Jahrelang galten Deserteure aus dem Zweiten Weltkrieg als feige und kriminell. Allein in Köln wurden mindestens 100 Menschen als Deserteure verurteilt und hingerichtet, weil sie sich weigerten, an dem Vernichtungskrieg Deutschlands mitzumachen. Erst 2002 hat der Bundestag die NS-Urteile aufgehoben und die Betroffenen rehabilitiert. Die so genannten „Kriegsverräter“ waren davon allerdings bis heute ausgenommen. Sie sollen nun am 8. September ebenfalls rehabilitiert werden. Dagegen wurde keiner der damaligen Richter bisher für seine Urteilssprechung belangt. Für einige dieser Richter begann nach dem krieg sogar erst die eigentliche Karriere.

„Was kann man Besseres tun, als den Krieg zu verraten“
Auch der Kölner Ludwig Baumann, heute 87 Jahre alt, wurde als Deserteur verurteilt. 1942 war er mit einem Freund desertiert. An der Grenze zu Frankreich wurden die beiden erwischt und zum Tode verurteilt. Zehn Monate verbrachte Ludwig Baumann an Händen und Füßen gefesselt in einer Zelle. Immer wieder wurde er gefoltert. „Das Grauen verfolgt mich heute noch“, sagt der 87-Jährige. Er kann nicht verstehen, dass so lange nichts passiert ist. Denn für ihn ist auch heute noch klar: „Was kann man Besseres tun, als den Krieg zu verraten“, so Baumann.

Umso glücklicher ist der Kölner nun über das Denkmal. „Damit wird ein Traum für mich wahr“, meint Ludwig Baumann. Er selbst hat in der Jury mit über den Entwurf zum Denkmal entschieden. Seit heute steht es nun auf dem Appellhofplatz – in direkter Nähe zum Gerichtsgebäude, in dem damals die Urteile gefällt wurden, und dem NS-Dokumentationszentrum (NS-Dok). Geschaffen wurde das Denkmal von dem in der Schweiz und Frankreich lebenden Künstler Ruedi Baur. Mit seinem Vorschlag überzeugte er die Jury sofort. Einstimmig entschied man sich für den Vorschlag Baurs. Er setzt auf eine einfache Struktur statt auf Monumentalität. Entstanden ist so eine Pergola, eine einfache drei Meter hohe Struktur aus Metall, die ein buntes Buchstaben-Dach trägt. Der Text bildet ein Netz aus farbigen Buchstaben, durch die man den Himmel sehen kann.

Einfache Struktur statt Monumentalität
Das Denkmal ist gerade kein protziges Monument, sondern eine lichte Konstruktion. Die möchte nicht nur an die vergangenen Schrecken erinnern, sondern zugleich das Heute mit einbeziehen. Denn auch heute stehen Menschen in der Bundesrepublik vor der Frage, ob sie den Gesetzen folgen sollen, erklärt Baur. Das Denkmal stelle daher die Frage: Wann fängt man an, ein Deserteur zu sein? Das Kölner Denkmal ist das Erste seiner Art. Noch nie zuvor hat sich eine Stadt durch die Auslobung eines internationalen Kunstwettbewerbes für eine Erinnerung an diese Opfergruppe engagiert. Bislang erinnerten nur einige Monumente auf privatem Grund an die Opfer der NS-Militärjustiz. Für das gesamte Kunstwerk und das damit verbundene Verfahren stellte die Stadt insgesamt 120.000 Euro zur Verfügung.

Der Kettensatz des Denkmals
„Hommage den Soldaten die sich weigerten zu schiessen auf die Soldaten die sich weigerten zu schiessen auf die Menschen die sich weigerten zu töten die Menschen die sich weigerten zu foltern die Menschen die sich weigerten zu denunzieren die Menschen die sich weigerten zu brutalisieren die Menschen die sich weigerten zu diskriminieren die Menschen die sich weigerten auszulachen die Menschen die Solidarität und Zivilcourage zeigten als die Mehrheit schwieg und folgte“

Cornelia Schlößer für report-k.de/ Kölns Internetzeitung