Vom Handyverkäufer zum Opernstar
Bis vor wenigen Wochen ging Paul Potts, der am 13. Oktober 1970 in der Nähe von Bristol geboren wurde, den scheinbar leichteren Weg und führte ein Leben als Handy-Verkäufer, weil er aufgrund seines geringen Selbstwertgefühls Angst vor einer Ablehnung hatte. Dabei sagte er selbst: „Nur wenn ich sang, hatte ich das Gefühl, ich selbst zu sein. Mein wirkliches Ich.“ Seit seinem Sieg am 17. Juni bei „Britains Got Talent“, dem englischen Pendants zu „Deutschland sucht den Superstar“, ist der 36-Jährigen auf der ganzen Welt für seine unglaubliche Stimme bekannt. Bis dahin blieb seine Begabung trotz einiger Amateurauftritte unbekannt. Der Sänger fühlte sich zu unbedeutend und nutzte die Oper als Möglichkeit, um aus der Wirklichkeit zu entfliehen, in der er gehänselt wurde, weil er anders war. Jetzt steht sein Album „One Chance“ bereits an der Spitze der deutschen Verkaufshitliste und verkaufte sich bis dato weltweit mehr als zwei Millionen Mal. Seine Interpretation des Stücks "Nessun Dorma", das in der TV-Werbekampagne der Telekom verwendet wird, erreichte die höchste Platzierung "Download only"-Titels in den deutschen Single-Charts aller Zeiten. Zeit blieb dem Opernsänger kaum, um sein Schicksal zu begreifen. Bereits wenige Tage nach seinem Sieg flog Paul Potts nach New York, um in der „NBC Today Show“ aufzutreten, nur wenige Tage, nachdem Enrique Iglesias dort gespielt hatte – und in der Woche zuvor Jon Bon Jovi! Anschließend kehrte er zurück nach England, um mit den Arbeiten an seinem ersten Album zu beginnen. Und natürlich wartet auch noch die VIP-Performance, die er sich ebenfalls durch seinen „Britain’s Got Talent“-Sieg verdiente: Ein Auftritt vor Ihrer Majestät der Königin, Elisabeth II., im Rahmen der „Royal Variety Performance“ Anfang Dezember. „All das ist wie ein Märchen und ich habe Angst, dass ich bald aufwache und feststellen muss, dass ich nur geträumt habe“, sagt Paul. „Die Unterstützung, die ich bekommen habe, war einfach unglaublich und sie hat mich sehr berührt. Es hat meinem Selbstvertrauen so gut getan und ich kann den Menschen gar nicht genug danken, dass sie mir die Möglichkeit geben, meinen Traum zu erfüllen. Eine solche Chance zu bekommen ist mehr, als ich jemals erhoffen konnte. Jetzt kann ich endlich genau das tun, weswegen ich überhaupt hier bin – etwas, dass ich liebe und das mir so große Freude bereitet.“

Der Durchbruch
Hätte es „Britain’s Got Talent“ nicht gegeben, Paul Potts hätte das Singen möglicherweise komplett aufgegeben. Die „Talentshow für die Generation von heute“, die von Simon Cowell ersonnen und seiner Entertainment-Firma Syco TV co-produziert wurde, erreichte sowohl in den USA als auch England hohe Einschaltquoten – mehr als dreizehn Millionen Zuschauer waren alleine in Großbritannien Zeuge von Paul Potts Sieg. Sein erster Auftritt vor der Jury in Cardiff war dagegen – gelinde gesagt – seltsam. Fast entschuldigend, überhaupt anwesend zu sein, betrat Potts eine Woche vor dem Finale in seinem mittlerweile legendären 35-Pfund-Anzug die Bühne, um Simon Cowell und seinen Kollegen Amanda Holden und Piers Morgan zu verkünden, dass er nun eine Oper sänge. Keine Gedanken verschwendeten die drei in diesem Augenblick an die Möglichkeit, der zukünftige Gewinner des Wettbewerbs könnte vor ihnen stehen. Bis er den Mund öffnete und zu singen begann. Es war, wie Simon seither oft wiederholte, schlichtweg magisch. „Es war unglaublich“, pflichtet Piers bei. Und Amanda, die zu Tränen gerührt war, erklärte, seine Stimme habe Gänsehaut an ihrem ganzen Körper verursacht. „So etwas hatten wir ganz bestimmt nicht erwartet“, gibt Cowell zu. „Ich war so nervös, ich zitterte wie Pudding, aber wenn ich mir heute das Vorsingen anschaue, dann kann ich in meinen Augen erkennen, dass ich von der Minute an, als ich anfing zu singen, plötzlich ganz woanders war und meine Nervosität verschwand“, sagt Potts. „Als ich aufhörte zu singen, raste mein Herz wie verrückt, denn ich hatte absolut keine Ahnung, was die Jury-Mitglieder sagen würde.“ Seit diesem Moment posten Menschen überall auf der Welt, die seinen Auftritt auf You Tube gesehen hatten, Lobeshymnen im Internet – wie z. B. diese: „Ein bescheidener Mensch, der sich seiner atemberaubenden Begabung nicht bewusst ist: Paul Potts ist ein wahrer Star“. „Es hat mein ganzes Leben verändert. Ich fühlte mich so klein und unbedeutend. Doch jetzt bin ich jemand – ich bin Paul Potts und dies ist, was ich tue“, grinst Potts heute.

