Magdeburger Ausstellung ermöglichte Restaurierung
“Etwa 50 Probefärbungen waren nötig, um den richtigen Farbton zu treffen”, sagt Julia Nagel Geue, die als freie Restauratorin für das Kölnische Stadtmuseum zwei Mäntel aus dem 18. Jahrhundert und einen Hut aus dem 17. Jahrhundert restauriert. Die Kleidungsstücke sollen vom 21. September bis zum 4. Januar 2009 in der Magdeburger Ausstellung  „Spektakel der Macht. Rituale im Alten Europa 800 – 1800“ zu sehen sein. Am Beispiel des Rats der freien Reichsstadt Köln zeigt die Schau in der Lan­deshauptstadt von Sachsen-Anhalt unter dem Thema „Ordnen – Gemein­schaft stiften – Verwandeln – Ins Recht setzen“ anhand von acht Leihga­ben aus dem Kölnischen Stadtmuseum, wie sich ein ritueller Akt im Lauf der Zeit veränderte.

Äußerste Vorsicht bei empfindlichen Materialien
Fast wäre Julia Nagel-Geue bei der Mixtur des richtigen Schwarztons verzweifelt: “Denn je nachdem wie die Beleuchtung ausfiel, fiel das gefärbte Seidengewebe wegen seines Eigenglanzes mal mehr, mal weniger auf. Dann habe ich mich irgendwann nur noch an einem Licht orientiert”, sagt Geue-Nagel. Auch sonst ist es für die Restauratorin kein leichtes Unterfangen, Löcher in einem rund 200 Jahre alten Mantel zu stopfen: Die Materialien des einen Mantels sind in der Innenseite aus Leinen, außen jedoch aus Wolltuch. Darauf ist ein Schal aus Seidensamt angebracht. An den Schultern befinden sich Seidenschleifen, an den Ärmeln Taschen. “Mit jedem Stich zerbröckelt nämlich das Gewebe um die beschädigte Stelle. Deshalb nutze ich dafür sehr feine Nadeln, mit denen sonst Insekten aufgespießt werden”, berichtet Nagel-Geue weiter.


Dies ist der Mantel, den ein Kölner Ratsmitglied im 17. Jahrhundert getragen hat.

Ein Ratsherr konnte identifiziert werden
Wer den Hut aus schwarzem Samt mit Seidenrüschen darauf besaß, konnte Rita Wagner, Leiterin der Textil- und Grafikabteilung im Stadtmuseum, ermitteln. “Ein Ratsherr namens Leonard Josef Effertz trug ihn. Effertz war zwischen 1792 und 1795 Ratsmitglied in Köln.” Welcher Gaffel, was in etwa dem Begriff Zunft entspricht, er angehörte, konnte allerdings nicht geklärt werden. Ebenso wenig gibt es Aufschluss über seine Familie. Jedenfalls muss er ein wohlhabender Mann gewesen sein: „Schwarze Kleidung trugen nur Menschen, die es sich leisten konnten. Etwas in Schwarz zu färben war nämlich etwas sehr Kostspieliges zu dieser Zeit. Damals gab es auch eine Vorschrift, wonach Ratsherren nur in Schwarz tagen durften“, weiß Rita Wagner.

Licht schadet dem Gewebe
Bevor es an die eigentliche Arbeit ging, erstellte Julia Nagel-Geue Analysen zum Schnitt und zu den Fasern der Kleidungsstücke. Dabei muss die Textilexpertin darauf achten, dass die Objekte nicht länger als nötig Faktoren wie Licht und zu hohen Temperaturen ausgesetzt sind. Ideal seien Temperaturen zwischen 18 und 21 Grad in einem trockenen Keller. Die Kosten für die gesamte Restaurierung der drei Stücke, für die insgesamt 130 Arbeitsstunden veranschlagt sind, trägt die Universität Magdeburg. „Man kann davon ausgehen, dass sie genau so teuer wie ein gebrauchter Kleinwagen sind“, sagt Rita Wagner.

Stadtmuseum wünscht, Ratstrachten selbst auszustellen
Die Verbindung zur Uni Magdeburg kam durch die Universität Münster zustande. Dort lief ein Forschungsprojekt der Uni Münster. Einen Einblick dessen erhalten Interessierte in der Ausstellung „Spektakel der Macht“ im Kulturhistorischen Museum Magde­burg. Die begibt sich vom 21. September 2008 bis zum 4. Januar 2009 auf die Spuren der Rituale, die noch heute bei der Vereidigung eines neuen Staats­oberhauptes, bei der Wahl eines Papstes oder der Eröffnung eines Parteitags präsent sind. Sie geht der Frage nach, woher diese Rituale kommen, welche Bedeutung sie hatten und wie diese sich über die Jahrhunderte bis zur Gegenwart verändert haben. „Es wäre schön, wenn wir danach die Stücke auch im Kölnischen Stadtmuseum präsentieren könnten“, sagt Rita Wagner.

Nadin Hüdaverdi für report-k.de/ Kölns Internetzeitung