Das neue digitale System des Tüv Rheinland erkennt, dokumentiert und bewertet die Folgen von Unwettern. Es ist aber auch bei Leasingrückläufern oder Mietwagen einsetzbar.

Köln | Etwa 30 bis 45 Sekunden dauert es, bis der Hagelschaden-Scanner des Tüv Rheinland die Folgen des Unwetters auf der Karosserie des ziemlich mitgenommenen Wagens im Auftrag der Versicherungen erkennt, dokumentiert und bewertet. Ein Sachverständiger würde dafür etwa eine halbe Stunde brauchen.

Zum Einsatz kommt die neue Technologie, nachdem der Tüv Rheinland das Bochumer Start-up Adomea und sein Miko-System übernommen hat. „Diese Technik ist Teil unserer Digitalisierungsstrategie und treibt als Motor und Herz diese nach vorne. Wir haben international nach Systemen gesucht und mit dieser Technologie das beste gefunden. Jetzt werden wir weiter daran arbeiten, unsere Dienstleistungen zu digitalisieren“, sagt Matthias Schubert, bei Tüv Rheinland weltweit verantwortlich für das Mobilitätsgeschäft.

Miko steht als Abkürzung für „Mobiles Identifikationssystem für Kraftfahrzeugoberflächen“ und erstellt ein vollständiges und detailgenaues Abbild der Außenhaut eines Fahrzeugs. Erkannt werden Dellen genauso wie Kratzer, Lackabplatzer oder Verätzungen durch Vogelkot. Eingesetzt wird dabei die sogenannte Streifenreflexionstechnik: Befindet sich das Fahrzeug im Scanner, werden die Spiegelungen von Mustern auf der gesamten Oberfläche beobachtet. 16 Kameras erfassen, wie sich die Spiegelungen auf der Karosserie verändert. Daraus bestimmt das System die Oberflächennormale und leitet dann die lokale Oberflächenkrümmung ab. So können auch kleinste Abweichungen erkannt und erfasst werden. Die Daten werden dann automatisch kategorisiert und bewertet.

Das neue System soll laut Tüv die Sachverständigen nicht überflüssig machen, die bislang manuell mit ihrem Erfahrungsschatz Schäden untersucht und bewertet haben. Diese könnten sich künftig verstärkt auf andere Bereiche wie Schäden im Innenraum, die Untersuchung des elektronischen Systems sowie die Überprüfung von durchgeführten Wartungen und Reparaturen konzentrieren. Auch die Beratung von Kunden würde so mehr in den Fokus rücken.

Weitere Einsatzmöglichkeiten wären auch die Untersuchung von Fahrzeugen bei Leasingrückläufern, Mietfahrzeugen oder Neuwagen nach dem Transport zum Autohändler. Aktuell sind in Europa fünf und in den USA sechs der transportablen Systeme im Einsatz, der Anschaffungskosten im niedrigen sechsstelligen Bereich liegen. Künftig gibt es laut dem Tüv das Potenzial für mehrere 100 Systeme alleine in Deutschland.

Das Geschäftsfeld Autoservices und Gutachten erwirtschaftete mit 550 Mitarbeitern und 400 Franchisepartnern im Vorjahr einen Umsatz von knapp 80 Millionen Euro. Schwerpunkt des Geschäfts ist der deutsche Markt. Die Hauptkunden sind Fahrzeughersteller, Autohaus-Gruppen, Versicherungskonzerne und Fahrzeugleasingunternehmen.

Autor: Von Stephan Eppinger