Symbolbild Wohnungsbau

Köln | In Köln herrscht Wohnungsnot, zumindest im Bereich bezahlbarer Wohnraum. In Köln gibt es eine Krise des Wohnungsbaus und das seit Jahren, die sich immer mehr – auch durch die geänderten Rahmenbedingungen wie steigende Zinsen – verschärft. Der Rat debattierte das Thema in seiner 28. Sitzung diese Woche. Gestern debattierte die SPD auf ihrem Unterbezirksparteitag den Leitantrag „Volle Power für bezahlbares Wohnen in Köln“. Und die Initiative für gemeinwohlorientiertes Wohnen schreibt einen Brief an die demokratischen Fraktionen im Kölner Rat, der report-K exklusiv vorliegt. Die Debatte gewinnt an Fahrt und das ist gut so.

Die Ratsdebatte

Der Antrag kam von den Kölner Sozialdemokraten im Rat und trug den Titel „Sofortprogramm: Jetzt bezahlbaren Wohnraum schaffen – Sozialpolitische Katastrophe abwenden!“. Ein Thema mit aktueller Brisanz. Welche Brisanz dieses Thema für die Kölner Stadtpolitik hat, zeigt sich alleine daran, dass die Redner aus dem Ratsbündnis von Grünen, CDU und Volt ihre Debattenbeiträge in der Ratssitzung nicht mit dem üblichen SPD-Bashing begannen, sondern den Sozialdemokraten für ihren Antrag zunächst dankten. Natürlich wurde auch der Vorwurf laut, die Sozialdemokraten würden den Wahlkampfauftakt für die Kommunalwahl 2025 vorziehen. Aber das Thema hat Priorität und das wurde durchaus erkennbar. Es soll weiter im Fachausschuss Wohnen behandelt werden. Darin waren sich alle, bei gleichzeitigen inhaltlichen Differenzen, bis zur Linken einig. Niklas Kienitz, CDU regte einen fraktionsübergreifenden Pakt für den Wohnungsbau und rief zu breiter Debatte im Ratsausschuss und Wohnungsbauforum auf. Guter Impuls.

Inhaltlich drehen sich die Fragen in der politischen Debatte um Themen wie gemeinwohlorientierte Akteurinnen und Akteure im Wohnungsbau gefördert, mehr Flächen für den Wohnungsbau aktiviert, Sozial- und Werkswohnungen gebaut und Bauanträge schneller bearbeitet und genehmigt werden können. Denn in Köln werden nicht, wie einmal geplant, 6.000 Wohnungen pro Jahr fertiggestellt, sondern eher nur ein Drittel davon. Auch Michael Frenzel, der für die SPD im Stadtentwicklungsausschuss sitzt, mahnte bisher fast in jeder Sitzung an, sich des Themas Wohnungsnot zu widmen.

„modernes Köln“ könnte liquidiert werden

In der gleichen Ratssitzung sollte die Gesellschaft für Stadtentwicklung „modernes Köln“ liquidiert werden. Die entsprechende Beschlussvorlage der Stadtverwaltung wurde allerdings von der Ratspolitik zum zweiten Mal vertagt, nachdem sie zuvor der Finanzausschuss ohne Votum in den Rat schob. Der Rat wird also die Vorlage in einer späteren Sitzung behandeln. Immerhin hält die Stadt auch über den Stadtwerkekonzern Anteile von 89,5 Prozent an „modernes Köln“. Als Begründung für die Liquidationsabsicht wird genannt, dass „modernes Köln“ seit mehreren Jahren über kein aktives Projektgeschäft mehr verfüge. Auch neue Projekte seien nicht in Sicht. Mit der Liquidation will die Stadt Köln Kosten sparen. Die Auflösung der Gesellschaft sollte bis zum 31. Dezember 2023 erfolgen. Dieser Liquidation muss der Kölner Rat zustimmen. Aus der Stadtgesellschaft kommt die Frage, warum es aus dem Rat keine Initiative gab, diese Gesellschaft zu einer rein städtischen Wohnungsbaugesellschaft umzubauen?

