„Mir macht es Spaß, den Menschen die Welt des Weins näherzubringen“
Von Stephan Eppinger
Köln | Sebastian Russold (29) vom Kölner Weinkeller hat am vergangenen Wochenende das Finale der sechsten Sommelier-Trophy gewonnen und sich dabei gegen eine starke Konkurrenz durchgesetzt. Damit trägt er nun den Titel „bester Sommelier Deutschlands“. Im Kölner Weinkeller an der Stolberger Straße 92 arbeitet der gebürtige Grazer seit 2021. Dort finden sich mehr als 4500 verschiedene Weine von 800 internationalen Winzern.
Wie sind Sie zu Ihrem Beruf als Sommelier gekommen?
Sebastian Russold: Ich stamme aus der Steiermark, wo Wein eine große Rolle spielt. So habe ich mich schon während der Schulzeit für das Thema interessiert und habe mich dann in einem Restaurant in meiner Heimatstadt Graz erstmals beruflich mit den österreichischen Weinklassikern beschäftigt. Im Hamburger Hotel Louis C. Jacob wurde dann aus der Begeisterung eine Profession. Beim „Court of Master Sommelier“ habe ich 2017 erfolgreich meinen Abschluss gemacht. Weitere Stationen waren unter anderem die „Schwarzwaldstube“ des Hotels Traube Tonbach und das Restaurant „Saziani Stub’n“ in der Steiermark. Seit 2021 arbeite ich beim Kölner Weinkeller.
Welche Weine trinkt man in Ihrer Heimat, der Steiermark?
Russold: Die Region ist vor allem für ihre Weißweine bekannt. Wir haben einen Sauvignon Blanc von Weltklasse. Dazu kommen hervorragende Chardonnays und sehr gute Welschrieslinge. Für mich bietet das Thema Wein die perfekte Mischung von Kultur, Geschichte und Geschmack. Das macht aus diesem Getränk etwas Besonderes.
Wie wird man zum Sommelier?
Russold: Sommelier ist keine geschützte Berufsbezeichnung. Aber ich kann nur jedem raten, sich für eine fundierte Ausbildung zu entscheiden. Deshalb habe ich den Weg über den Court of Master Sommelier in London gewählt. Dort kombiniert man bei der Ausbildung das Fachwissen zum Thema Wein mit weiteren Lehrinhalten wie die Kalkulation und den Service. Ein guter Sommelier ist weit mehr als nur ein guter Weinkenner. Man muss auch wirtschaftlich arbeiten können und man muss den Kontakt zu Gast bzw. zum Kunden pflegen.
Sie sind der Erste, der den Titel „bester Sommelier Deutschlands“ trägt und der nicht in einem Restaurant tätig ist.
Russold: Die Gastronomie tut sich im Moment teilweise schwer, ihre Fachkräfte zu halten, was auch an den Arbeitsbedingungen liegt. So sucht man sich als Sommelier neue Arbeitsbereiche und kommt so zum Weinhandel. Dort hat man dann Kunden statt Gäste und verkauft den Wein kisten- statt flaschenweise. Aber auch hier kommt es darauf an, die Menschen nicht zu belehren. Man muss vor allem gut zuhören können und manchmal redet man mit den Kunden auch über Gott und die Welt. Das gehört zur Arbeit einfach dazu. Manche Kunden wollen beraten werden, weil sie sich einen neuen Weinkeller aufbauen wollen, andere wollen sich neue Weinwelten und Rebsorten erschließen. Auch dabei können wir behilflich sein. Im Weinkeller haben wir mehr als 4500 verschiedene Weine im Angebot. Der günstigste Wein kostet 5,20 Euro, der teuerste 22.000. Der älteste Wein stammt aus dem Jahr 1937 – er ist aber nicht der teuerste.
Wie sind Sie nach Köln gekommen?
Russold: Meine Partnerin, die im gleichen Beruf tätig ist, und ich haben uns eine neue Stelle gesucht. Dabei hatten wir auch Restaurants in Wien und Berlin im Blick. Für mich kam vom Kölner Weinkeller das beste Angebot und damit begann meine erste Station im Weinhandel. Meine Partnerin arbeitet im Restaurant Pottkind in der Südstadt. Dort helfe ich am freien Wochenende auch schon mal aus und poliere Teller und Gläser. So bleibe ich mit der Gastronomie in Kontakt.
Was macht für Sie die Arbeit im Kölner Weinkeller aus?
Russold: Das ist für mich ein ganz neues Berufsfeld und das in einem Weinhandel mit einer sehr großen Auswahl. Hier habe ich Anbaugebiete und Rebsorten kennengelernt, mit denen ich in der Gastronomie eher wenig zu tun hatte. Schön ist, dass im Weinkeller die Kunden offen für Empfehlungen sind, und auch Bereitschaft zeigen, etwas Neues zu entdecken. Mir macht es Spaß, den Menschen die Welt des Weins etwas näherzubringen. Die Arbeit im Weinkeller ist so für mich eine spannende Herausforderung.
Wie stehen Sie als Weinsommelier zum Kölsch?
Russold: Wein ist ein sehr gutes Getränk, es ist aber nicht das einzige, das man trinken kann. Ich trinke, gerne klassische Biere, wie das Mühlen-Kölsch. Leider können mich viele Craft Biere nicht begeistern, obwohl es da natürlich aus sehr gute Ausnahmen gibt.
Wie erleben Sie ihre neue Wahlheimat Köln?
Russold: Köln hat den Ruf, nicht allzu schön zu sein, sodass es keine Liebe auf den ersten Blick zur Stadt gibt. Das war bei mir nicht der Fall. Ich mag die Stadt. Sie ist charmant und die Menschen sind sehr nett und offen. Da kommt man schnell ins Gespräch und findet rasch Anschluss.
Was bedeutet die Auszeichnung für Sie?
Russold: Der Sieg bedeutet mir sehr viel, schließlich fordert der Wettbewerb eine breite Expertise und ist hochkarätig besetzt. Er ist auch die Eintrittskarte für internationale Wettbewerbe wie die Europa- und die Weltmeisterschaft. Es braucht hier nicht nur Weinwissen, sondern auch Kenntnisse bei der Kalkulation und dem Service. Man muss auch zeigen, dass man mit stressigen Situationen und verschiedenen Problemstellungen umgehen kann. Dazu kommt auch Wissen zum Beispiel über Käse oder Sake und Spirituosen. Insgesamt sind in der Vorrunde mehr als 30 Kollegen antreten. Das Finale haben dann drei erreicht.
Was macht für Sie einen guten Wein aus?
Russold: Grundsätzlich muss ein Wein zu der Situation passen, in der er getrunken wird. An einem schönen, warmen Sommerabend ist ein einfacher Riesling oft besser als ein anderer hochpreisiger Wein. Was die Qualität des Weins anbetrifft, muss er in sich stimmig sein, eine Balance bieten und man muss seine Herkunft erkennen können. Auch eine gewisse Vielschichtigkeit macht einen guten Wein aus.
Haben Sie einen Lieblingswein?
Russold: Sich auf einen Wein festzulegen, wäre bei der Vielfalt der Weinwelt einfach zu schade. Inklusive der Tafeltrauben gibt es weltweit mehr als 22.000 Rebsorten. Portugal kennt 350 verschiedene eigene Rebsorten, in Italien gibt es mehr als 2000 Bezeichnungen für Rebsorten. Wenn ich mich auf Rebsorten festlegen müsste, würde ich den Riesling und den Nebbiolo aus dem Piemont wählen.