Köln | Am gestrigen Nachmittag brannte im Shell-Werk Wesseling eine Olefinproduktion annähernd sieben Stunden. Report-K.de bat die Bezirksregierung und das Unternehmen Shell um eine Stellungnahme. Auch der BUND hat sich mittlerweile geäußert.

Bezirksregierung Köln: Betroffene Anlage wird bis auf weiteres nicht wieder in Betrieb genommen

Die Bezirksregierung bestätigt, dass um 14:20 Uhr sich in der sogenannten Olefinanlage ein Brand ereignet hat. Die Feuerwehren der Shell Wesseling und Godorf sowie im Rahmen der bestehenden Feuerwehrkooperation auch die Feuerwehr der Basell seien im Werk im Einsatz gewesen. In der Folge wurde eine D3-Meldung herausgegeben. Die Feuerwehren in Wesseling und im Rhein-Sieg-Kreis haben Erkundungen auf Schadstoffe durchgeführt. Schadstoffe wurden jedoch nach den bisher vorliegenden Informationen nicht festgestellt. Bei dem Brand wurde niemand verletzt.

Die Anlage wurde nach dem Brand komplett außer Betrieb genommen und wird bis auf weiteres auch nicht in Betrieb genommen. Die Ursache des Brandes muss ermittelt werden. Hierzu wird die Bezirksregierung eine umfassende Sachverständigenuntersuchung nach § 29a BImSchG anordnen. Erst dann können weitere Festlegungen und Bewertungen getroffen werden, so Sprecherin Freia Johannsen von der Bezirksregierung Köln. Zur Sicherheit bei der Shell Rheinland Raffinerie teilte die Bezirksregierung weiter mit: „Nach einer Reihe von Zwischenfällen bei der Rheinland Raffinerie in den Jahren 2012 und 2013 hatte ein Gutachterteam nach Anordnung durch die Bezirksregierung das Sicherheitsmanagementsystem der Raffinerie in seiner Gesamtheit von Mai 2014 bis März 2015 untersucht. Die Gutachter kommen zu dem Ergebnis, dass das Sicherheitsmanagementsystem und die Sicherheitsberichte den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Die Überprüfung der Sicherheitsmanagementsystems der Rheinland Raffinerie hat außerdem ergeben, dass die technische und personelle Ausstattung der Werksfeuerwehr den Anforderungen entspricht und sich bei Ereignissen bewährt hat. Im Gutachten werden insgesamt 63 detaillierte Verbesserungsvorschläge formuliert, die über die rechtlichen Mindestanforderungen hinausgehen. Die Bezirksregierung hat Shell aufgefordert, bis zum Sommer ein Konzept zur Umsetzung der Maßnahmen zu erarbeiten. Die Bezirksregierung hatte in den letzten Jahren bereits Verbesserungen insbesondere im Rohrleitungsmanagement veranlasst und mit Ordnungsverfügungen durchgesetzt.“

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Interview mit der Shell Rheinland Raffinerie zum Störfall am 10.5.2015 im Werk Wesseling

Constantin Graf von Hoensbroech, Pressesprecher Shell Rheinland Raffinerie, beantwortete schriftlich, wie von der Redaktion von report-K.de gebeten, die Anfrage zum Störfall am 10.5.2015.

Report-K.de: Wann haben Sie in welcher Reihenfolge welche Behörden über den Störfall informiert?

Constantin Graf von Hoensbroech: Alle relevanten Behörden sind unmittelbar nach Ausbruch des Brandes um 14.20 Uhr informiert worden. Im Laufe des Nachmittags haben die Behörden zwei weitere Meldungen erhalten.

Zu welchem Zeitpunkt wurden Sirenen ausgelöst, wo und wie oft?

Diese Frage richten Sie bitte an die zuständigen Stellen der Alarm- und Gefahrenabwehr. Die Rheinland Raffinerie ist nicht für das Auslösen von Sirenenalarm außerhalb des Werkgeländes zuständig.

Wie und wann wurden von Ihnen die Medien informiert?

Mittels Pressemitteilungen per Email um 16.02 und 18.08 Uhr sowie 19.25 und 21.32 Uhr.

Es brannte nach Ihrer Aussage in einer Olefinproduktion zur Herstellung für Ethylen und Propylen. Wann wurde diese Anlage zum ersten Mal in Betrieb genommen?

