Das Pressefoto der NRW CDU zeigt Mona Neubaur und Hendrik Wüst mit einem Exemplar des heute vorgestellten Koalitionsvertrages in NRW. | Foto CDU NRW/Paul Schneider

Köln | aktualisiert | Koalitionsvertrag war gestern – heute heißen diese Dokumente „Zukunftsvertrag“. 148 Seiten haben CDU und Grüne zusammengeschrieben und stellten diese heute vor. Damit schließen die beiden Parteien ihre Koalitionsverhandlungen ab und gehen in die Debatte mit ihren Parteien. Es gibt bereits erste Reaktionen.

Inhaltliche Auszüge und eine Zusammenfassung der Koalitionsvereinbarung von CDU und Grünen also dem „Zukunftsvertrag für Nordrhein-Westfalen“ finden Sie hier:

Am Samstag, 25. Juni, legen die Verhandlungsgruppen und Verhandlungsführer*innen Hendrik Wüst und Mona Neubaur ihren Parteien das Papier vor. Die Gespräche sind jetzt abgeschlossen. Beide Seiten sprechen von einem gewachsenen Vertrauen und gegenseitigem Verständnis. Beide Seiten könnten sich in dem Vertrag wiederfinden. Dabei mussten gerade die Grünen beim Thema Innere Sicherheit gleich mehrere Kröten schlucken und die Law- and Order Hardliner der CDU setzten sich durch. Wie bei der Parteibasis und vor allem der grünen Jugend in NRW die Passage zum Versammlungsgesetz ankommt, um nur einen Knackpunkt zu nennen, dürfte interessant werden. Auch bei der Verteilung der Ministerien zeigen sich die Grünen handsam. Die öffentlichkeitswirksamen Ressorts übernehmen sie nicht. Vor allem die Bereiche Wirtschaft, Energie und Klima dürften ein heißer Tanz mit ihrer Klientel für die Grünen werden, wenn die Kohlemeiler kräftig weiter Strom und CO2 produzieren und dafür ordentlich gebaggert werden muss.

In einer schriftlichen Mitteilung der beiden Parteien werden Wüst und Neubaur zitiert.

Hendrik Wüst: „Wir haben einen Zukunftsvertrag ausgearbeitet, der für unser Land Antworten auf die Themen unserer Zeit gibt. Dabei werden wir erfolgreiche Wege der letzten Jahre weitergehen, aber auch neue Wege einschlagen. Gemeinsam stehen wir gleichermaßen für mehr Klimaschutz, eine nachhaltige Wirtschaft, eine zukunftsfähige Infrastruktur, Investitionen in Bildung sowie solide Finanzen. Der Schutz des Klimas und die Bewahrung der Schöpfung sind die größten Aufgaben unserer Zeit. Deshalb wollen wir Nordrhein-Westfalen zur ersten klimaneutralen Industrieregion Europas machen.“

Mona Neubaur: „Der geordnete Ausstieg aus dem fossilen, verbunden mit dem ambitionierten Einstieg ins Zeitalter der Erneuerbaren, neue Wege in der Mobilitäts- und Flächenpolitik, mehr Bewahrung unserer natürlichen Lebensräume und weniger Belastung für Mensch und Natur sowie der Ausbau sozialer Teilhabe, demokratischer Beteiligung und politischer Transparenz – all das steht in unserem Arbeitsprogramm.“

Die ersten Reaktionen auf den neuen Koalitionsvertrag zwischen Schwarz-Grün

Landwirtschaft freut sich weiter Pflanzenschutzmittel einsetzen zu können

Der Rheinische Landwirtschaftsverband freut sich darüber, dass die Landwirtschaft ein Ministerium erhält und dieses von der CDU besetzt wird. Aber dies bedeutet auch die Trennung von den Bereichen Naturschutz und Umwelt, die bisher mit der Landwirtschaft in einem Ministerium geführt wurden. Diese beiden Bereiche wandern zu den Grünen. Der Rheinische Landwirtschaftsverband mahnt eine konstruktive Arbeit zwischen den Häusern an und fordert dass sich Landwirtschaft und Naturschutz in Zukunft in NRW nicht in einer Konkurrenzsituation befinden, die zu Stillstand führt. Positiv sehen die Agrarlobbyisten, dass die Landesregierung eine „sachgerechte und nicht pauschale Reduktion des Pflanzenschutzmitteleinsatzes“ vorsehe. Der Verband fordert die neue Landesregierung auf die wirtschaftliche Entwicklung der landwirtschaftlichen Betriebe in den Mittelpunkt ihres Handelns zu stellen.

