Großer Bahnhof beim CSD Empfang
Alleine das Verlesen der wichtigen Personen auf der Gästeliste dauerte gefühlte 20 Minuten. SPD Chef Franz Müntefering, Oberbürgermeister Fritz Schramma, die Bürgermeisterinnen Elfi Scho-Antwerpes und Angela Spizig, aus dem Landtag Angela Asch, Grüne, Ingrid Hack, SPD, der Kölner Oberbürgermeisterkandidat der SPD und Grünen Jürgen Roters, der FDP Oberbürgermeisterkandidat Ralph Sterck, Arndt Klocke der Landesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen waren gekommen. Insgesamt 800 Gäste füllten den Kölner Gürzenich, neben Politik, Verbänden und Medien auch 180 Institutionen aus Verbänden und Vereinen.

Rückschau und Zukunftssicherung
Klaus Peter Hackbarth dankte dem Klust für das Motto “Unsere Freiheit hat Geschichte”, anlässlich des 40. Jahrestages des ersten CSD in New York. Er erinnerte an den Paragraphen 175, die Kämpfe um mehr Gleichberechtigung, Rosa von Praunheim und 25 Jahre AIDS. Hackbarth zum Thema AIDS und an die gewandt die immer mit erhobenen Zeigefinger deuten: “Wir leben immer im Spannungsfeld zwischen Leichtsinn und Verantwortung, denn so manches unterliegt dem allgemeinen Lebensrisiko. Ohne diese Spannung wäre Leben gar nicht zu organisieren, würde auch ein Gemeinwesen nicht funktionieren. Was für die einen hohes Risiko bedeutet, ist für andere völlig normal. Gesundheitliche Schäden durch Verkehrsunfälle, Unfälle beim Wintersport und anderen Extremsportarten, erhöhten Nikotin- und Alkoholkonsum werden – noch – solidarisch aufgefangen. Noch werden auch sexuell übertragbare Krankheiten aufgefangen, wenn auch mit gerunzelter Stirn und mit erhobenem Zeigefinger. An dieser Stelle erteile ich all denen eine klare Absage, die meinen mit einer Verschärfung des Strafrechts einen wirksamen Beitrag zur HIV-Prävention leisten zu können. Der in Deutschland praktizierte Public-Health-Ansatz der kombinierten Verhaltens- und Verhältnisprävention hat – im Vergleich zu anderen europäischen Ländern und weltweit – zu den niedrigsten Neuinfektionsraten geführt.”

Dr. Theo Zwanziger mit der Kompassnadel 2009 ausgezeichnet
Ausgezeichnet wurde der DFB Präsident, weil er Engagement zeigt, in dem er etwa die Aktionstage gegen Homophobie im Fußball oder die “Queer Football Fanclubs” unterstützt. Dieses Engagement sei ein ermutigendes Signal gegen die zunehmende Tendenzen von Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung sozialer Minderheiten, heißt es in der Preisträger-Erklärung. Die Laudatio für Theo Zwanziger hielt Tanja Walther-Ahrens, European Gay & Lesbian Sport Federation. Sie machte deutlich wie wichtig das Engagement von Führungsfiguren wie Theo Zwanziger auch heute noch ist. So steige die Homophobie wieder unter Jugendlichen, das schwule Überfalltelefon in Berlin zeige wieder steigende Fallzahlen, kaum geoutete Spitzensportler und immer noch sagen Profi-Fußballer im Fernsehen, dass sie nicht mit schwulen Kollegen gemeinsam duschen würden. Theo Zwanziger habe sich dem Problem angenommen und sich gegen jede Art von Diskriminierung öffentlich ausgesprochen, beschreibt die Laudatio das Wirken des DFB Chefs. “Sie haben es geschafft, im DFB eine Atmosphäre des Dialogs zu schaffen. Sie haben in Bewegung gebracht, was unbeweglich erschien, wie zum Beispiel den Frauenfußball”, lobt Tanja Walther-Arens und erinnerte an die Worte Zwanzigers, die er in 2008 in Köln verkündete: “Fußball muss sich gegen jede Art der Diskriminierung stellen. Das ist eine große Verpflichtung. Wenn uns das im Fußball gelingt, tun wir etwas Gutes für die Gesellschaft.” Morgen wird bei der großen CSD Parade ein Wagen mit den schwul-lesbischen Fußballfanclubs mit dabei sein und die Nummer 20 tragen.

