Dr. h.c. August Reichensperger (geb. Koblenz 1808, gest. Köln 1895) zählte zu den einflussreichsten Rheinländern des 19. Jahrhunderts – als Jurist, Publizist, Kunstkenner und katholischer Politiker. Noch aus Koblenz rief er zur Vollendung des Kölner Doms auf, von Köln aus, wo er am Appellationsgerichtshof tätig war, warb er europaweit für die Neugotik. Als Reichstagsabgeordneter und Mitbegründer der Zentrumspartei wirkte er in Berlin. Daneben blieb er immer mit Leib und Seele Rheinländer.

Reichensperger und die Politik

Reichensperger entstammte einer liberal-katholischen Koblenzer Juristenfamilie. 1831 begann er seine berufliche Laufbahn als Jurist am Landgericht Koblenz, zuletzt war er Landgerichtsrat am Kölner Appellhof. Schon 1834 kritisierte er die Absichten der preußischen Regierung, den Code Civil durch das veraltete Allgemeine Preußische Landrecht zu ersetzen. Die "Kölner Wirren" und in deren Folge die Festnahme des Kölner Erzbischofs durch die preußische Regierung führten ihn auf die Seite des politischen Katholizismus. Er selbst zählte sich zu den "Ultramontanen", die streng an Rom ausgerichtet waren.

Mitglied der Nationalversammlung

Die Revolution von 1848/49 bot auch Reichensperger eine Chance, im politischen Leben eine Rolle zu spielen. Der Kreis Euskirchen – Bergheim – Köln/Land entsandte ihn in die Frankfurter Nationalversammlung, wo er sich der "Casinofraktion", der Partei der rechten Mitte, anschloss. Er verfocht die großdeutsche Idee und nahm Einfluss auf den Teil der Verfassung, der das Verhältnis von Staat und Kirche regelte. Die Unabhängigkeit aller Kirchen vom Staat findet sich in sämtlichen späteren deutschen Verfassungen wieder.

1851 ließ er sich in die zweite preußische Kammer wählen. Hier begann nun seine glänzendste Zeit als Parlamentarier. Zusammen mit seinem jüngeren Bruder Peter gründete er die "katholische Fraktion", aus der 1859 das "Zentrum" hervorging. Gemeinsam mit seinen Fraktionskollegen votierte er zunächst gegen die Sozialistengesetze, 1884 aber änderte er seine Meinung, um die "Christenseelen" vor den "Verführungskünsten der Sozialisten" zu bewahren.

Schon in jungen Jahren regte sich sein Interesse für mittelalterliche Baukunst, besonders für die Gotik, die er für eine "autochthone" deutsche Kunst hielt. Über 60 Jahre hinweg engagierte sich August Reichensperger für die Vollendung des Kölner Doms. Dabei stritt er engagiert für die Rückbesinnung auf die vorreformatorische gotische Architektur als Richtschnur für die Kunst seiner Zeit – die mittelalterliche Stilrichtung wurde nach dem Motto "Gotik gegen Bismarck!" zum Kampfinstrument gegen den Zeitgeist.

Ausstellung dokumentiert Leben und Wirken

In einer gemeinsam mit dem Mittelrhein-Museum Koblenz und der Kölner Dombauverwaltung erarbeiteten Ausstellung dokumentiert das Kölnische Stadtmuseum vom
10. Dezember 2005 bis zum 19. Februar 2006 Leben und Wirken von August Reichensperger. Porträts, Kunstgewerbe, Architekturentwürfe etc. veranschaulichen auch seine Aktivitäten in Hinblick auf den Weiterbau des Kölner Doms. Mit der Schau erinnern die Städte Köln und Koblenz zugleich an den 110. Todestag ihres Ehrenbürgers.

Öffnungszeiten: Das Kölnische Stadtmuseum hat dienstags von 10 bis 20 Uhr und mittwochs bis sonntags von 10 bis 17 Uhr geöffnet, am 24., 25., 31. Dezember und 1. Januar ist es geschlossen. Der Eintritt für die Sonderausstellung kostet drei, ermäßigt 1,50 Euro, das Kombiticket, das auch zum Besuch der ständigen Sammlung berechtigt, 4,70, ermäßigt 3,20 Euro. Ein Katalog ist zum Preis von vier Euro erhältlich.