Köln | Die Handwerkskammer zu Köln (HWK) präsentiert am heutigen Donnerstag ihren Konjunkturbericht für den Herbst 2017. Daraus geht hervor, dass 56 Prozent aller an der Umfrage teilnehmenden Kölner Betriebe ihre derzeitige Geschäftslage mit „gut“ bewerten. 36 Prozent schätzen ihre Situation im Herbst 2017 als „befriedigend“ ein. Acht Prozent bezeichnen ihre Situation als „schlecht“. 625 Handwerksunternehmen aus allen Teilen der Region Köln-Bonn haben sich an der Umfrage der Kammer beteiligt.

Bereits im vergangene Herbst 2016 ermittelte die HWK ihre Umfrage zur Wirtschaftslage ein Allzeithoch im Konjunkturklima. Das selbe gilt für dieses Jahr, so Dr. Ortwin Weltrich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer zu Köln. Das gute Ergebnis aus dem letzten Jahr mit 55 Prozent, ist nochmals geringfügig überboten worden. Aufgrund des positiv laufenden Wirtschaftsverlaufes rechnet Dr. Weltrich auch bei der Umsatzprognose für das laufende Jahr mit einem Umsatzplus von drei Prozent. Grund dafür sei, dass viele Handwerksunternehmen mit Blick in die Zukunft optimistisch gestimmt sind. So erwarten mehr als zwei Drittel eine gleichbleibende Entwicklung, 21 Prozent rechnen in den kommenden Monaten mit einer nochmaligen Verbesserung der Geschäftslage des Betriebs und zehn Prozent befürchten eine Verschlechterung.

Spitzenplatz belegen Installateur- und Heizungsbauerhandwerk

Die Träger des aktuellen Konjunkturhochs sind vor allem Bau- und Ausbaugewerbe, sagt Dr. Weltrich. 66 Prozent der Betriebe stufen ihre Geschäftslage als gut ein.

Den Spitzenplatz belegen, so Dr. Weltrich, das Installateur- und Heizungsbauerhandwerk. Drei Viertel der Unternehmen aus dieser Branche sprechen von guten Geschäften.

Eine konjunkturelle Hochstimmung prägt auch große Teile des Tischler- und des Elektrohandwerks. Auch das Bauhauptgewerbe: 58 Prozent der Dachdeckerbetriebe, 71 Prozent der Straßenbau- und 63 Prozent der Hochbaufirmen (Maurer und Betonbauer) teilen mit, dass die Geschäftslage gut ist.

Dieselskandal führt zur Zurückhaltung beim Kauf von Dieselfahrzeugen

Die konjunkturelle Einschätzung bei den Kfz-Betrieben sieht etwas anders aus. Wegen den Skandals bei den Dieselmotoren bekommen die Autohäuser die Zurückhaltung beim Kauf von Dieselfahrzeugen zu spüren. Dr. Weltrich fasst zusammen: Dennoch sollen 31 Prozent der befragten Betriebe aus dem Kraftfahrzeugtechnik-Handel die aktuelle Geschäftslage als gut bewertet haben. Für 54 Prozent ist sie befriedigend. 15 Prozent vergeben die Note „schlecht“.

Bau- und Ausbauberufe beklagen derzeitige Geschäftslage

In dieser Gruppe, bei der mehr als die Hälfte der befragten Betriebe aus dem Friseur- und Kosmetikergewerbe kommt, spricht jeder vierte Betrieb von einer schlechten Geschäftslage. „Auf dem Friseurmarkt nimmt seit zehn Jahren die Zahl der Anbieter stark zu, bei tendenziell stagnierender Nachfrage. Das erschwert es den vielen Kleinbetrieben, auskömmliche Preise zu erzielen“, befürchtet Dr. Weltrich. Auch die Entwicklung am Lehrstellenmarkt ist für das Friseurhandwerk derzeit nicht zufriedenstellend: In den vergangenen zwölf Monaten wurden in der Region Köln-Bonn 456 neue Ausbildungsverträge für die Ausbildung zum Friseur abgeschlossen, das ist ein Rückgang von elf Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.

Lehrstellenbilanz

Vom 1. Oktober 2016 bis 30. September 2017 haben die Unternehmen im Kammerbezirk Köln 4.992 Ausbildungsverhältnisse neu abgeschlossen, das ist ein Plus von 3,8 Prozent, erklärt Dr. Weltrich. Dennoch, mittel- und langfristige Perspektiven bleibt die Sicherung des Fachkräftenachwuchses eine große Herausforderung für die Unternehmen, fasst der Hauptgeschäftsführer der HWK zusammen. Grund dafür: Seit dem Frühjahr hat sich die Nachfrage der Unternehmen nach Arbeitskräften belebt. 21 Prozent der Betriebe beschäftigen inzwischen mehr Mitarbeiter als noch im Frühjahr, in 13 Prozent der Betriebe war die Zahl der Beschäftigten rückläufig. 66 Prozent der Befragten Unternehmen teilten mit, dass der Umfang der Belegschaft seit dem Frühjahr unverändert geblieben ist.

Dr. Weltrich appelliert an die Stadt Köln

Eigentlich hatte die HWK gehofft, auf dem Gelände des früheren Güterbahnhofs Mülheim, ein Handwerkshof etablieren zu können. Arbeitsplätze sollten hier geschaffen werden, vor allem für Jugendliche, sagt Dr. Weltrich. Doch die Idee des Handwerkshofs hat sich zerschlagen. Auf dem ehemaligen Gelände des früheren Güterbahnhofs Mülheim soll sich jetzt eine Versicherungzentrale ansiedeln. Da der Versicherungskonzern dort lediglich seine Bonner und Kölner Standorte zusammenführen will, entstehen für die Kölner hier keine weiteren Arbeitsplätze, erklärt Dr. Weltrich.

Um so mehr sei die Stadt Köln nun gefordert, neue Standorte zu entwickeln, mit flexiblen Grundstücksgrößen, entsprechend dem sich schnell ändernden Bedarf von kleiner und mittlerer Unternehmen, betont Dr. Weltrich. Hierbei sei eine enge Zusammenarbeit zwischen der Stadtentwicklungsplanung und der Wirtschaftsförderung erforderlich. Aus diesem Grund „sehe ich Modelle, die die kommunale Wirtschaftsförderung außerhalb der Stadtverwaltung in privatwirtschaftlicher Form organisieren wollen, eher skeptisch“, so Weltrich. Aber wenn dennoch die Wirtschaftsförderung der Stadt Köln auf eine GmbH verlagert werden sollte, dann müsste die Gemeinwohlorientierung weiterhin gewährleistet sein. Für die Handwerkskammer sei es nicht akzeptabel, wenn Anteile einer solchen GmbH von Privatfirmen gehalten werden. Wenn einige wenige Großunternehmen die Anteilseigner sind, dann kann die städtische Wirtschaftsförderung „nicht mehr unabhängig agieren, dann werden die Interessen der kleinen und mittleren Unternehmen zu kurz kommen“. Statt einer solchen privatwirtschaftlichen Lösung plädierte Weltrich für die Schaffung eines Beirats, der Impulse und Anregungen aus der Wirtschaft in die städtische Wirtschaftsförderung einbringen sollte – einem solchen Beirat könnten neben Vertretern der Kammern und Wirtschaftsorganisationen auch Unternehmer aus Firmen ganz unterschiedlicher Branchen und Unternehmensgrößen angehören.

Autor: Irem Barlin