Der Tag in Köln
8:30 Uhr > Fortuna Fans wollen buntes Köln

Fortuna Fans wollen sich an der Malzmühle treffen um gegen „Pro Köln“ zu demonstrieren, ein Ort mitten in der Sperrzone. Keiner kommt da aber mehr hin, denn die Polizei hat den Bereich weiträumig abgesperrt. Zutritt nur für Journalisten, Anwohner und Teilnehmer der „Pro Köln“ Veranstaltung. Die werden aber vorher von der Polizei durchgecheckt. Allzu viel Arbeit hat die Polizei damit allerdings nicht, denn es sind nur einige Wenige. Hier am ehemaligen Hotel Timp, gibt es noch keine Blockade, eine berittene Einheit der Polizei bezieht Stellung.

Ein von der letzten Nacht übrig gebliebener Zecher beschwert sich, dass sein Freund Olli von der Polizei in Gewahrsam genommen wurde, als er versuchte über die für den kompletten Verkehr gesperrte Deutzer Brücke zu überqueren.

Die Fortuna Fans haben ein riesiges Transparent mitgebracht. Darauf steht Köln ist bunt, Fortuna Fans gegen Rassismus. Das hat einen Hintergrund. Nach dem Kreisliga Spiel zwischen der zweiten Mannschaft von Fortuna und Ataspor Porz war es zu unschönen Szenen gekommen und letztendlich gab es einen Spielabbruch. Daraufhin kam es zu Einträgen im Gästebuch auf der Internetseite der Fortuna die von „Pro Köln“ lanciert wurden, so die Fans. „Pro Köln“ schrieb sogar die Fortuna an, die aber lehnte entschieden ab und erteilte dem Verfasser Rouhs von „Pro Köln“ Stadionverbot. Mit ihrem Engagement wollen die Fans Flagge zeigen gegen Rechts.

9:00 Uhr > Leerer Heumarkt, die ersten Blockadeaktionen finden statt
Massive Polizeikontrollen rund um den Kölner Heumarkt. Gespenstisch leer ist der große Platz, nur wenige Geschäfte, Kneipen haben geöffnet. Im Cafe Rosenow versorgen sich Polizei, Journalisten und die rund 40 Sicherheitskräfte von „Pro Köln“ die von der belgischen Rechten des Vlaams Belang gestellt wurden, mit Coffee to go. Pro Köln baut Infostände und Propagandamaterial auf. Ein riesiges Transparent hat man hinter der Bühne aufgestellt. Dahinter an der Fassade eines der Altstadt-Häuser Transparente der Schüler gegen rechts und ein Bibelspruch: „Alles ist in einem Wort zusammengefasst Du sollst Deinen nächsten lieben wie dich selbst.“ Der Platz selbst ist fast menschenleer. Hinter der Bühne steht ein in den deutschen Nationalfarben angestrichener Toilettenwagen. Auf den Bänken sitzen vereinzelt ältere Sympathisanten, die meisten von ihnen haben das Rentenalter längst erreicht. Die Jüngeren, die vor allem dem Ordnungsdienst des Vlaams Belang angehören, tragen dunkle Sonnenbrillen. Eine kleine Gruppe Gegendemonstranten hat es bis hier geschafft und wird von der Polizei hinauskomplimentiert.

9:05 > Friedliche Blockade
Pro Köln Aktivisten versuchen vom Alter Markt aus auf den Heumarkt zu gelangen. Das klappt nicht. Laute Sprechchöre „Nazis raus, raus, raus, raus“ gellen ihnen entgegen. Auch der Versuch durch die Huhnsgasse misslingt. Ein Anwohner will seine Samstagmorgenzeitung aus dem Kiosk holen, er scheitert an der Polizeikette. Im Seidenmachgässchen formiert sich eine Sitzblockade, einer ruft: „Hier muss noch einer hin, da ist noch eine Lücke.“ Zwei ältere Männer, einer mit einem blauen Rucksack mit Aufschrift Salzburg, und eine Seniorin mit dunkler Sonnenbrille nähern sich der Sitzblockade. Man spricht eindeutig österreichischen Dialekt und will durch die Blockade. Ein Mann sagt: „Sie kommen hier nicht durch“. Einer der Österreicher wird sofort unfreundlich und beschimpft die Demonstranten mit „Oarschgeigen“ und flucht weiter, dass man den Sitzblockierern den „Oarsch (Arsch) versohlen solle“ und dass er dieses Pack mit seinem Geld finanzieren würde. Anscheinend ist den drei älteren Österreichern entgangen, dass seit 1945 das „Großdeutsche Reich“ aufgelöst wurde und die Republik Österreich ein unabhängiger Staat ist. In der Bolzengasse gelingt den drei Senioren der „Durchbruch“, die Blockadekette ist noch klein. Die Polizei begleitet die Senioren dann auf den Heumarkt und mahnt die Gegendemonstranten mit denen die Durchgang begehren in Dialog zu treten. Insgesamt ist es noch leer, einzelne Gruppen ziehen durch die Stadt.

