Köln | Am 9. Juli ist in Köln wieder Christopher Street Day mit der großen Parade. Seit Jahrzehnten nehmen Menschen mit Fetischmasken teil. In Recklinghausen haben Beamte der örtlichen NRW-Polizei das Tragen der Masken verboten. Die Polizei entschuldigte sich im Nachhinein und die SPD-Fraktion im Landtag von NRW stellte eine kleine Anfrage an die Landesregierung.
Der Fetischmasken-Fall
Es ist der 3. Juni dieses Jahres in Recklinghausen. Dort startete die Parade des CSD am dortigen Omnibusbahnhof und endete mit einer Abschlusskundgebung am Palais Vest. Beamte der nordrhein-westfälischen Polizei verboten Teilnehmenden das Tragen von sogenannten Hundemasken. Sie sollten diese auf dem Kopf tragen. Als rechtliche Begründung gaben die Beamten an, dass bei Versammlungen ein Vermummungsverbot bestehe. Jetzt rudert die Polizeiführung um Polizeipräsidentin Friederike Zurhausen in einer schriftlichen Mitteilung zurück und stellt fest: „Das Tragen von Masken als Ausdruck von Meinungsäußerung oder der künstlerischen Verwirklichung der Teilnehmenden hätte in diesem konkreten Fall gestattet werden müssen. Durch die Entscheidung vor Ort konnten sie zwar am Aufzug teilnehmen, aber ihre Masken nicht so tragen, wie sie es gewünscht hätten. Die Polizei Recklinghausen bittet die Teilnehmenden deshalb um Entschuldigung. Weiter wird sie den Einsatz nachbereiten und Einsatzkräfte für zukünftige Versammlungen sensibilisieren.“
In normalen Kontexten würde der Fall sicher eher als spießig belächelt, aber rechte Aktivisten haben den „Stolzmonat“ wider den Pride Month in diesem Jahr ausgerufen. Vor allem auf Twitter erfährt die rechte Kampagne eine hohe Aufmerksamkeit. Der Juni ist der traditionelle Monat für die LGBTQI+-Community unter dem Regenbogenbanner ihre Freiheit und Vielfalt zu feiern. Die rechten Aktivisten haben dazu die aus drei Farben bestehende Deutschland-Fahne den Abstufungen der Regenbogenfahne angepasst. Auch Björn Höcke wirbt auf seinen Social Media Kanälen für den Hashtag. In der öffentlichen Debatte, die auch der SPD-Landtagsabgeordnete Frank Müller benennt, wird ein zunehmend queerfeindliches Klima festgestellt.
SPD will wissen wie freie Entfaltung in NRW geschützt und sichergestellt wird
In der Kleinen Anfrage wollen die SPD-Abgeordneten Christina Kampmann, Lisa-Kristin Kapteinat, Elisabeth Müller-Witt und Frank Müller von der Landesregierung wissen, wie sie die freie Entfaltung sicherstellen will. Zum dritten Mal komme es in NRW bei CSD-Demonstrationen zu Maskenverboten. Die SPD sieht von der NRW-Polizei verursachte Eingriffe in die Bürgerrechte, Rechte auf freie Entfaltung und freie Meinungsäußerung. Vor Recklinghausen ist es 2018 in Essen und 2019 in Aachen zu ähnlichen Vorfällen gekommen. Bereits in der vergangenen Legislaturperiode hatte CDU-Innenminister Herbert Reul zugesichert, dass das Tragen von Fetischmasken zu einem solchen Anlass als Meinungsäußerung oder der künstlerischen Verwirklichung diene.
Die SPD-Abgeordneten wollen mehr wissen zu dem Vorfall in Recklinghausen und wie die Landesregierung aus Schwarz-Grün den Vorfall einordnet. Immerhin hatten die Grünen in der 17. Legislatur, als sie noch nicht in der Verantwortung standen, selbst die Vorfälle in Essen und Aachen kritisiert. Zudem soll die Landesregierung Auskunft geben wie sie die freie Entfaltung sicherstellen will und wie sie zu dieser steht.
Die SPD-Abgeordnete Christina Kampmann: „Wir sind froh, dass die Polizei in Recklinghausen ihren Fehler erkannt und dafür bei der queeren Community um Entschuldigung gebeten hat. Gleichwohl möchten wir von Innenminister Reul wissen, wie er diesen neuerlichen Eingriff in die freie Entfaltung bewertet. Eigentlich scheint die Rechtslage in diesem Zusammenhang geklärt. Mit Blick auf das erst Ende 2021 geänderte Versammlungsgesetz fragen wir uns aber, ob es hier zu einer Neubewertung durch die Landesregierung kommt. Wir erwarten daher eine rechtliche Klarstellung durch den Innenminister und wollen von ihm wissen, welchen Stellenwert das Recht auf freie Entfaltung bei ihm vor Hintergrund des novellierten Versammlungsgesetzes noch hat.“ Ihr Landtagskollege Müller stellt die Frage ob sich die queere Community in NRW auf die schwarz-grüne Landesregierung verlassen könne.
ag