Menschlichkeit muss man zeigen und leben
Minutenlange Standing Ovations gab es für Dr. Theo Zwanziger und Sister George dankte ihm für  eine wunderbare Rede eines Menschen. Zwanziger zeigte sich ein wenig beschämt über die Laudatio, da er seine Tätigkeit nicht so intensiv empfinde. Die Kraft des Fußballs sei es, wenn er gesellschaftlich so verstanden werde. Er stimme mit Müntefering überein, der auch nach Köln gekommen war, dass alle Gruppen der gesamten Gesellschaft ob privat oder in größeren und kleineren Organisationen ihren Beitrag leisten müssten. “Das ist das, was mich beim DFB inspiriert, nicht nur an das Ergebnis eines Fußballspiels zu denken. Der Sport müsse wertorientiert sein, da er sonst seine Bedeutung in der Demokratie nicht erkannt habe und dazu gehöre auch die Achtung der Würde des Menschen”, so Zwanziger. Großgezogen nach dem Krieg von seiner Mutter und Großmutter wären diese Frauen für ihn prägend gewesen. Diese beiden Frauen haben begriffen was unter dem mörderischen Regime passiert ist. Bei seiner Konfirmation habe ihm seine Großmutter mit auf den Weg gegeben: “Verhalte dich anderen Menschen geben über so, wie Du dir wünscht, dass sie sich dir gegenüber verhalten.” Ich habe Fehler gemacht aber ich habe gelernt, erklärte Zwanziger. Wir lernen in diesem Fußballgeschehen mit vielen Mitstreitern für eine Sportwelt und Gesellschaft einzutreten in der Diskriminierung keinen Platz  haben darf. “Dieser wunderbare Ball ist für alle da. Alle dürfen ihnen treten und stoßen. Alle müssen mitspielen dürfen. Wir werden nicht alle Vorurteile von einem Tag auf den anderen ausräumen können, aber wir haben eine Chance”, so Zwanziger in einer bewegenden Rede.  Zwanziger plädierte für eine Chance für junge Menschen in eine Welt hineinzuwachsen der solche Vorurteile fremd sind und versprach: “Wir werden als deutsche Fußballer auch sagen dass diese Rechte auch international gelten. “


Dominic Frohn und Katharina Kroll

Kompassnadel 2009 an Katharina Kroll und Dominic Frohn für SchLAu NRW
In der Preisträgerwürdigung heißt es: “Mit der Auszeichnung würdigen wir auch das Engagement für die Initiative “Schule ohne Homophobie – Schule der Vielfalt”, die dazu beiträgt, Schule zu einem sicheren Ort für alle und zu einem Ort menschlicher Entfaltung zu machen. Ihr Einsatz trägt dazu bei, dass Jugendliche in ihrer Identitätsentwicklung positiv gestärkt werden, Gewalt und Homophobie an Schulen abgebaut und heteronormative Einstellungen immer wieder kritisch hinterfragt werden.” Die Laudatio hielt Dr. Stefan Timmermann, Deutsche AIDS-Hilfe: “Wenn es um gesellschaftliche Bereiche geht, in denen die Skepsis und Angst vor Homosexualität besonders ausgeprägt ist, dann werden heute häufig der Leistungssport, das Militär oder die Amtskirche als letzte Bastion der Homphobie genannt. Die Schule wird dabei oft vergessen. Wie viele lesbischwule Jugendliche, Lehrerinnen und Lehrer leiden aber darunter , dass sie in der Schule gehänselt, gemobbt oder diskriminiert werden. Die beiden Ausgezeichneten seien “Vorbilder” für Jugendliche, die den jungen Menschen Mut machen zu sich selbst zu stehen. Das diese Arbeit nicht immer einfach sei, vor allem sich vor eine Klasse pubertierender Jugendlicher zu stellen und sich auch persönlichen Angriffen auszusetzen. Aber es gebe auch positive Aspekte, wenn man miterlebe wie jungen Menschen die Augen geöffnet werde und diese Schwule und Lesben danach mit anderen Augen sehen. Timmermann rief den Ausgezeichneten zu: “Auf diese Weise werdet ihr zu Botschafterinnen und Botschaftern für uns alle hier und bei dieser Arbeit habt ihr in den letzten neun Jahrn mehr als 100.000 Menschen in NRW erreicht!” Katharina Kroll bedankte sich vor allem bei den vielen Helfern die das Projekt tragen und nannte die Mitarbeit eine Bereicherung.

Moderiert wurde die Veranstaltung von Sister George, Georg Roth. In seiner unvergleich herrlich süffisanten, auch stichelnden Art war auch dieser Morgen im Gürzenich ein intellektueller Höhepunkt, aber nie schwer sondern geprägt von Lockerheit. Franz Müntefering brachte, wie er selbst nannte ein großes Wort und versprach völlige rechtliche Gleichstellung zwischen der Ehe und der Lebenspartnerschaft. Müntefering nannte den CSD Empfang einen guten Tag für die Demokratie und ergänzte: “Wir sind nicht gleich, aber wir sind alle gleich viel Wert, das sei der Geist des Grundgesetzes.” Franz Müntefering wird sich, bei aller Euphorie die er ausgelöst hat, an seinem Wort messen lassen. Denn eines scheint Franz Müntefering vergessen zu haben. Seine SPD ist seit 12 Jahren in Berlin in der Regierungsverantwortung und in diesen zwölf Jahren, von denen er einige maßgeblich mitgestaltet hat, hat er dies nicht umgesetzt.

[ag]