9:25 Uhr > Der Widerstand und die Gegendemonstration sind groß
Der Roncalliplatz füllt sich, die Ford Mitarbeiter sind da, die Kölner Grünen, der Ätzebär vom Geisterzug und viele andere Initiativen und Menschen. Die Offiziellen der DITIB und auch die Kölner Politik, Künstlerszene und Musiker. Vor dem Rathaus begleiten die Polizisten Brautpaare und ihre Gäste zum Historischen Rathaus, damit deren schönster Tag im Leben gelingt. Ein Beamter verschenkt an jedes Brautpaar einen kleinen Polizei-Teddybären, den die ja dann dem Nachwuchs weiter reichen können, wenn denn einer kommt.

9:45 Uhr > Die Blockade wird dichter
Die Blockaden rund um den Heumarkt werden dichter, die Gürzenichstraße füllt sich, dort beginnt das Bühnenprogramm von „Arsch huh, Zäng ussenander“ und die Ansagen an die Demonstranten. Die KVB Bahngleise an der Haltestelle Heumarkt sind blockiert. In der Salzgasse ist eine Joggerin verzweifelt, weil der Beamte ihr nicht garantieren kann, dass sie nach ihrem Morgenlauf wieder in ihre Wohnung zurück kommt. Über der Innenstadt kreist der erste Polizeihubschrauber. In der Salzgasse tönt der Purple Schulz Song „Alles Lüge“. Im Bierhaus in der Salgasse ist alles leer, die angebotenen Schnitzel müssen noch länger auf Gäste warten. Am Gaffel-Haus am Heumarkt hängen Transparente. Auf dem Roncalliplatz beginnt die Kundgebung, IG Metall Mann Witich Rossmann von der Initiative „Köln stellt sich quer“ eröffnet die Veranstaltung, Kölns Oberbürgermeister Fritz Schramma spricht, Tommy Engel tritt auf und auch Jürgen Roters, der gemeinsame OB Kandidat von Rot-Grün spricht.

10:00 Uhr -12:00 Uhr > Rangeleien zwischen Autonomen und der Kölner Polizei
Am Malzbüchel, der Pipinstraße und am Ausgang des Rheinufertunnels Am Leystapel gibt es immer wieder kleinere Scharmützel zwischen der Kölner Polizei und den Autonomen. Neu dürfte für die Autonomen sein, dass viele der friedlichen Demonstranten ihnen entgegenbrüllten „Haut ab, Haut ab“, Worte die man normalerweise der Polizei entgegenschrie. Am Ausgang des Rheinufertunnels befanden sich massive Polizeikräfte, alleine hier standen den Blockierern und Gegendemonstranten vier Wasserwerfer und zwei gepanzerte Räumfahrzeuge gegenüber. Die Clownsarmee immer wieder dazwischen und eine Sambagruppe machte Musik. Aber auch hier blieb die Lage, bis auf kleine Rangeleien friedlich. Immer wieder verkündeten die Demonstranten per Megaphon News aus anderen Blockaden in der ganzen Stadt. Darunter auch in Deutz und am Flughafen. Viele Rechte wollten mit der S-Bahn zur „Pro Köln“-Kundgebung auf den Heumarkt anreisen. Aber es gab kein Durchkommen für sie. 150 rechte Reisenden, überwiegend aus Belgien sind am Flughafen in einer S-Bahn eingeschlossen. Der Zug kann nicht abfahren. Weiter als bis Deutz wäre der Zug auch nicht gekommen, denn dort waren die S-Bahn Gleise von rund 100 Antifa-Leuten blockiert. In Deutz war die Situation friedlich, auch hier immer wieder Durchsagen per Megaphon, wie die Lage in der Stadt ist. Zu Beginn der Blockade liefen die Antifa-Leute über die Gleise und verursachten somit Chaos im Bahnverkehr, denn dann hieß es erst einmal „Personen im Gleis“. 520 Züge waren am Ende insgesamt betroffen, die mit Verspätung und oft nur langsam die Hohenzollernbrücke passieren konnten. Über dem Stadtgebiet kreisen zwei Helikopter.

