Keine Frage der Kunst
Ob schön oder nicht, ob künstlerisch wertvoll oder bloße Schmiererei, diese Frage stand beim gestrigen Treffen der KASA und ihren Partnern nicht im Vordergrund. Das illegale Verbreiten von Graffiti, so waren sich die Herren einig, sei zum einen kein bloßes Kavaliersdelikt sondern eine Straftat und zum anderen mit erheblichen Schäden für private Eigentümer und Unternehmen verbunden. Bei der KVB sei beispielsweise im vergangen Jahr diesbezüglich ein Schaden von rund einer Millionen Euro entstanden, so teilte Detlef Friesener von den Kölner Verkehrsbetrieben mit. Dabei sei man stetig bemüht, „beschmierte“ Fahrzeuge unverzüglich aus dem Verkehr zu ziehen, um den Tätern keine „rollende Plattform“ für ihre „künstlerische Leistung“ zu bieten. „Zudem sind Bahnanlagen oder Zugtunnel kein ungefährlicher Ort, um seine Nächte zu verbringen. Dies musste der ein oder andere Sprayer bereits schmerzlich erfahren“, machte Friesener aufmerksam.

Die Abfallwirtschaftsbetriebe Köln, die im Zuge der KASA Aktion für die Beseitigung von illegalem Graffiti an öffentlichen Objekten zuständig ist, verkündete einen Leistungsumfang von 20.000 Quadratmetern zu beseitigten „Farbschmierereien“ pro Jahr. Dabei sei ein Großteil der Aufträge an Schulen und Brücken zu verzeichnen. Bislang seien dabei 6.432 Quadratmeter an Schulen und 2.684 Quadratmeter an Brücken gereinigt worden, so die AWB.


Mitarbeiter der AWB in ihrem ständigen Kampf bei der Beseitigung von illegalem Graffiti


Nur allein mit Wasserdruck, somit mehr als umweltfreundlich, gelingt es der AWB die Graffitis zu entfernen. Alternativ wirdf an manchen Stellen auch Strahlsand verwendet.


Ein langer Atem ist gefragt
Thomas Tewes Hauptgeschäftsführer vom Haus- und Grundbesitzerverein Köln beschreibt die Lage wie folgt: „Illegales Graffiti ist ein gesellschaftliches Problem, dass auch über die deutschen Grenzen hinaus ein Thema ist. Am meisten Probleme macht dem Kölner Haus- und Grundbesitzerverein und seinen Mitgliedern vor allem aber der Umgang mit dem Thema Graffiti bei der Strafverfolgung.“ Hier sei, laut Tewes, eine Bagatellisierung zu beobachten, die der Schwere der Tat nicht mehr gerecht werde. Täter würden mit ein paar Sozialstunden bestraft werden und der geschädigte Eigentümer bleibe auf seinen Sanierungskosten sitzen.

Private Eigentümer seien aufgrund der Tatsache, dass die Mehrzahl der Verfahren eingestellt werden, resigniert und zudem nicht mehr bereit, Graffiti am eigenen Gebäude entfernen zu lassen, teilte Tewes mit. „Es ist ein Kampf gegen eine Windmühle. Der Verein hat zum Teil Mühe, den Mitgliedern die Sinnhaftigkeit von immerwährender Reinigung zu vermitteln, denn dabei spielen vor allen Dingen die Kosten eine große Rolle“, gibt Tewes zu bemerken. Dabei sei es vor allen Dingen für die Statistik wichtig, jedes illegale Graffiti anzuzeigen, um die bestehende Problematik nicht aus den Köpfen der Öffentlichkeit verschwinden zu lassen. Das Thema Graffiti sei für den Haus- und Grundbesitzerverein noch lange nicht erledigt. Vor allem weil die finanzielle Situation einiger Eigentümer und Kommunen dem ständigen Reinigen der „beschmierten“ Flächen nicht gewachsen sei.

Das statistische Täterprofil
Vor dem Gesetz ist das illegale „Beschmieren“ von Wänden, Gebäuden und anderen Einrichtungen durchaus kein Kavaliersdelikt und wird als Straftat angesehen. Strafrechtlich wird die Sachbeschädigung mit Geldstrafen oder Haftstrafen von bis zu 2 Jahren belegt, so will es das Gesetz. Die Polizei Köln gab bekannt, dass sich die Zahl der ihnen bekannten Fälle von „Farbschmierereien“ von 2005 bis 2008 deutlich erhöht habe. Ab da an sei allerdings ein kontinuierlicher Rückgang zu verzeichnen, den die Polizei allerdings von einer hohen Zahl nicht angezeigter Fälle abhängig mache. Die Aufklärungsquote aller angezeigter Fälle läge dabei im Durchschnitt bei 11,8 %, so der Statistik der Kölner Polizei zu entnehmen.

Gunnar Homann von der Polizei Köln beschrieb das übliche Täterprofil als zwischen 16 und 25 Jahre alt, vorwiegend männlich und hauptsächlich im Innenstadtbereich oder der Neustadt Nord angesiedelt, wo es der Polizei erst kürzlich gelang einen 24-jährigen Tatverdächtigen zu ermitteln, dem die Polizei 56 Straftaten im Bereich illegalem Graffiti zuordnen konnte (report-k berichtete). „Trotz der Erfolge sind wir dennoch ständig auf die Mithilfe unserer Bürger und Bürgerinnen angewiesen, die am besten jede verdächtige Beobachtung direkt dem Notruf 110 melden“, so Homann.

