Köln | In seiner Neujahrsansprache thematisiert NRW-Ministerpräsident Armin Laschet vor allem den Zusammenhalt Europas und ruft die Menschen in Nordrhein-Westfalen dazu auf, sich an der Europawahl zu beteiligen, damit es hierzulande nicht so werde wie in Großbritannien, als die Gegner des Brexit zu spät wach wurden. Gleichzeitig mahnt Laschet, dass die Folgen des britischen Referendums auch für NRW in diesem Jahr spürbar werden.

Laschet appelliert für ein mehr an Europa, dass nicht nur die Wirtschaft stärke sondern auch die Sicherheit der Bürger erhöhe. NRW sieht der Ministerpräsident im Rahmen der Digitalisierung gut aufgestellt und verweist zudem auf die Erfolge der RWTH Aachen im Bereich der Elektromobilität. Als Herausforderung sieht Laschet die Künstliche Intelligenz. Den Europagegnern und Populisten erteilt Laschet eine klare Absage: „Ein starkes, ein besseres Europa – das ist mein Wunsch für 2019, weil es gut ist für unser Nordrhein-Westfalen.“

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Die Neujahrsansprache von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet 2018 im Wortlaut

„Ein gutes, ein glückseliges Jahr, das wünsche ich Ihnen und allen Menschen, die bei uns in Nordrhein-Westfalen leben.
Erinnern Sie sich noch an den Sommer 2016? Zehntausende, vor allem junge Briten, versammeln sich Ende Juni auf Londons zentralem Platz, dem Trafalgar Square, und demonstrieren mit Leidenschaft für ein europäisches Großbritannien. Wehende Europa-Fahnen, Beethovens Europa-Hymne, Plakate, mit Sätzen wie „I’m European!“. Es waren wirklich bewegende Szenen. Aber sie kamen zu spät.
Denn wenige Tage zuvor hatten die Briten ganz knapp für den Austritt aus der Europäischen Union gestimmt. Viele gerade der jungen Leute waren bei der Wahl zuhause geblieben.
Warum betone ich das? Weil die Folgen dieses Referendums in diesem Jahr auch für uns in Nordrhein-Westfalen spürbar werden.
Großbritannien wird im März wahrscheinlich aus der EU austreten, im schlimmsten Fall ungeregelt – mit erheblichen Folgen für unsere Arbeitsplätze und viele Menschen diesseits- und jenseits des Ärmelkanals. Die Nordsee zwischen Dover und Calais wird zur EU-Außengrenze.
Wie sagt das alte Sprichwort: Vieles lernt man erst zu schätzen, wenn man es nicht mehr hat. Das gilt heute für die Briten. Das könnte morgen aber auch für uns in Nordrhein-Westfalen gelten. Ich bin sicher: Gerade wir würden die Europäische Union schmerzlich vermissen.
Denn sie war und ist nicht nur Garant für Frieden, Sicherheit und Wohlstand. Europa ist gerade in unserer aus den Fugen geratenen Welt
unsere Heimat der Stabilität.
Schon heute können wir in Europa frei reisen mit einer gemeinsamen Währung, ohne Umtauschverluste, ohne Visa, ohne Schlagbäume.
Und wir können arbeiten, lernen und leben, wo wir wollen. Gerade in unseren Grenzregionen ist das tägliche Praxis. Von der Eifel über das Aachener Land, entlang des Niederrheins bis hin zum Münsterland verbinden uns fast 500 Kilometer mit Belgien und den Niederlanden.
Unsere Firmen profitieren vom gemeinsamen Markt ohne Zölle. Das sichert gute Arbeitsplätze hier bei uns. Unsere Produkte, die wir herstellen in Südwestfalen, in Ostwestfalen und Lippe, am Rhein und an der Ruhr – werden in die ganze Welt transportiert über Häfen in Rotterdam und Antwerpen. Wir leben und arbeiten längst über frühere Grenzen hinweg. Wollen wir das alles gefährden?
Auch Kriminalität und Terrorismus können wir gemeinsam über Grenzen hinweg besser bekämpfen.
Gemeinsam können wir mehr, auch in der Energiepolitik. Deutschland steigt aus der Kernenergie aus, die Menschen aber hier bei uns sind in Sorge vor dem alten Atomkraftwerk in Tihange direkt hinter der Grenze. Wir brauchen mehr Europa, gemeinsame Standards, mehr Sicherheit.
 
Bei der Digitalisierung kommen wir in Nordrhein-Westfalen mit großem Tempo voran. Wir sind auf dem Weg in die Spitze der deutschen Länder. An der RWTH Aachen werden elektromobile PKW und Lieferfahrzeuge für unsere Städte entwickelt mit tausenden neuen Industriearbeitsplätzen. Aber um bei der Künstlichen Intelligenz, einer der größten Zukunftsaufgaben, weltweit mithalten zu können, brauchen wir eine Bündelung der besten Aktivitäten in Europa. Auch hier können wir in Nordrhein-Westfalen Motor sein.
So wie hier bei uns an Rhein und Ruhr vor 70 Jahren die europäische Montanunion von Kohle und Stahl geboren wurde, so brauchen wir jetzt eine Montanunion für Künstliche Intelligenz.
Unser erster frei gewählter Ministerpräsident, Karl Arnold, hat heute vor 70 Jahren, am 1. Januar 1949, in seiner Neujahrsansprache gefordert: „An die Stelle eines eigensüchtigen nationalen Egoismus muss […] ein ehrlicher und gesunder europäischer Patriotismus treten.“ Gegen nationalen Egoismus – das ist aktueller denn je. Radikale und Europafeinde werden immer lauter. Wir brauchen gerade jetzt Demokraten, die Europa handlungsfähiger machen.
Deshalb: Wir 18 Millionen Nordrhein-Westfalen sollten die Europa-Wahl am 26.Mai zum Referendum für Europa machen. Auf dass es uns nicht geht, wie den jungen Leuten auf dem Trafalgar Square, die zu spät aktiv wurden.
Ein starkes, ein besseres Europa – das ist mein Wunsch für 2019, weil es gut ist für unser Nordrhein-Westfalen.“

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Autor: Andi Goral