Der Rhein als Wasserstraße im Sommer 2022 mit Niedrigwasser bei Köln. | Foto: Bopp

Köln | Der Titel eines Forderungskataloges der IHKs im Rheinland verspricht Modernität: „Verkehrsleitbild Rheinland – Verkehrswege nachhaltig sichern“. Die Forderungen sind dann klassisch: Weniger Bürokratie, schnellere Planverfahren und mehr bauen.

Hauptgeschäftsführer der IHK Aachen Michael F. Bayer und Düsseldorf Gregor Berghausen bei der digitalen Pressekonferenz am 26. Juli 2023. | Screenshot

Es ginge vor allem um die gewerblichen Verkehre, machen die beiden Hauptgeschäftsführer der IHK Aachen Michael F. Bayer und Düsseldorf Gregor Berghausen deutlich, und nicht so sehr um die Personenverkehre. Die scheinen die Kammern nur am Rande mit der betrieblichen Mobilität mitzudenken. Die Kölner IHK sitzt nicht mit am Tisch, obwohl es sich um die IHK-Initiative Rheinland (IIR) handelt. Es ist ein Forderungskatalog mit 10 Punkten. Das Thema Mobilitätswende, ein vielverwendeter Begriff in der Politik und Gesellschaft findet nur wenig Eingang in den Katalog und wird von den IHKs im Rheinland vor allem auf den Personenverkehr bezogen. Das ist nicht ganz schlüssig, vor allem bei den Zahlen und Fakten vermischen die Kammern dann wieder beide Strukturen, wenn sie von 130 Kilometern Autobahnen, 683 Kilometern Hochgeschwindigkeitsstrecke Schiene, 77,5 Millionen Tonnen Güterumschlag in den rheinischen Häfen und 40 Millionen Passagieren an den Flughäfen Köln Bonn, Düsseldorf und Weeze sprechen. Das fordern die IHKs im Rheinland von der Politik:

Budget für einzelne Projekte

Eine Einschätzung der Kammern ist sicher nicht falsch: Die Infrastruktur im Rheinland ist am Limit und zum Teil in schlechtem Zustand. Ein Stichwort genügt: Autobahnbrücke Leverkusen. So stellen die Vertreter der Wirtschaft fest, dass die Verkehrswege im Rheinland seit Jahren chronisch unterfinanziert seien. Mit dem Taschenrechner haben die IHKs jetzt eine Finanzierungslücke von 45 Milliarden Euro in den Jahren 2012 bis 2023 errechnet. Sie fordern eine Aufstockung der Budgets für die Infrastruktur im Rheinland. Und sie fordern eine politische Neusortierung der Finanzierung. Diese soll nicht mehr in den jährlichen Haushalten von Bund und Land hinterlegt werden, sondern die einzelne Maßnahme soll ein Budget erhalten der mit dem Baukostenindex verknüpft ist. Zudem seien die Maßnahmen zu priorisieren nach dem Prinzip wo der größte volkswirtschaftliche und verkehrliche Nutzen geschaffen werde. Es fehlt das Klima an dieser Stelle. Die bestehende Verkehrsinfrastruktur in allen Formen, geht es nach den IHKs, soll erhalten und ausgebaut werden. Der Verfall soll gestoppt werden durch schnelleres planen und bauen. Planfeststellungsverfahren bei Bauen, also Sanieren oder Neubau im Bestand sollen entfallen, wenn an gleicher Stelle Gleiches oder Ähnliches errichtet werden soll. Zudem sollen die Stellen in den Behörden von den Tarifverträgen entkoppelt werden, um mehr Personal zu finden.

Wasserstraße und Schiene

Viel Raum gibt das Leitbild den Verkehrsträgern Wasserstraße und Schiene. Das System Wasserstraße wollen die IHKs ertüchtigen, den Rhein vertiefen und vor dem Hintergrund der Klimakrise resilient machen. Die Vertreter der Wirtschaft wünschen sich zudem eine bessere Anbindung der ZARA-Häfen – Zeebrügge, Antwerpen, Rotterdam, Amsterdam – ans Rheinland. So sollen neue Gleise zwischen Oberhausen und Emmerich sowie Aachen und Köln gebaut werden. Auch hier soll schnell geplant und gebaut werden.

Nachtflug in Köln Bonn

Für den Flughafen Köln Bonn brauche es für die Logistiker am Standort Planungssicherheit in Bezug auf die Nachtflugregelungen über 2030 hinaus, so die IHK Initiative Rheinland. Durch technische Innovation soll der Flugverkehr klimaneutral gestaltet werden, das Stichwort E-Fuels fällt. Und die Flughäfen, dazu zählt auch Düsseldorf, sollen besser mit anderen Mobilitätsangeboten vernetzt werden. Die IHKs wollen zudem eine Ausweitung der Kapazitäten auf den Flughäfen des Rheinlandes durch eine bessere Auslastung erreichen, die durch technische Innovationen gelingen soll.

Von den Städten fordern sie, dass diese zentrumsnahe Flächen für die Logistik zur Verfügung stellen, damit die Innenstädte versorgt werden können. Zudem soll es bessere Mobilitätskonzepte geben, um die Menschen – also Kunden – in die Innenstädte zu bringen. Das betriebliche Mobilitätsmanagement soll sich mit dem Thema Pendler und Erreichbarkeit über den Öffentlichen Personennahverkehr beschäftigen. Eine weitere Forderung an Städte und Kommunen im Rheinland ist, dass entlang der Hauptverkehrsachsen, also Straße, Schiene, Wasserstraße Gewerbeflächen ausgewiesen werden, um multimodale Verkehre zu ermöglichen. Das Thema Wasserstoff wird aufgegriffen und mit der konkreten Forderung einer zweiten Pipeline aus den Niederlanden oder Belgien zu der deutschen Nord-Pipline verknüpft.

Heinz-Johannes Hintzen von der Hintzen Logistik

Aus der Wirtschaft

Aus Eschweiler zugeschaltet forderte Heinz-Johannes Hintzen von der Hintzen Logistik, dass Mittel wie etwa die LKW-Maut zweckgebunden für den Ausbau und Erhalt der Verkehrsinfrastruktur eingesetzt werden. Gerd Deimel von Consulting to Infrastructure machte deutlich, dass die aktuelle Lage bei der Wasserstraße und auf der Schiene mehr als suboptimal sei: „So kann es nicht weitergehen“. Er verdeutlichte, dass vor allem Industriebetriebe der Chemiebranche stark betroffen seien, wenn sich etwa Bauarbeiten für den RRX verlängerten und so Umschlagplätze wie der in Düsseldorf Reisholz nicht oder nur eingeschränkt zur Verfügung stünden. Es brauche ein funktionierendes Notfallnetz. Er wirft der Politik vor, auf der Schiene nur den Personenverkehr nicht aber den Güterverkehr im Blick zu haben. Ein Fehler, wenn das Hochleistungsnetz erneuert werden. Ein Chemieunternehmen in Wesseling erhalte jeden Tag 1007 Tonnen eines Vorprodukts via Schiene. Dies dürfe nicht ausfallen, sonst drohten Produktionsausfälle. Vor allem sei Deutschland und damit auch die rheinische Region abhängig von Rohstoffimporten. In Bezug auf die Wasserstraße Rhein forderte der Berater die Beseitigung der bekannten 16 Engstellen. Er sieht zudem nur Kapazitätserweiterungsmöglichkeiten auf der Wasserstraße.

ag