Alle Fraktionen des Kölner Rates bedauerten das Geschehene und sprachen den Eltern von Kevin ihre Beileid aus und den Eltern und Freunden von Khalil ihr Mitgefühl aus.

Schramma: „Tiefe Wunde“
OB Schramma sprach von einer tiefen Wunde die der Einsturz des Historischen Archivs gerissen habe und das man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen kann. Nach wie vor sei es sein Ziel, die Nord-Süd-Stadtbahn fertig zu stellen, aber dies muss sicher geschehen machte  Schramma deutlich klar. Die Rettung des Archivgutes sei eine nationale Aufgabe betonte Schramma. Schramma lobte den Einsatz der Hilfskräfte vor Ort und die Arbeit des Krisenstabes, aber auch die große Spendenbereitschaft aus der Bevölkerung, Unternehmen und Behörden. Welche Maßnahmen zur Aufklärung des Unglücks von Seiten der städtischen Verwaltung getroffen werden, blieb der Kölner Oberbürgermeister aber schuldig.

Feuerwehr Köln: Nur eine Chance mit Großgeräten
Branddirektor Neuhoff unterrichtete den Kölner Rat über die letzten Einsatztage und die aktuelle Lage in der Kölner Severinstraße. Neuhoff betonte, dass erste Priorität immer die Personensuche hatte und erläuterte seine Entscheidungen in den ersten Stunden. Es gab erstaunlicherweise keine Verletzten, erklärte Neuhoff. Zunächst schwankte die Zahl der Vermissten zwischen 2-9 Personen. Am Abend des 3.3. war klar, so schildert es Neuhoff heute,  zwei Personen sind vermisst. Die Alternative bei der Personensuche, so Neuhoff, war auf den Trümmerkegel zu steigen und mit Hacken und Schaufeln zu suchen oder mit Großgerät. Wir hörten nichts, wir sahen nichts. Für die Einsatzkräfte bestand ganz erhebliche Gefahr, weil Teile des Wohnhauses 230 über der Einsturzstelle hingen und somit eine Gefahr für die Einsatzkräfte darstellte. „Wir haben uns dann entschlossen Großgeräte einzusetzen“, so erklärt Neuhoff seinen Einsatzbefehl. Wir mussten von hinten mit den Großgeräten an die Einsatzstelle kommen, quer durch alle Gebäude des rückwärtigen Historischen Archivs. Wir konnten die Zeit kalkulieren und daher die Akten mit 100 Helfern aus den Kellern retten.

Die aktuelle Lage vor Ort: Suche nach Khalil geht weiter aber bisher ohne Erfolg
Die Suche im Bereich des KVB-Bauwerks bringt aktuell keinen Erfolg. Leichenspürhunde der Kölner Polizei haben nicht angeschlagen und auch die Suche mit dem Seilzugbagger zeigt keinen Erfolg. Jetzt muss die Feuerwehr einen neuen Ansatz finden, wo sie nach Khalil sucht. Die Feuerwehr schätzt, dass die Abbrucharbeiten am Haus Severinstraße 230 heute Abend beendet sind. Dann kann man wieder neu ansetzen

Hilfen für die Bevölkerung
„Jede Hilfe kann nur eine Nothilfe sein“, erklärte Marlies Bredehorst, die die Situation der Hilfen durch die Stadt Köln darstellte. So habe man zu Beginn das Katastrophenzentrum in Riehl aktiviert und dort Evakuierte untergebracht. 829 Vorsprachen gab es bisher im Bürgerbüro und die Stadt ist mit vier Mitarbeitern, sieben Tage die Woche vor Ort. Jeder Betroffene hat jetzt, sofern er dies wünscht, einen persönlichen Betreuer. 25 Bewohner haben diese Hilfe bereits angenommen. 41 Haushalte suchen eine neue Wohnung. 266 Wohnungen sind jetzt im Angebot und fünf Vermittlungen haben schon stattgefunden. 121 Personen haben die 10.000 Euro-Soforthilfe in Anspruch genommen und 550.000 Euro sind bislang ausgezahlt worden. Zudem gibt es in großes Spendenaufkommen, so sind bisher 47.000 Euro auf dem Spendenkonto eingegangen. Der Ombudsmann ist bestellt, es ist Dr. Peter von Blomberg von Transparency International Deutschland.

Weiter zeigen von Verwaltungsseite aus die Schuldezernentin Agnes Klein auf, wie die Umsiedlung der betroffenen Schulen von statten gegangen ist. Prof. Georg Quander, der Kulturdezernent der Stadt führte aus, wie groß der geistige Verlust der Zerstörung des Historischen Archivs ist. Stadtdirektor Kahlen, der den Krisenstab leitet, führte aus, dass alle städtischen Dezernate, KVB, die Nord-Südstadtbahn und das Ingenieurbüro Zorn, neben Feuerwehr und Polizei vertreten sind und welche Maßnahmen ausgeführt wurden, etwa die Betroffenenveranstaltungen, oder die Information der Öffentlichkeit. Das Technische Hilfswerk wird die Unglückstelle weiter begleiten, das sei heute vereinbart worden, so der Leiter des Krisenstabes Guido Kahlen.