12:35 Uhr Köln Veranstaltung wird untersagt
High Noon für „Pro Köln“, denn die Kölner Polizei gibt bekannt, dass man die Veranstaltung der als rechtsextrem geltenden Bürgerbewegung „Pro Köln“ auf dem Heumarkt untersagen wird, denn die Sicherheit der Kölnerinnen und Kölner Bürger habe oberste Priorität. Der Veranstalter wollte auch mit dem Beginn der Veranstaltung warten, bis alle Teilnehmer eingetroffen sind, so die Kölner Polizei und zeigte sich im Vorfeld wenig kooperativ. Zu dieser Zeit setzt Manfred Rouhs zu seiner Rede an. Vor ihm ein Häuflein von nicht mehr als 40 Sympathisanten und mindestens 50 Medienvertretern, die eindeutig in der Mehrzahl sind. Anscheinend weiß Redner Rouhs noch nicht, dass die Veranstaltung verboten werden soll, so kündigt er nach seiner Rede den nächsten Redner Borghezio von der Lega Nord an. Über dem Heumarkt kreist ein Flieger mit einem „Pro Köln“-Transparent, Rouhs nennt das Lufthoheit, nach zwei Schleifen ist damit allerdings Schluss. Rouhs nennt es einen Erfolg, dass man so viele Gegner mobilisiert habe, relativiert aber kurze Zeit später seine Aussage, als er den wenigen Zuhörern erklärt, viele wären keine Demonstranten sondern nur Passanten, die dem kostenlosen BAP-Konzert lauschen wollten. Die Polizei betritt den Veranstaltungsort der „Pro Köln“ Kundgebung und überreicht dem Veranstalter die schriftliche Untersagung die Kundgebung weiter fortzusetzen. In diesem Moment spricht Borghezio nur in italienischer Sprache ohne Übersetzung. Ein sichtlich kreidebleicher Manfred Rouhs, der noch gehofft hatte mehr Anhänger begrüßen zu dürfen, geht ans Mikrofon und muss das Ende der Veranstaltung, die nie eine richtige war, verkünden. Natürlich droht „Pro Köln“ rechtliche Schritte vor dem Verwaltungsgericht an und verkündet dass man ein Jahr später erneut einen Kongress veranstalten will. Rouhs tritt sichtlich geschockt vom Mikrofon zurück, gibt von der Bühne herab eine improvisierte Presseerklärung ab und ist, nachdem er die Bühne verlassen hat, sofort von einem dichten Pulk Medienvertreter umringt. Die Veranstalter räumen ihre Utensilien weg. Die Veranstaltung ist vorbei. Die Blockade erfolgreich. Später am Abend gibt Kölns Polizeipräsident Klaus Steffenhagen die Begründung für das Verbot der Veranstaltung bekannt: „Es wäre völlig unverhältnismäßig, den 150 Teilnehmern der „Pro Köln“-Veranstaltung mit massivem Polizeieinsatz – Wasserwerfern mit Spezialeinheiten – den Weg zum Heumarkt zu ebnen. Damit hätten wir viele unbeteiligte Kölner Bürger und Bürgerinnen und auch die friedlichen Demonstranten unkalkulierbaren Risiken ausgesetzt. Dabei hatte die Sicherheit der Kölner Bevölkerung höchste Priorität.“

13:00 – 19:00 Uhr Randale nach Absage des Kongresses
Am Malzbüchel kommt es zur Randale einer Gruppe Autonomer. Zwei Müllcontainer brennen und die Polizei schreitet ein. Viele friedliche Demonstranten sind geschockt, rennen auf die Journalisten zu und erklären, dass man genau das nicht wolle und die Autonomen erklärt hätten ihnen gehe es nicht um Politik. Dennoch ist es den friedlichen Demonstranten nicht gelungen, die Aggressoren unter Kontrolle zu bringen. Platten sind aus dem Gehweg gerissen worden und zertrümmert worden, um Wurfmaterial zu bekommen. Die Feuerwehr kommt, der Brand ist schnell gelöscht. Die Autonomen haben sich in die Matthiasstraße weiterbewegt und auch dort Müllcontainer angezündet und Werbeflächen zertrümmert. Am Holzmarkt rennen Autonome vor SEK-Kräften der Polizei davon, auch hier brennen Mülltonnen, das KVB-Häuschen Schokoladenmuseum wurde zertrümmert. Kölns Polizeipräsident Klaus Steffenhagen findet auch hier klare Worte und sagt dass die Autonomen den friedlichen Protest diskreditiert haben. Insgesamt setzte die Kölner Polizei rund 500 gewaltbereite Störer fest, 150 an der Rheingasse, am Filzengraben 150 und auf der Siegburger Straße 200. Die wurden auch um 19:00 Uhr dort noch festgehalten. Die Polizei wirft den Randalieren vor Barrikaden errichtet zu haben, Steine, Molotowcoktails und Chinaböller gegen die Polizei eingesetzt zu haben. Insgesamt wurden sechs Beamte bei den Einsätzen verletzt. Die 150 Rechten, die im Flughafen festsaßen, improvisierten im Terminal 2 eine Pressekonferenz und reisten dann ab, als sie auch von anderen Reisenden beschimpft und von der Flughafenverwaltung nach etwa 20 Minuten aufgefordert wurden ihre Aktivitäten einzustellen. Dabei kam es zu keinen Störungen durch Mitglieder der Antifa.

Andi Goral / Martin Heying für report-k.de / Kölns Internetzeitung