Legale Freiflächen als kontroverser Diskussionspunkt
Beim Thema Legale Freiflächen für Sprayer schaffen, um diese vom illegalen Sprühen möglicherweise abzuhalten sind sich die KASA und ihre Partner einig. Die Schaffung von legalen Freiflächen, wie es derzeit beispielsweise am Kölner Zoo der Fall sei, lehne man komplett ab, so Tewes. Es habe sich gezeigt, dass es illegalen Sprayern dabei am Kick fehle, wenn sie sich an legalen Orten austoben. Sie würden diese schlicht nicht nutzen und erst recht nicht als Alternative zu illegalen Orten sehen. Man erlange dabei keinen „Fame“ (Ruhm). Wer einen Zug besprühe, der wäre klar höher angesehen, als derjenige, der sich nur an legalen Wänden auslebe, so Tewes weiter.

Das Graffiti-Projekt „Artgerecht-gesprühte Kunst für den Kölner Zoo“  des Kölner Zoo’s, bei dem die Zoomauer von Graffiti-Künstlern neu gestaltet worden ist, steht dem zumindest in der Ansicht von befragten Bürgern* über den Anschauungswert der gestalteten Zoomauer entgegen. Laut dem Kölner Zoo sei das Projekt durchweg positiv bewertet worden. Dabei hätten die meisten Befragten allerdings Wert darauf gelegt, dass Graffiti dann Kunst sei und akzeptiert werden könne, wenn sie sich deutlich vom Vandalismus absetzte.

* Die Untersuchung wurde durchgeführt von Prof. Dr. Werner Schöning und Studierenden der Katholischen Hochschule NRW, Abteilung Köln im Studiengang Soziale Arbeit in Kooperation mit dem Graffiti- und Jugendkunstprojekt Mittwochsmaler des Sozialdiesntes Katholischer Männer e.V.


Schwerpunkt Prävention – Werte schaffen und vorleben

Ausstellung über Graffiti und sein Konsequenzen im Kalk Karree. Die Ausstellung wurde in Zusammenarbeit mit der KVB von Kölner Schülern entworfen.


Die Kasa und ihre Partner sehe vor allen Dingen in der frühzeitigen Prävention eine Chance das Problem des illegalen Sprühens deutlich zu vermindern, so Robert Kilp Mitgründer der KASA. Die Aufklärung der Jugendlichen über die Konsequenzen von illegalem Graffiti, Info-Abende an Schulen für Eltern und Lehrer, die von der Polizei und der KASA geleitet werden, die Schaffung eines sauberen Umfeldes durch häufige Reinigung an Schulen, Spiel- und Bolzplätzen sowie Kindertagesstätten seien dabei genauso Programm für 2012 wie auch Aktionen, wie die momentane Ausstellung im Kalk Karre, die im Rahmen eines Projektes von Schülern einer Kölner Schule entworfen worden ist und über Graffiti und sein Konsequenzen informiert. Man wolle die Hürde für potenzielle Täter möglichst hoch legen, doch dafür müsse eine gewisse Kommunikation herrschen. Vor allen die Kölner Bürger seien diesbezüglich dazu angehalten illegale Beobachtungen zu melden, damit die KASA und ihre Partner schnellstmöglich reagieren könnten, so Kilp. „Wir sind gewillt ein durchaus deutliches Zeichen dafür zu setzen, dass wir illegales Graffiti nicht tolerieren“, beendete Kilp seinen Vortrag.


Foto: Diese Bilder wurden von einem Kölner Schüler entworfen mit Graffiti und sollen eine typsiche Situation der Szene wiederspiegeln. Am Tag sieht man die völlig unberührte Bahn durch die Stadt fahren.



Foto: In der Nacht taucht der typische Taatverdächtige auf. Dunkel gekleidet, fast unsichtbar macht er sich an sein Werk.


Foto: Am nächsten Tag sieht man das Ergebnis der nächtlichen illegalen Aktion durch die Straßen fahren. Was dabei für Kosten für die Unternehmen entstehen, darüber denken die meisten Täter nicht nach.


Infobox:
Die Kölner Anti Spray Aktion (KASA) ist ein Zusammenschluss von der Stadt Köln, der KVB, dem Kölner Haus- und Grundbesitzerverein, der Deutschen Bahn, der Polizei, dem WDR und vielen weiteren Unternehmen und Institutionen. Insgesamt sind 37 Partner beteiligt. 1999 gegründet arbeitet die KASA als Ordnungspartnerschaft, um illegale „Farbsprühereien“ im Stadtbild zu reduzieren. Jeder Partner folgt der Philosophie, die eigenen Objekte möglichst zügig und nachhaltig zu reinigen. Die Aktivitäten sollen andere Hauseigentümer zur Nachahmung anregen. Dieser erwünschte Multiplikatoreffekt soll Köln nach Vorstellung der Partner attraktiver, sauberer und gastfreundlicher machen. Alleine an städtischen Gebäuden wurden seit Gründung der KASA rund 250.000 qm² Fläche gereinigt.

[lz]