Freude bei den Kölner Grünen

Die Kölner Grünen haben drei Direktkandidat*innen im NRW Landtag platziert. Christiane Martin, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Stadtrat nimmt unter anderem Bezug auf die Landesliegenschaften: „Die möglichen Koalitionspartnerinnen wollen mehr Geld für klimagerechte und barrierefreie Modernisierung von Wohnraum zur Verfügung stellen und den Kommunen mehr Möglichkeiten für das Vorkaufsrecht geben. Dies wird Entlastung bringen auch für den angespannten Wohnungsmarkt in Köln. Für die Kölner Stadtentwicklung finden wir den Hinweis wichtig, dass Landesliegenschaften künftig auch nach sozialen und ökologischen Kriterien verkauft werden können, was den Erwerb der Landesflächen für das gemeinwohlorientierte Otto-Langen-Quartier erleichtern dürfte.“

FDP spricht von leeren Worthülsen

Henning Höne ist Vorsitzender der FDP-Landtagsfraktion und spricht von einem Stillstands-Paket: „Der Koalitionsvertrag von CDU und Grünen ist ein Stillstands-Paket. Viele Vorhaben bleiben vage. Ungelöste Konflikte werden in die Zukunft verschoben. Mit diesem butterweichen Vertrag wird die Koalition den großen Herausforderungen der Zukunft unseres Landes nicht gerecht. Die Bildungschancen für Kinder und Jugendliche spielen bei CDU und Grünen künftig nur noch eine Nebenrolle. Kein Wort zum dringend notwendigen Kitaplatz-Ausbau. Kein Gestaltungswille im Schulbereich. Im Gegenteil: Das Leistungsprinzip an unseren Schulen droht ausgehöhlt zu werden. Die Inflation treibt die Menschen um. Daher wären solides Haushalten und eine Entlastung notwendig. Schwarz-Grün hat die Chance bei der Grundsteuer vertan, im Koalitionsvertrag ist kein eigenes NRW-Modell erwähnt. Offenbar steht die CDU NRW auf der Bremse. Andere Länder mit CDU-Finanzministern sind da mutiger. Der ländliche Raum wird nachträglich zum größten Verlierer dieser Landtagswahl. Die Schutzabstände zwischen Wohnbebauung und Windkraftanlagen opfert die CDU ebenso wie den notwendigen Bau von Umgehungsstraßen. Die Belastung der Menschen im ländlichen Raum durch fehlende Ortsumgehungen sollte einem ehemaligen Verkehrsminister nicht gleichgültig sein. Die Grünen haben für ihre Wähler das Wahlversprechen erfüllt und dem Vertrag einen quietsch-grünen Stempel aufgedrückt. Die CDU hat Positionen geräumt, um in der Staatskanzlei zu verbleiben.“

Mehr Demokratie NRW sieht Chancen für Reformen

Der Verein Mehr Demokratie e.V. begrüßt die Einführung eines verpflichtenden Lobbyregisters und die Durchführung von gelotsten Bürgerräten im Koalitionsvertrag sowie die Option Volksbegehren auf Landesebene zu erleichtern. Dazu Achim Wölfel, Landesgeschäftsführer von Mehr Demokratie NRW: „Wir freuen uns außerordentlich, dass die Regeln für Volksbegehren endlich verbessert werden sollen. Damit kann auch gleich angefangen werden, denn alle Vorschläge dazu liegen bereits auf dem Tisch“

Kulturrat NRW spricht von guter Basis

Gerhart Baum der Vorsitzende des Kulturrats NRW erklärte: „Das Kapitel Kultur im Vertrag ist eine gute Basis für die Fortsetzung der Kulturpolitik des Landes. Vor allem die weitere Erhöhung des Etats um 50 Prozent bietet dazu die passende Grundlage. Der Kulturrat wird im Herbst die einzelnen Positionen mit den politischen Verantwortlichen aktiv beraten und vertiefen. Offen bleibt der Zuschnitt der Landesregierung. Der Kulturrat NRW setzt sich nach wie vor für ein eigenständiges Kulturministerium ein.“

Die Bildungsgewerkschaft GEW NRW zum Koalitionsvertrag

„Die Überschriften stimmen, viele unserer Forderungen werden aufgegriffen. Absichtserklärungen allein sind jedoch noch keine gute Politik. Wichtig ist und bleibt, was die Landesregierung konkret tun wird, um die Mangelverwaltung in den Bildungseinrichtungen zu beenden, den Fachkräftemangel zu beheben und unsere Kolleg*innen durch eine nachhaltige Verbesserung der Arbeitsbedingungen zu entlasten“, sagte Ayla Celik, Vorsitzende der GEW in NRW.

Die Gewerkschaft führt weiter aus: 10.000 zusätzliche Lehrkräfte einzustellen, ohne jegliche Konkretisierung, wie diese Personen gefunden werden sollen, ist allerdings illusionär.

„Wenn das angekündigte Zukunftsbündnis seine Ziele erreichen will und der Bildungsstau aufgelöst werden soll, muss die neue Bildungsministerin deutlich mehr Geld für Bildung beim Finanzminister durchsetzen“, Celik.