Köln | Ist die Stimmung in Ihrer Firma seit Längerem angespannt? Kommt es häufig zu Fehlern aufgrund von Missverständnissen? Melden sich vermehrt Mitarbeiter krank oder erledigen ihre Aufgaben nur „mit halber Kraft“?  – Dann sollten Sie als Firmeninhaber es in Erwägung ziehen, die Hilfe von Spezialisten in Anspruch zu nehmen.  Report-k.de traf drei Spezialisten auf dem Gebiet der Mediaton und der Stressbewältigung,  Dr. med. Heinz Pilartz, Sabine Krause und Melanie Kohl, auf der Messe Zukunft Personal zum Interview.

Report-k: Frau Kohl, Sie sind Business Health Coach und Expertin für Stress- und Burnout-Beratung. Wie kann man als Arbeitgeber einem Burn-Out eines Mitarbeiters effektiv entgegenwirken?

Kohl: Hier gibt es zwei konkrete Handlungsfelder wo der Arbeitgeber ansetzen kann.

1.  Durch eine gute Gestaltung von Arbeitsplätzen und –aufgaben kann die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter erhalten werden und so einem Burnout vorgebeugt werden, sagt Stress- und Burnout Beraterin Melanie Kohl. Konkret bedeutet das:

Die Mitarbeiter benötigen vielfältige, abwechslungsreiche und sinnvolle Aufgaben mit unterschiedlichem Belastungsniveau. Eine Feedbackkultur sollte etabliert werden, d.h. der Mitarbeiter erhält regelmäßiges Feedback durch Vorgesetzte und Kollegen. Jeder Arbeitsplatz sollte individuelle Handlungs- und Entscheidungsspielräume bieten. Zuviel Bürokratie und Hierarchie wirken als Motivationsbremse. Sie fördern Frust und Ohnmachtsgefühle. Auch die Führungskraft spielt eine wichtige Rolle bei der Prävention von Burnout. Sie sollte einerseits gesundes Arbeiten vorleben und darüber hinaus für eine gerechte Aufgabenverteilung, Entlohnung sowie für Fairness bei Beurteilungen sorgen.

Auch die Etablierung gesundheitsbezogener Mitarbeitergespräche oder Festlegung eines individuellen Gesundheitsziels trägt zur Prävention bei Auf ein partnerschaftliches und wertschätzendes Betriebsklima sollte geachtet werden.

2. Die zweite große Stellschraube, die der Arbeitgeber nutzen können sind Präventions-Angebote, für Mitarbeiter im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung wie z. B.: Stressmanagement Seminare, Fortbildungen im Bereich Zeitmanagement und Work-Life-Balance, Business Yoga Workshops, Erhöhung der Problemlöse-Kompetenz und Konfliktbewältigung durch gezieltes Training, sowie Coachings und Trainings von Führungskräften zur gesundheitsorientierten Führung.

Angesichts der Steigerung Burnout Fälle sollten Unternehmen offen mit der Burnout-Thematik umzugehen. Eine bewährte Praxis ist es einen Leitfaden zu entwickeln, wie innerbetrieblich mit Burnout umgegangen werden soll. Im Idealfall sollte ein Netzwerk mit qualifizierten Kooperationspartnern aufgebaut werden, damit Mitarbeitern im Bedarfsfall eine Soforthilfe angeboten werden kann.

Report-k: Viele Mitarbeiter „leiden still“. Gibt es spezifische Symptome, an denen man ein drohendes Burn-Out an seinen Mitarbeitern feststellen kann?

Kohl: Burnout ist ein schleichender Prozess, der in verschiedenen Phasen abläuft. Typische Anzeichen sind, wenn sich Missverständnisse häufen, die Kommunikation extrem schlecht wird. Die Fehlerhäufigkeit nimmt zu. Die Mitarbeiter zeigen erhöhtes Engagement und arbeiten länger bis in den späten Feierabend hinein, aber es kommt zu keinem nennenswerten höheren Output

Aufmerksam sollte man auch werden, wenn der Mitarbeiter seine Aufgaben und Termine im Kalender häufig auf die nächsten Wochen verschiebt. Deutliche Anzeichen sind auch wenn ein Mitarbeiter über einen längeren Zeitraum erschöpft wirkt. Er klagt häufig über körperliche Beschwerden wie z.B. Schlafprobleme, Dauer Erkältungen für die der Arzt keine Ursache findet Das Kommunikationsverhalten ändert sich bei Betroffenen.. Meist sind die Mitarbeiter frustriert, schnell gereizt oder zynisch, sagt Melanie Kohl.