Die Anlage wurde 1971 in Betrieb genommen. Die Regelwerke für den Betrieb der Anlage sind die Betriebssicherheitsverordnung sowie die Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (VaawS).

Wann fand die letzte Wartung statt?

Alle Anlagen, die eine entsprechende Betriebsgenehmigung haben, werden regelmäßig entsprechend der gesetzlichen Regelwerke in turnusgemäßen Abständen gewartet. Welche? Die letzte planmäßige Wartung dieser Anlage fand im Rahmen des TÜV-Anlagenstillstands statt. Die Anlage wurde Mitte September außer Betrieb genommen und Mitte Januar 2015 wieder angefahren.

Welche Stoffe können bei einem Störfall in dieser Anlage freigesetzt werden und wie schätzen Sie deren Giftigkeit ein? Bitte beziehen Sie ihre Antwort auch auf die verschiedenen Phasen eines Brandes, also bei Vollbrand und wenn die Temperatur sinkt durch die Löscharbeiten.

Es handelte sich um einen Brand, der in einem Ofen der Olefinanlage ausgebrochen war. Die Berufsfeuerwehren haben Umweltmessungen im Umfeld der Raffinerie durchgeführt und keine Emissionsüberschreitungen gemessen.

Welche Schadstoffe wurden von der Werkfeuerwehr im direkten Umfeld des Brandes gemessen?

Die Messungen der Werkfeuerwehr werden ausschließlich auf dem Werksgelände und nicht im Umfeld gemessen.

Wurden Messungen auf dem Werksgelände an verschiedenen Punkten vorgenommen? Welche Werte wurden ermittelt?

Die zuständige Behörde ist die Bezirksregierung Köln. Wir haben unsere Messergebnisse der Bezirksregierung Köln übermittelt.

Das Löschen des Brandes dauerte rund sieben Stunden. Worin lagen die Schwierigkeiten und besonderen Herausforderungen bei der Brandbekämpfung?

Durch den Brand an einem Ofen hatte sich erhebliche Hitze gebildet. Die Werkfeuerwehr hat die Löscharbeiten eingeleitet und zugleich die betroffenen Anlagenteile gekühlt.

Wann werden Sie die Anlage wieder in Betrieb setzen?

Das ist derzeit nicht abzusehen.

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BUND fordert Aufklärung und nachvollziehbare Ursachenanalyse

Der BUND Nordrhein-Westfalen fordert das Unternehmen Shell auf, den Fachbehörden und der Öffentlichkeit gegenüber zügig eine nachvollziehbare Ursachenanalyse für den neuerlichen Störfall vorzulegen. Paul Kröfges, Chemie- und Wasserexperte des BUND NRW hierzu: „ Die sonntägliche Explosion mit erheblicher Qualm – und Rußbelastung und stundenlanger Brandbekämpfung, die angeblich mal wieder keine Auswirkungen auf Mensch und Umgebung hatte, sehen wir als Desaster und entscheidende Bewährungsprobe für Shell an.“ Wenn erkennbar werde, dass rechtzeitige Konsequenzen aus den Empfehlungen des Sicherheitsgutachtens versäumt, an der falschen Stelle gespart, Mitarbeiter überfordert wurden, d.h. alte Fehler immer noch wirksam seien, dann müsse auch wieder die Frage nach der Betreiberzuverlässigkeit entsprechend Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) gestellt werden, so eine Forderung des BUND, der weiter formuliert: „Ein weiteres Handeln nach dem Motto „Wenn‘s knallt, wird repariert“ kann nicht mehr akzeptiert werden.“

Zu klären, so der BUND, sei auch der exakte Ablauf der Risikokommunikation mit der Öffentlichkeit, der in der Vergangenheit Anlass für erhebliche Kritik war, die sich auch im Sicherheitsgutachten wiederfand. Hier habe Shell mehrfach Besserung gelobt, aber auch diesmal bestehe der Eindruck, dass Alarmierung und Information der Allgemeinheit zu lange auf sich warten ließ und erste Aussagen widersprüchlich und chaotisch waren. Der BUND stellt auch die Frage welche Art von Löschschaum Shell in den genannten Mengen (14.000 Liter) eingesetzt hat und ob wieder PFC Belastungen zu befürchten seien.

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Kommentar zur Kommunikation: Was Hännschen nicht lernt…

Autor: Andi Goral
Foto: Der Störfall in der Olefinproduktion bei der Shell Rheinland Raffinerie