Diese stellt der frühere Grünen-Geschäftsführer Jörg Frank und bringt Lösungsvorschläge in die Debatte ein. Er schreibt in einer Gedankenskizze: „Die Stadt Köln könnte die Anteile die Geschäftsanteile von ‚moderne stadt‘ und Grund und Boden GmbH übernehmen und würde dann über 66 Prozent der Anteile verfügen. Der Stadtwerkekonzern verbliebe als Anteilseigner und würde die Anteile der Sparkasse übernehmen. SWK verfügt dann über 34 Prozent. Zudem müsste der Gesellschaftszweck angepasst werden. Die Gesellschaft soll nach dem geänderten Zweck die Aufgabe haben, öffentlich geförderten Wohnungsbau zu betreiben, geschaffene Wohnungsbestände mit Sozialbindung über den Bindungszeitraum hinaus zu preisgedämpften Mieten im Bestand zu halten. Sie soll auch Wohnungsbestände ankaufen und soll die Umsetzung von Konzepten zu Verminderung der Wohnungs- und Obdachlosigkeit, wie etwa housing first, umsetzen. Um die Struktur der Gesellschaft schlank zu halten, beauftragt sie Dienstleister – vornehmlich aus dem Kreis der stadtbeteiligten Gesellschaften, wie etwa GAG, Grund und Boden usw. Da die Anteile der Gesellschaft ausschließlich bei Stadt und SWK liegen, ist sie inhousefähig und kann somit auch ohne Vergabeprozeduren nach EU-Recht Aufträge direkt vergeben. Die Stadt Köln kann dieser Gesellschaft Grundstücke zum Zweck des sozialen Wohnungsbaus im Wege des Erbbaurechts per Direktvergabe mit definierten Konditionen übereignen. Die Anteilseigner Stadt Köln und SWK können die Gesellschaft mit ausreichendem Eigenkapital ausstatten und haben am Kreditmarkt ein solides Rating zur Kapitalbeschaffung nach Kommunalkreditkonditionen. Praktische Handlungsfähigkeit wäre in einem überschaubaren Zeitraum gegeben, wenn die Kölner Politik willens wäre.“

SPD Parteitag mit Leitantrag Wohnen

Die Kölner SPD sieht in der Frage nach bezahlbarem Wohnraum die soziale Frage in der Republik. Für Köln sprechen die Sozialdemokraten von einer echten Krisensituation, die ohne entschlossenes Handeln unmittelbar in eine sozialpolitische Katastrophe führen werde. Die SPD will bezahlbaren Wohnraum schaffen und bis 2030 die Obdachlosigkeit beenden, so formuliert es der Leitantrag.

Die Sozialdemokraten erinnern in dem Antrag an die 1970er und 1980er Jahre als eine ähnliche Situation durch entschlossenes Handeln der Politik und Verwaltung gelöst worden sei auf kommunaler Ebene. Es fehlten aktuell so die Sozialdemokraten mehr als 2,2 Millionen Quadratmeter Wohnfläche. In den kommenden fünf Jahren werden mehr als 10.000 Wohnungen aus der sozialen Bindung fallen. Es gibt viel zu wenig Wohnungen für Menschen mit einem Wohnberechtigungsschein in Köln. Der Kölner Oberbürgermeisterin und dem Ratsbündnis stellt die SPD eine verheerende Bilanz aus. Besonders in der Kritik, dass man sich vom selbst gesteckten Ziel, 6.000 Wohnungen zu schaffen verabschiedet habe.

Die SPD setzt auf die privaten Kölner Investoren mit sozialer Verantwortung, regionale Wohnungsbaugesellschaften, gemeinwohlorientierte Genossenschaften und andere Akteure, die eine Zeitenwende für Köln wollten. Wie schon im Antrag der Ratsfraktion finden sich Punkte wie städtische Flächen für „ömesöns“ für den geförderten  Wohnungsbau in Erbpacht, Förderung von 20.000 neuen Wohnungen durch ein Milliardenpaket aus dem städtischen Haushalt und eine Taskforce geförderter Wohnungsbau. Der Leitantrag Wohnen ist sehr umfangreich und detailreich ausgestaltet.