Report-k: Sollte es doch zum Burn-Out gekommen sein – welche Maßnahmen sind zu ergreifen, um Mitarbeiter nach dem Burn-Out wieder im Betrieb zu integrieren?

Kohl: Wenn ein Mitarbeiter nach einem Burnout wieder in das Unternehmen zurückkehrt, erfordert es besondere Sensibilität, sowohl bei der Personalabteilung als auch bei den Führungskräften. Nach längeren krankheitsbedingten Fehlzeiten sollte Burnout-Betroffene über das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) wieder ins Berufsleben einsteigen. Als Führungskraft sollten Sie den Mitarbeiter nicht wie einen „Kranken“ behandeln. Ein klarer und respektvoller Umgangston und regelmäßige Mitarbeitergespräche geben ihm Sicherheit.

Langfristige Veränderungen für einzelne Mitarbeiter sind nur dann nachhaltig, wenn das Team einer Abteilung mit einbezogen wird. Dabei ist in Bezug auf Mitarbeiter, die bereits einen Burnout erlebt haben ein vertraulicher Umgang mit sensiblen Informationen sehr wichtig. Wenn Informationen an die Kollegen weitergegeben werden, dann nur nach Rücksprache. Ansonsten gilt für die Kommunikation mit dem Team: so wenig Information wie möglich, so viel Information wie nötig

Report-k: Frau Krause, Sie sind Expertin für Coaching und Mediation. Was sind Ihrer Erfahrung nach die häufigsten Ursachen für Konflikte am Arbeitsplatz?

Krause: Wenn wir an Kommunikation denken, haben wir ja oft dieses Schlagwort aus der Öffentlichkeitsarbeit: Tu Gutes und sprich darüber! Das verbinden viele mit Kommunikation: Also, dass ich etwas Gutes mache und dann auch darüber rede. Nur ganz so einfach ist das nicht. Es geht vor allem darum, Gutes zu tun und Gutes zu sehen, auch in Richtung Wertevermittlung, aber es so zu formulieren, dass es nicht von oben herab ist.

Ich denke da beispielsweise an ein Lob. Wann haben Sie das letzte Mal ein Lob für Ihre Arbeit bekommen? In einem Lob die Wertschätzung zu kombinieren, das heißt also eine Verbindung zu den eigenen Wertschätzungen zu schaffen, da fängt es schon an. Alleine ein Lob auszudrücken, ist sehr schwierig auf einer anderen Ebene. Wenn ich also ein Lob präzisiere, sage, was mir an der Arbeit gefallen hat, für die ich jemanden Lobe, kann derjenige etwas damit anfangen.

Über Gutes und auch Schlechtes im Berufsalltag zu sprechen ist oftmals schwierig, wird häufig verdrängt weil es vielen unangenehm ist. Und dort ist ein Ansatz, an dem wir Mediatoren beginnen.

Report-k.de: Wo setzt Ihre Mediation in Wirtschaftsunternehmen an? Was sind die ersten Maßnahmen, die Sie ergreifen, wenn ein Unternehmen Sie um Hilfe bittet?

Krause: Wenn wir Mediatoren gerufen werden, dann brennt die Hütte. Keiner weiß mehr weiter und großes Chaos herrscht vor, sprich: große Unsicherheit und große Irritation. Und da ist es erst einmal wichtig, mit den Mitarbeitern zu besprechen, ob sie überhaupt an einer Mediation teilnehmen möchten. Denn nicht jeder möchte seine Probleme mit Frau oder Herrn XY teilen. Also haben wir so etwas wie eine Vorphase. Ich spreche noch nicht von Mediation. Es geht erst einmal darum, davor das Vertrauen zu gewinnen. Ich praktiziere es sogar soweit, dass ich vorher eine kleine Infoveranstaltung organisiere, und die Medianten erst einmal darüber aufkläre wer ich bin und was Mediation bedeutet und sie dann frage, ob Mediation das richtige Verfahren für sie ist und ob sie diese auch mit mir durchführen möchten. Mir ist auch sehr damit geholfen, wenn sie sich für Mediation entscheiden, aber auch Wünsche formulieren wie: Vielleicht hätten wir dafür lieber einen Mann bzw. eine andere Person. Die Chemie zwischen den Medianten und dem Mediatoren muss stimmen, ist entscheidend für den Erfolg. Mediation baut in erster Linie auf Freiwilligkeit auf.

