln, die frühesten Lesungen beginnen um 18.30 Uhr. Eintritt 22/15 Euro. Das Programm findet sich unter www.kunstsalon.de. Hier beginnt heute um 10 Uhr auch der Vorverkauf. Außerdem Kartentelefon 0221 / 93 67 97 05.

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Autor: ehu | Foto: ehu
Foto: Festivalleiterin Elisabeth Noss hat in den wenigen Monaten ihrer Amtszeit ein buntes und spannendes Literaturprogramm zusammengestellt. Foto: ehu