Jürgen Fenske: KVB wusste nichts von Brunnenproblemen
Auch für die KVB bleibt der 3.3. ein sehr trauriger Tag in der Unternehmensgeschichte, so Fenske. Der KVB-Vorstandssprecher betonte, dass die Zusammenarbeit im Krisenstab ganz hervorragend klappt. Was passiert ist sei klar, so Fenske. Die Fragen nach Ursachen, Verantwortlichkeiten und Schuld aber noch lange nicht beantwortet. Fenske machte klar, dass es sich beim Gleiswechsel Waidmarkt um ein Bauwerk mit beachtlicher Dimension handelt. Die geologische Situation war durch Gutachten vor dem Bau bekannt. Die praktische Erkundung als die Schlitzwände eingezogen wurden erfolgte beim Bau. Der Aushub des Bauwerks befand sich in der Endphase. Am 6.3. sollte die Betonverfüllung an der Sole beginnen. Die besonderen Lasten des Historischen Archivs sind berücksichtigt worden, sowohl  in der Ausschreibung, Planung und Ausführung, hielt Fenske fest. In den Schlitzwänden seien Messungen vorgenommen worden und auch die Höhen der den Waidmarkt umgebenden Gebäude seien immer wieder untersucht worden, stellte Fenske zudem fest. Am 26.1. 2009 erhielt die KVB die Auskunft, dass das Grundwasser erfolgreich abgesenkt wurde. Der KVB wurden keine Probleme mit der Wasserhaltung von den den Bau ausführenden Firmen gemeldet. Fenske stellte für die KVB klar, dass sollte es dort Brunnenprobleme gegeben haben, die KVB keine Hinweise hatte. Fenske warb um Verständnis, dass nicht alle Fragen abschließend heute beantwortet werden können, aber die KVB auch im Hauptausschuss für Fragen zur Verfügung stehe.

Für die CDU-Fraktion sprach Winfried Granitzka: Granitzka lobte die Arbeit der Rettungskräfte und nahm Kölns Oberbürgermeister Fritz Schramma in Schutz und dankte Schramma für seinen Einsatz eine „Atempause“ bei den Bauarbeiten der KVB durchzusetzen. Die KVB soll nach Meinung der CDU dort weitermachen wo es sicherheitsrelevant sei und dort stoppen wo die Sicherheit nicht bedroht sei. Zudem lobte Granitzka die Arbeit der KVB und deren Managements. Die CDU will die Arbeit der Staatsanwaltschaft abwarten und sich nicht an Spekulationen beteiligen. Statt voreilig Schlüsse zu ziehen will die CDU sich für die Rettung der Archivalien einsetzen und sich bei der Suche nach einem geeigneten Haus für die geretteten Archivalien engagieren.

Martin Börschel sprach für die SPD: “Dieses Unglück wird für viele hundert Jahre ein Zeugnis ausstellen und ich fürchte kein Gutes über unsere Zeit“, so Börschel. Die Schuldfragen müssen so Börschel im Detail, von der Staatsanwaltschaft geklärt werden. Eine Schockwelle und Verunsicherung habe die Katastrophe bei den Bürgern ausgelöst. Die Bürger stellen sich die Frage ob man heute nicht mehr in der Lage ist ein Großbauwerk sicher zu bewerkstelligen. Fragen nach dem grundsätzlichen Konsens über den Wert von Sicherheit muss umfänglich beantwortet werden, fordert Börschel. Börschel stellte die Frage ob es vor und nach der Neigung des Kirchturms den absoluten Willen der Verantwortlichen gegeben habe diesen U-Bahnbau nicht nur nach der wahrscheinlichen, sondern der höchstmöglichen Sicherheit zu Ende zu bringen. Börschel stellt die Frage nach der Verantwortung und macht klar, dass man diese Frage nicht aus den Augen verlieren werde. Mit Nachdruck machte Börschel klar, dass er den guten Ruf Kölns verteidigen werde und dass er verhindern werde, dass Köln auf dem Weg zur „rheinischen Bananenrepublik“ sei.

Jörg Frank, von den Kölner Grünen, nannte den Einsturz des Historischen Archivs ein traumatisches Erlebnis. Frank forderte alle Beteiligten auf sich ihrer Verantwortung bewusst zu sein und dafür geradezustehen. So habe zwar, ob KVB, Rat, Oberbürgermeister, eine unterschiedliche Rolle, aber jeder muss für seinen Teil Verantwortung übernehmen und der Situation angemessene Antworten geben. Frank kritisierte, dass nicht alle dieser Verantwortung nachgekommen seien. Dem Kölner Oberbürgermeister warf Frank vor durch seine öffentlichen Äußerungen hätten zu Verunsicherung beigetragen, in einem Moment als Führungsverantwortung gefragt war. Für die Grünen ist die Kernfrage ob weiterhin akute Gefahr für die Bevölkerung besteht. Frank: „Die Menschen erwarten Aufklärung, dass wir Fragen stellen und dem wollen wir als Grüne nachkommen.“

Ralph Sterck, FDP-Oberbürgermeisterkandidat, griff OB Schramma massiver an: „ Das Vertrauen in die Führung dieser Stadt ist verloren gegangen. Die Bürger erwarten, dass der Kapitän auf der Brücke ist und das Schiff durch schweres Wasser führt.“ Die FDP schlagen den Gereonshof als neue Stelle für das Historische Archiv ein.

Jörg Detjen von der Linken forderte die Überlegungen zur Ost-West-U-Bahn auf Eis zu legen. Bernd Streitberger, Baudezernent der Stadt Köln, versicherte die Machbarkeitsstudie für die Ost-West-Stadtbahn nicht in Auftrag gegeben werde.

Wer auf eine harte politische Auseinandersetzung im Kölner Stadtrat gesetzt hat, der wurde enttäuscht. Die Beantwortung der Fragen die die politischen Parteien haben, wurde auf den Hauptausschuss vertagt und die Sondersitzung ging auch mit den Verantwortlichen des eigenen Unternehmens KVB sehr sanft um. Will die Kölner Politik glaubhaft bleiben muss es noch einen politische Auseinandersetzung ohne Schmusekurs geben.

Andi Goral für report-k.de / Kölns Internetzeitung