„La Boheme“ ist seine Lieblingsoper
In seinem 16. Lebensjahr machte sich bei dem  Sohn einer Supermarktkassiererin und eines Busfahrers die Liebe für die Oper bemerkbar. „Ich kaufte eine billige Carreras-Aufnahme“, erinnert er sich. „Ich hörte zum ersten Mal ‚Che Gelida Manina (Your Tiny Hand Is Frozen)’ und es bewegte mich. Bis heute ist ‚La Boheme’ meine Lieblingsoper.“ Gesungen hat Paul Potts seit er sprechen kann. Meine Mutter erinnert sich, dass ich zur Filmmusik von ‚E.T.’ sang und dazu mit einem Stock dirigierte“, lacht Paul. Mit elf Jahren singt er in einer der besten Kirchchöre in Bristol. Doch trotz einiger Auftritte im Amateurbereich, u. a. an der „Bath Opera“, hinderte ihn sein mangelndes Selbstwertgefühl und die ständige Angst vor Ablehnung daran, eine Profilaufbahn einzuschlagen. „Ich sah das so: Wenn ich nicht fragte, würde ich auch nie ein ‚Nein’ zu hören bekommen“, sagt Paul. „Es war der einfachere Weg.“  Im Sommer des Jahres 2000 investierte Paul Potts einige Ersparnisse und etwas Geld, dass er in einer Quizshow gewonnen hatte, um drei Monate lang eine Sommerschule in Italien zu besuchen, um Italienisch zu lernen und seiner Leidenschaft noch intensiver nachkommen zu können. Er erhielt sogar die Gelegenheit, vor seinem Idol Pavarotti zu singen.
Doch schon bald sollte er einen herben Rückschlag erleben: 2003 wurde ein Blinddarmbruch bei ihm diagnostiziert. Während der Behandlung stellten die Ärzte einen gutartigen Tumor an der Nebenniere fest. Nach der erfolgreichen Operation befand er sich gerade auf dem Weg der Besserung, als er vom Fahrrad stürzte und sich das Schlüsselbein brach. „Von allen gesundheitlichen Problemen, war der Schlüsselbeinbruch das Schmerzhafteste. Es dauerte Monate, bis es verheilt war“, erinnert sich der Sänger. „Mir ging es wirklich sehr, sehr schlecht und das letzte, an das ich dachte, war Singen.“

Potts Zukunftswünsche: eine Safari für seine Frau
 „Ich werde mich nicht verändern. Obwohl: Ich werde etwas Geld in meine Garderobe investierten und ein paar schönere Anzüge kaufen. Aber egal, was passiert, ich behalte das 35-Pfund-Teil. Es soll mich immer daran erinnern, wo ich einmal wahr und wo ich versuchen werde immer zu bleiben – lediglich besser angezogen.“ Außerdem will er sich die Zähne richten lassen. „Ich glaube nicht, dass zu mir so ein alles überstrahlendes Hollywood-Lächeln passt, aber ich will diese eine Krone in Ordnung bringen lassen, denn ich muss immer daran denken, wenn ich singe.“ Seine weiteren Pläne, das 100.000-Pfund-Preisgeld betreffend, beinhalten u. a. eine Safari mit seiner stolzen Frau Julie-Ann, die er vor vier Jahren heiratete und – Daumen drücken – die Gründung einer Familie. „Darüber konnten wir bislang aus finanziellen Gründen nicht nachdenken“, erklärt Paul, der mit seiner Frau in einem bescheidenen Häuschen in Port Talbot in Süd Wales lebt. „Nun können wir es und es würde die ganze Sache komplett machen.“

[cs; Quelle: ACE Entertainment GmbH]