Die Einsicht in die Schatzkammer des Wallraf-Richartz-Museums hinterlässt einen überwältigenden Eindruck: Ein Viertel des Depotbestands füllt die unteren Räume des Museums nahezu vollständig aus. Kunstwerke aus dem Mittelalter hängen in direkter Nachbarschaft zu solchen, die im 19. Jahrhundert entstanden. Große Gemälde reihen sich neben kleinere, nach oben wie nach unten. Die Ausstellung will ihrem Titel gerecht werden: „Panoptikum“, zusammengesetzt aus dem griechischen „pan“, zu Deutsch „gesamt“, und „optikós“ – das griechische Wort für „Schau“-, stellt in einer Petersburger-Hängung eine umfangreiche Auswahl an Gemälden zur Schau, von denen nicht wenige erst mit der aktuellen Ausstellung ihren Weg aus dem Depot gemacht haben.   

Keine leichte Aufgabe
„Eine Ausstellung ohne Konzept zu gestalten ist keine leichte Aufgabe“, gestand Kuratorin Ludmilla Piters-Hofmann. Letzen Endes hat sich das Team um Direktor Andreas Blühm dafür entschieden, so viele Kunstwerke wie möglich epochen- sowie themenübergreifend auszustellen. Der Verzicht auf ein Konzept war indes eine bewusste Entscheidung: so kann jeder Besucher ohne thematische Vorgabe Bild für Bild auf sich wirken lassen und am Ende sich sogar dafür einsetzen, dass sein Lieblingswerk in die ständige Sammlung aufgenommen wird. Dafür trägt er die Nummer des Zettels, mit dem ein Großteil der Werke versehen ist, auf den Wahlzettel und wirft diesen in die Wahlurne. Bis zum 27. November haben die Besucher Gelegenheit, sich an der Wahl zu beteiligen. Ab dem 1. Dezember wird das beliebteste Bild dann bekannt gegeben.


Rechts unten das Plakatmotiv für die Ausstellung, das Gemälde "Lady Greenleeves" von Frederick Sandy


Van Gogh Fälschung schult den Blick für Qualitätsunterschiede
Einige der ausgestellten Kunstwerke sind von der Wahl ausgeschlossen. So zum Beispiel das Kornhocken-Gemälde, das 1949 als vermeintlicher van Gogh erworben wurde. Dieses hat bis heute einen Platz im Depot, weil der Händler das „negative“ Gutachten bis zuletzt nicht anerkannte. Nun kann es van Gogh–Fans zur Schulung ihres Blicks für Qualitätsunterschiede dienen. Ausgeschlossen ist außerdem das Gemälde „Lady Greensleeves“ von Frederick Sandys, das der Ausstellung als Plakatmotiv dient. Hier handelt es sich um eine extrem empfindliche Pastellarbeit auf Papier, die nicht auf Dauer dem Ausstellungslicht ausgesetzt werden darf.

Für mehr Räumlichkeiten sorgen
Eine Besonderheit der Ausstellung sind außerdem jene Kunstwerke, die im Prinzip nicht ausstellungsfähig sind: so fehlt es einigen zum Beispiel an einem Rahmen, andere sind noch nicht restauriert worden. Um einen umfangreichen Eindruck von dem Depotbestand des Museums zu vermitteln, sollten auch solche Gemälde dem Besucher nicht vorenthalten werden. Die Dichte des Ausstellungsmaterials hatte ferner den Zweck die Stadtverwaltung darauf hinzuweisen, dass die gegebenen Räumlichkeiten für einen so vielseitigen Bestand, wie das Wallraf-Richartz-Museum ihn besitzt, nicht ausreichen, verriet der Museumsdirektor.

[Irina Loginov]