Köln | Am 13. September wählen die Kölner Bürgerinnen und Bürger im Rahmen der Kommunalwahl 2020 nicht nur die oder den Oberbürgermeister, sondern den Rat, die Bezirksvertretung, den Integrationsrat und die Landschaftsversammlung Rheinland. Es ist ein kommunaler Wahl-Supersonntag. Üblicherweise konnten in Köln Medien darüber frei auch aus dem Historischen Rathaus berichten. Jetzt ist dies anders: Die Stadt Köln baut selbst ein „Wahlstudio“ auf und streamt aus diesem live. Medien wie report-K, die Livestreams schon bei Bundes- und Landtagswahlen anboten, erhalten eine Absage.

Frühzeitige Absage

Es ist Corona-Zeit und damit einiges anders, auch an einem Wahlabend. So gibt es etwa nicht die Wahlparties der Parteien oder Gruppierungen in den Räumen des Spanischen Baus, aber einen Veranstaltung in der Piazetta des Historischen Rathauses. Am 4. August um 8:17 Uhr machte die Stadt Köln die Kölner Medien auf den digitalen Push-Service mit Ergebnissen der Auszählung per E-Mail aufmerksam. Nach dieser Mail fragte die Redaktion am gleichen Tag 8 Minuten später beim Städtischen Presseamt zum Wahlabend an: „Sehr geehrte Damen und Herren, können wir einmal telefonieren, wie eine Berichterstattung möglich sein kann? Denn wir hatten eigentlich geplant, wieder eine Live-Berichterstattung aus dem Historischen Rathaus anzubieten oder ist das unter Corona-Schutzbedingungen nicht möglich?“ Die Stadtsprecherin Simone Winkelhoog aus dem städtischen Presseamt meldete sich einige Tage später telefonisch zurück. Sie gab an, dass eine Live-Berichterstattung in diesem Jahr wegen Corona nicht möglich sei. Teams von 4 Personen, wie report-K sie etwa bei der Live-Berichterstattung (Livestream mit Ergebnissen und Interviews) über die Landtags- oder Bundestagswahl einsetzte, seien aus Corona-Schutzgründen und der begrenzten Zahl von Menschen, die in die Piazetta dürften, nicht gestattet. Eine kleine Zahl von Journalisten habe und damit auch report-K mit einer Personen die Möglichkeit, den Arbeitsraum im Hansasaal zu nutzen. Dort können Journalisten Laptops aufstellen, schreiben und mit Verantwortlichen der Stadt sprechen. Vor diesem Hintergrund plante die Redaktion keine Livestream-Berichterstattung vom Wahlabend.

Eingriff in die Freiheit der redaktionellen Arbeit

Umso erstaunlicher ist es, dass die Stadt Köln gestern auf einer Pressekonferenz bekannt gibt selbst ein „Wahlstudio“ in der Piazetta des Historischen Rathauses einzurichten und den Wahlabend über Livestreams in den sozialen Medien anzubieten. Dabei ist eines klar und deutlich festzuhalten: Die Stadt Köln hat eine Informationspflicht über die Wahlergebnisse, denn dabei handelt es sich um amtliche Informationen. Diese muss sie öffentlich bekannt machen. Ein „Wahlstudio“ zählt dazu nicht. Ganz im Gegenteil: Hier gilt Staatsfreiheit der Presse und ganz besonders bei Wahlen. Das Geschmäckle ist daher besonders groß, denn die Stadt Köln unterbindet freie und unabhängige Medienberichterstattung und macht das Gleiche – Livestream-Berichterstattung – dann selbst und greift damit in den freien publizistischen und wirtschaftlichen Wettbewerb der Presse ein? Zudem ist festzustellen, dass Redaktionen, so auch diese Internetzeitung, seit Monaten sich mit den Wahlprogrammen und Kandidatinnen und Kandidaten der Parteien auseinandersetzen, Umfragen bei den Wählerinnen und Wählern einholen und Ereignisse einordnen. Also Informationen aufarbeiten und dann Fragen an Politik stellen. Auf dieses müssen die Leserinnen und Leser, Zuschauerinnen und Zuschauer dieser Internetzeitung multimedial jetzt im Livestream verzichten. Damit einher geht die Frage nach der Kompetenz eines städtischen Livestreams. Gerade bei Wahlen wertet die Redaktion dieser Internetzeitung diesen Eingriff der Stadt Köln in die Freiheit ihrer Arbeit als besonders schwerwiegend.

Durch die frühzeitige Absage der Stadt Köln plante die Redaktion von report-K um. Statt der gewohnten Livestream-Berichterstattung wird es daher einen ausführlichen Live-Ticker geben, auch wenn dieser nicht das Stimmungsbild einer Wahlnacht und die Unmittelbarkeit von Interviews, Fragen und Antworten an die Kölner Kommunalpolitik abbilden und dokumentieren kann.

Autor: Andi Goral