Die Ausstellung "Silber für Tsingtau" im Museum für Ostasiatische Kunst in Köln am 3. Mai 2023. Foto: Grümer

Köln | Vom 4. Mai bis zum 29. Oktober zeigt das Kölner Museum für Ostasiatische Kunst die Sonderausstellung „Silber für Tsingtau“. Die Ausstellung beinhaltet chinesische Schmiedearbeiten der späten Qing-Dynastie. Sie stammen aus dem Nachlass des Bitburger Ingenieurs Heinrich Hildebrand (1855 – 1925).

Die Ausstellung zeigt Silbervasen, Becher, Miniatur oder etwa Silberschalen. 40 Stücke stammen aus dem Nachlass der Bonnerin Phoebe Roesberg, der Enkelin von Hildebrand. 7 Silberstücke gehören zu einer eigenen, alten Sammlung des Museums. 5 weitere Stücke sind Leihgaben von Enkeln Deutscher, die damals in China lebten.

Neben den Silberwerken aus Tsingtau zeigt die Ausstellung Exportsilber aus den Hafenstädten im Süden Chinas, sowie klassische chinesische Silberkunst. Die Ausstellung wird ergänzt von gemalten Panoramen von Tsingtau, Fotografien und Dokumenten aus der Zeit um die Jahrhundertwende.

Chinesisches Silber

Seit der Östlichen Zhou-Dynastie wurde Silber in China zu Kunsthandwerk und Schmuck verarbeitet. Im 18. Jahrhundert entstanden im heutigen Guangzhou (damals Kanton) die ersten Silberwaren für den Export nach Europa. Nach dem ersten Opiumkrieg wurde Exportsilber zu einem wichtigen Wirtschaftszweig in den Vertragshäfen. Zahlreiche westliche Kaufleute, die in China lebten, ließen sich Silbergeschirre anfertigen, die sie später mit in die Heimat nahmen. Die meisten Silbergeschirre wurden nach europäischen Formvorbildern hergestellt, die Dekore blieben klassisch chinesisch. Die Silberschmiede schufen insbesondere Blumen- und Vogelmotive, sowie figürliche Darstellungen aus der Mythologie und Oper.

Um die Jahrhundertwende tauchten die ersten Jugendstilelemente auf. Nach dem ersten Weltkrieg machte sich ebenfalls der Einfluss der Art déco bemerkbar. Vor allem undekorierte, glänzende Oberflächen und simple Gefäße kamen in Mode. Auf traditionelle, chinesische Ornamente wurde immer mehr verzichtet.

Bis zum Ende der 1930er Jahre florierte das Exportsilberhandwerk in den südchinesischen Hafenstädten. Die meisten Ausländer kehrten zurück nach Hause. Die Exportsilberproduktion endete.

Henrich Hildebrand

2021 erbte das Museum für Ostasiatische Kunst die chinesischen Kunstwerke der Bonnerin Phoebe Roesberg. Ursprünglich gehörte die Sammlung ihrem Großvater Henrich Hildebrand. Hildebrand war ein Architekt und Ingenieur. In der späten Qing-Dynastie verbrachte er 17 Jahre in China. 1891 wurde er vom Auswärtigen Amt nach China entsandt, um dort Aufträge für die deutsche Industrie im Zusammenhand mit der Industrialisierung zu erkunden.

Er plante Eisenbahnstrecken wie etwa „Wuhan – Beijing“ „Shanghai – Nanjing“ oder „Wusong – Shanghai“.

1898 leitete er unter dem Unternehmen „Schantung Eisenbahn-Gesellschaft“ die Vermessungs- und Bauarbeiten einer 435 Kilometer langen Strecke von Tsingtau (heute Qingdao) nach Jinan.

Der Trassenbau sorgte für viel Widerstand der Bevölkerung. Viele Ladenbesitzer wurden nicht angemessen kompensiert und es wurde wenig Rücksicht auf traditionelle Entwässerungswege der Friedhöfe genommen. Daraufhin kam es zu Sabotagen und Angriffen auf die Arbeiter. Hildebrand forderte deutsches Militär an. Im Jahr 1900 wurden im Rahmen von Strafaktionen gegen die Dörfer um die Stadt Gaomi etwa 500 Bewohner getötet. Hildebrands Ansehen erlitt daher großen Schaden. Die chinesische Beamtenelite lehnte ihn aufgrund dessen als Bauleiter für eine weitere Nebenstrecke ab.

agr