Dann kommt es zur eigentlichen Mediation. Ziel dabei ist es, Fakten auf den Tisch zu bringen, Rahmenbedingungen zu schaffen, gegenseitiges Verständnis aufzubauen. Anschließend geht es dann idealerweise weiter mit Vereinbarungen zu treffen, sodass sich jeder mit seinen Bedürfnissen dort wiederfindet auch mit Vereinbarungen und auch Übereinkünften, was passiert, wenn sich jemand nicht an die Vereinbarungen hält.

Wir sprechen da von einem Nadelöhr. Wenn das Verständnis aufgebaut ist zwischen den Mediatnen . Wenn der Mediant durch dieses Nadelöhr durchgegangen ist, dann geht die Lösungsphase mitunter von alleine und ohne weiteres Zutun des Mediators vonstatten, denn wir sind ja lediglich Modellierer, Strukturierer und Vermittler. Aber wir sind nicht für die Inhalte zuständig.

Report-k: Worin besteht für Sie der Hauptunterschied zwischen Mediation einerseits und Coaching andererseits? Wann kommt was zum Einsatz?

Krause: Grundsätzlich ist zu unterscheiden: Werde ich als Mediatorin gerufen, mache ich kein Einzelcoaching, ansonsten bin ich nicht mehr neutral. Stelle ich starke Probleme fest, ziehe ich mitunter Kollegen hinzu, die dann zusätzlich ein Coaching übernehmen, um einzelne Personen soweit zu stützen und aufzubauen, dass sie an einer Mediation teilnehmen können.

Dann kann ich noch unterscheiden zwischen Einzelgesprächen im Mediationsverfahren und reinem Coaching. Dort arbeite ich mit den einzelnen Medianten einzig daran, ihm die Scheu davor zu nehmen, sich im Mediationsverfahren anderen gegenüber zu öffnen oder es werden bestimmte Dinge geklärt, die die anderen nicht mitkriegen sollen, etwa dann wenn es um lange zurückliegende Zwistigkeiten zwischen einzelnen Mitarbeitern auf privater Ebene geht. Coaching heißt, Kompetenzen zu stärken und zu festigen und auszuweiten.

Wenn ich von Wirtschaftsunternehmen gerufen werde, ist es auch häufig der Fall, dass von Team-Coaching und nicht von Mediation gesprochen wird. Aus Erfahrung sage ich, es gibt immer eine Mischung aus den beiden. Und das finde ich, ist das wichtigste. Wenn ich als Mediatorin vor der Gruppe stehe und merke, dass es nicht weiter geht, dann mache ich mitunter auch Coaching-Einheiten, etwa zum Thema Kommunikation. Auf diese Weise können tiefer Sitze Probleme in der Gruppe oft gelöst werden.

Report-k: Herr Dr. Pilartz, Sie verbinden bei Ihrer Arbeit Mediation mit Elementen aus der Medizin? Wie hat man sich das konkret vorzustellen?

Pilartz: Wie Computer bestehen auch Menschen aus Hardware und Software. Aber nur mit einem Computer alleine kommt man nicht weiter, man hat auch noch seine Netze – Facebook, Twitter, Google und Co. Hardware entspricht dem Körper, der Organik. Leber kaputt: zu viel gesoffen. Software hingegen entspricht im Grunde genommen der psychischen Situation eines Individuums, das virtuelle Netz wiederum entspricht unseren Netzen in der Realität. Egal auf welcher Ebene ich mich in einer körperlichen Angelegenheit nicht wohl fühle, alles hat mit allem etwas zu tun und alles beeinflusst das andere auch. Insofern spreche ich nicht nur von körperlicher und psychischer Gesundheit sondern auch von sozialer Gesundheit. Wenn ich mich in einem Umfeld befinde, in dem ich ständig Sorgen, Ärger, Stress habe, führt das auch zu einer Form von Krankheit. Oder wenn ich meinem Team jemanden habe, der den Team-Zusammenhalt immer wieder stört, dann führt derjenige dazu, dass dieses Team im Grunde genommen in seiner Gesamtheit sozial krank ist.

