Man kennt solche Situationen aus dem Fußball. Schuss, Tor, Jubel. Aber keiner schaut auf den Linienrichter. Der die Fahne hochhält – und Abseits signalisiert. Aus mit Jubel, Schluss mit lustig. Enttäuschung. Auf solch einer Achterbahn der Gefühle fuhr vor kurzem die Mannschaft der Stute Etoile Nocturne nach dem renommierten Benazet-Rennen in Baden-Baden. Das schien Etoile Nocturne eigentlich gewonnen zu haben, zwar knapp und hauchdünn, aber immerhin. So sahen es jedenfalls die meisten Besucher, das völlig emotionsfreie und unbestechliche Zielfoto aber nicht.  Nach seiner Auswertung raste die Stimmung keineswegs nur bei den Vertretern des bayerischen Gestüts Hachtsee, sondern auch bei Trainer Werner Baltromei und bei Jockey William Mongil in Sekundenschnelle in den Keller.

Heute in Köln gab es dafür jedoch ein Trostpflaster. Wenigstens für Graf Norman und den Trainer, allerdings nicht für den Reiter. Denn im TNT-Stuten-Cup, der wichtigsten Prüfung am Pfingstmontag im Weidenpescher Park, saß der Franzose Yann Lerner im Sattel von Etoile Nocturne, und er machte heute einen wirklich klasse Job.  Schließlich schien im über 1400 Meter führenden Listenrennen lange alles auf eine Sensation hinauszulaufen. Tokapi Diamond, 211:10-Außenseiterin im kleinen Feld von sechs Starterinnen, wollte sich die früh übernommene Führung selbst kurz vor dem Ziel nicht mehr abjagen lassen. Schon gar nicht von der 17:10-Favoritin Peace Royale, die sich sehr mühte, aber nie entscheidend weiterkam. Erst als Etoile Nocturne von Yann Lerner endgültig in die Entscheidung geworfen wurde, musste die Außenseiterin passen. Nichtsdestotrotz lief sie das Rennen ihres Lebens.

30:10 gab es auf den Sieg von Etoile Nocturne – und auf die Zweierwette mit Topkapi Diamond stattliche 925:10, während die Dreierwette mit der heißen Favoritin Peace Royal immerhin noch 1.268:10 brachte. Ein Kölner Trostpflaster also nach der Baden-Badener Enttäuschung, die in Wirklichkeit jedoch keine war. Auch in der knappen Niederlage hatte Etoile Nocturne nämlich Größe gezeigt. Allein die Umstände waren etwas unglücklich.

Den Namen Yann Lerner haben sich die Kölner Turffreunde heute indes eingeprägt. Er scheint ein Könner seines Fachs zu sein, leider aber  für einen Jockey  auch vergleichsweise schwer. Unter 57 Kilo geht nichts. In seiner Heimat sieht man ihn daher auch eher seltener im Rennsattel.

Ehe er mit Etoile Nocturne sein Tagewerk krönte, hatte der Mann aus Paris bereits mit dem dreijährigen Zoppenbroicher Hengst Tom Sawyer und kurz darauf noch mit dem gleichaltrigen Hengst Falun gewonnen, wobei beide Erfolge zu einem gerüttelt Maß  auf sein Konto gingen.

Drei Ritte und ebenso viele Siege, Yann Lerners heutige Kölner Bilanz hätte kaum  besser ausfallen können. Die des Kölner Renn-Verein konnte sich nach Kassenschluss allerdings ebenfalls sehen lassen. Bei herrlichem Pfingstwetter präsentierte sich der Weidenpescher Park nämlich einmal mehr sehr gut besucht, was ein Gesamtumsatz am Toto von 250.169 Euro eindrucksvoll widerspiegelt.

[ag; Foto: Klaus-Jörg Tuchel]