Gemeinwohlorientierte Genossenschaften und Projekte schreiben an Ratsfraktionen

Die gemeinwohlorientierten Genossenschaften und Projekte wünschen sich ein städtisches Wohnungsbauförderprogramm und beklagen in ihrem Schreiben an die demokratischen Ratsfraktionen, dass die Verwaltungsspitze dies ablehne. Das Schreiben liegt report-K vor.

Das Schreiben ist durchaus konsensorientiert und erklärt, dass es in zahlreichen Gesprächen zwischen den Initiativen und der Stadtverwaltung viel Sympathie und Zustimmung zu den Vorschlägen der Initiativen gab. Die Gespräche fanden bis in die Verwaltungsspitze um Sozialdezernent Harald Rau statt. Der teilte, so die Initiativen, mit, dass die Verwaltungsspitze deren Vorschlag für eine städtische Wohnraumförderung ablehne, und auch keinen anderweitigen Vorschlag unterstütze. Als Grund habe die Stadtverwaltung fehlende Haushaltsmittel genannt.

Das ist insofern interessant, als in der Ratsdebatte die von der SPD geforderten Mittel für ein städtisches Wohnungsbauprogramm vom Ratsbündnis abgelehnt wurden und es in der Ratssitzung hieß, die Mittel, die die Stadt bisher in den vergangenen Jahren zur Verfügung stelle würden nicht abgerufen. Hier stellt sich die Frage nach dem warum nicht und warum die Verwaltungsspitze auf fehlende Haushaltsmittel verweist, die Ratspolitik aber von nicht abgerufenen Mitteln spricht? Hier täte Aufklärung not.

Zu den Inhalten der Gespräche schreiben die Initiativen, dass Übereinstimmung bestehe, dass sich die Lage auf dem Kölner Wohnungsmarkt verschärft habe. So schreiben die Initiativen: „Wir verwirklichen seit einiger Zeit gemeinwohlorientierte, soziale Wohnungsbauvorhaben in Köln, die dazu beitragen, ein Wohnungsangebot zu erschwinglichen Mieten für breite Schichten der Einwohnerschaft zu schaffen. Zudem würden wir uns wünschen, dass durch ein kommunales Programm mehr Genossenschaften in die Lage versetzt würden, sozialen Wohnraum zu schaffen. Dafür bedarf es aber der Unterstützung der Stadt Köln, etwa durch Bereitstellung von Baugrundstücken zu Konditionen, die den Vorhabenträgern tatsächlich die Realisierung von sozialem Wohnraum ermöglicht sowie durch ein wirkungsvolles Förderprogramm. So ist unser Vorschlag für ein städtisches Darlehensprogramm eine aus unserer Sicht notwendige Ergänzung zur Wohnraumförderung NRW. Es könnte bei entsprechender Ausgestaltung in Köln kurzfristig eine gezielte Wirksamkeit entfalten. Aus der Verwaltungsspitze wurde uns signalisiert, dass der Kölner Rat eine Initiative für eine kommunale Wohnraumförderung ergreifen müsste.“

Auch Niklas Kienitz von der CDU sprach in der Ratssitzung von dem Wunsch nach einem Wohnungsbaupakt der fraktionsübergreifend gestaltet werden könnte. Vielleicht könnte das Ratsbündnis mit seiner politischen Mehrheit und Wirkung auf die Stadtverwaltung das Heft des Handelns in die Hand nehmen und in Köln den Wohnungsbau auf allen Ebenen wirkmächtig voranbringen: Durch einen Rahmen, der sich nicht im Klein-Klein verliert und der flexibel und schnell an die Gegebenheiten angepasst wird. Initiativen, nicht nur die der gemeinwohlorientierten Akteure gibt es genug. Sie brauchen in der aktuell schwierigen Lage des Immobilienmarktes Unterstützung. Mit Mut gegen die Wohnungskrise das Richtige machen. Das wäre prima.