Erleichterung im Historischen Archiv – zwei Handschriften von Albertus Magnus, die bei der Katastrophe am 3. März verschüttet worden waren, sind wiedergefunden. „Dabei handelt es sich um zwei eigenhändige Zeugnisse des größten Gelehrten des Mittelalters“, erklärt Archivleiterin Bettina Schmidt-Czaia. Bei den beiden Handschriften handelt es um die Bände „Liber de animalibus“  von 1258 und „Postilla in Mattheum“, entstanden um 1258 bis 1260.

Zwei bedeutende Werke
In der  Handschrift „Liber de animalibus“ beschreibt Albertus Magnus nach eigenen Beobachtungen 477 Tierarten in seiner kleinen, gedrängten Schrift. Diese Handschrift ist nicht nur eigenhändig, sondern auch die einzige mit dem vollständigen Text. „Sie muss in Jahrzehnten entstanden sein und stellt den Abschluss von Albertus Magnus Studien zur Tierwelt dar“, erläutert die Archivleiterin. Bei dem Band „Postilla in Mattheum“ handelt es sich um eine theologische Schrift, in der sich der Gelehrte mit dem Matthäus-Evangelium beschäftigt. Der Band über die Tierwelt gehört zu der ersten Bergungsmasse des beim Archiveinsturz verschütteten Bestandes und war in der damaligen Eile ohne Vermerk in einem Karton gelandet. „Ich habe mich so gefreut“, schildert Letha Böhringer, Handschriftenexpertin des Archivs, „als in der Kiste 47 diese wertvolle Schrift wieder auftauchte. Das war Zufall.“

Leichte Schäden
Beide Werke lagerten im 4. Stock des Archivs und haben den Einsturz relativ gut überstanden. Die Einbände haben Schaden genommen, die Schriften sind voller Bauschuttstaub, die Deckel sind gebrochen und die Schließen fehlen. Restauratorin Nadine Thiel schätzt die anfallenden Restaurierungskosten für die Schrift „Liber de animalibus“ auf etwa 500 bis 700 Euro und für das theologische Werk „Postilla in Mattheum“ auf 1.500 bis 2.000 Euro. Archivleiterin Bettina Schmidt-Czaia hofft auf „Paten“, die diese Kosten übernehmen, denn die Schriften sind durch die Versicherung nicht abgedeckt.

Ab Montag: provisorischer Mikrofilmlesesaal
Das historische Archiv Köln hat am Montag einen provisorischen Mikrofilmlesesaal geöffnet. Drei Arbeitsplätze wurden in der 14. Etage im Stadthaus Deutz eingerichtet, dort wo auch die Verwaltung des Historischen Archivs derzeit seinen Sitz hat. Das Angebot richtet sich an Benutzer, die Qualifikationsarbeiten mit einem festen Abgabetermin schreiben – wie Fach-, Examens-Magister- oder Doktorarbeiten. Momentan kann das Archiv nur drei Arbeitsplätze anbieten, daher bitten die Mitarbeiter die Interessenten, sich vorher anzumelden und die Bestände beziehungsweise Filme anzugeben, die sie benötigen. (Telefon: 0221 – 22 12 36 69, ab Montag).

Inhalt der Mikrofilme
Zur Verfügung stehen die Mikrofilme der vom Historischen Archiv seit 1963 verfilmten Bestände, hauptsächlich der alten Abteilung bis 1815 und geringe Teile der Bestände des 19. und 20. Jahrhunderts wie Ratsprotokolle, Testamente und Schreinsbücher (damalig  Liegenschaftseintragungen). Auch der Amtsnachlass Konrad Adenauers aus seiner Zeit als Kölner Oberbürgermeister ist zu finden. In einem nächsten Arbeitsschritt sollen alle Mikrofilme digitalisiert werden.

„Wir brauchen dringend einen Standort in der Innenstadt“
"Wir tun, was wir können“, erklärt Bettina Schmidt-Czaia. Sie hofft, zum Jahresende einen digitalen Lesesaal für alle interessierten Bürger öffnen zu können. Geplant dafür sind 20 bis 30 Arbeitsplätze, aber derzeit gibt es noch kein konkretes Angebot für einen Standort. „Außerdem brauchen wir dringend Magazinfläche für unsere Bestände, die derzeit in Asylarchiven lagern“, so Schmidt-Czaia weiter. Auf jeden Fall brauche das Historische Archiv möglichst bald einen Standort in der Innenstadt, damit es gut für die Bürger zu erreichen sei, erläutert sie. „Wir können nicht auf den Neubau, warten“, sagt die Archivleiterin, „sonst kommen wir hier ja nie aus dem Tee.“

Infobox:
Der Lesesaal befindet sich im Raum 14 C 62
Stadthaus Deutz, Westgebäude,
Willy-Brandt-Platz 2, 50679 Köln,
Telefon: 0221 – 22 12 36 69

Öffnungszeiten:
Montag und Donnerstag: 9:00 bis 16:00 Uhr
Dienstag: 9:00 bis 18:00 Uhr
Mittwoch und Freitag: 9:00 bis 12:00

Stephanie Broch für report-k.de / Kölns Internetzeitung; Foto: Stadt Köln