Und an dieser Stelle möchte ich auch über das Medizinische hinausgehend auf die Mediation zurückgreifen. Denn ich greife am Konflikt an. Ein Arbeitgeber kann vielleicht nicht viel für die körperliche Gesundheit seiner Mitarbeiter tun, wohl aber für die soziale Gesundheit. Und genau an der Stelle fügen sich beide Dinge gut zusammen.

Report-k: Wie beeinflusst Stress unseren Körper? Welche typischen Symptome gibt es, an denen ich bei einem Mitarbeiter Stress feststellen kann?

Pilartz: Hier gilt es zwischen zwei Modi zu unterschieden: Es gibt den Konzeptmodus oder auch Leistungsmodus und es gibt den Überlebensmodus beim Menschen. Wenn ein Mitarbeiter im Konzept- oder Leistungsmodus ist, ist er entspannt, kreativ, zufrieden, leistungsorientiert, verlässlich weil es ihm im Grunde genommen gut geht, er deshalb seinen Kopf frei hat und sich auf seine Arbeit voll konzentrieren und einbringen kann.

Befindet er sich hingegen im Überlebensmodus, eigentlich im Stress, gibt es irgendetwas, das seinen Organismus stört. Das können verschiedene Dinge sein: etwa die Zusammenarbeit mit den Kollegen, die kranke Mutter zu Hause oder auch Schulden. Alle Störfaktoren können zu Stress führen und dieser wiederum führt dazu, dass unser Gehirn auf einen anderen Modus umstellt, den Überlebensmodus. Je stärker der Stress, umso mehr muss ich dafür sorgen, zu überleben. Es geht bei diesem sehr instinktiv geprägten Modus nur darum, das eigene Leben zu retten, und hierfür brauche ich nicht mehr groß nachzudenken. Das Denke fällt weg, im Extremfall wird im extrem starken Stress die Großhirnrinde abgestellt, d.h. man kann in diesem Zustand nicht mehr reflektieren.

An dieser Stelle ist der Begriff Stress eine Angelegenheit zwischen organischen Reaktionen unseres Gehirns und sozialen Anpassungsreaktionen im gesellschaftlichen Zusammenhang.

Report-k: Ist Stress am Arbeitsplatz grundsätzlich als negativ zu bewerten?

Pilartz: Ja. Es gibt überhaupt keine Frage: Stress muss weg. Denn wenn ich einen Mitarbeiter haben will, der effizient, ideenreich, freundlich und zugewandt arbeiten soll, muss ich verhindern, dass er im Stress ist. Im Stress geht so etwas nicht – biologisch ausgeschlossen.

Das heißt, wenn ein Unternehmer oder ein Unternehmen eine gute Mitarbeiterschaft haben will, die in seinem Sinne gut funktioniert, muss es dieser Mitarbeiterschaft im Sinne von allgemeinem Wohlbefinden gut gehen. Jemand, der sich wohlfühlt, wird nicht hingehen und einen neuen Arbeitsplatz suchen. Wenn es ihm gut geht, braucht er das nicht. Andererseits führen Dinge wie permanenter Leistungsdruck, ständige Erreichbarkeit und auch schlechte Bezahlung dazu, dass Mitarbeiter schlecht werden. Insofern tut es jeder Unternehmer in seinem Sinne gut, wenn er dafür sorgt, dass es seinen Mitarbeitern gut geht. Hierzu gehören auch Maßnahmen wie Konfliktmanagement, auch jede Form von körperlicher oder auch gesundheitlicher Unterstützung. Kurz: Geht es den Mitarbeiterschaft gut, funktioniert sie auch besser.

Report-k dankt Ihnen allen für das Interview.
 

Dr. med. Heinz Pilartz    www.forum-M-pilartz.de

Sabine Krause              www.KrauseMediation.de

Autor: dd
Foto: Sabine Krause Dr. Heinz Pilartz auf der Messe Zukunft Personal.