Die Zentrale der Rheinenergie in Köln. Foto: Eppinger

Köln Im vergangenen Jahr musste sich der Kölner Energieversorger Rheinenergie in wirtschaftlich unruhigen Zeiten am Markt bewähren und gleichzeitig die Weichen für die Energiewende stellen. Insgesamt 3,8 Milliarden Euro will das Unternehmen bis 2035 in eine resiliente, klimaneutrale und sichere Energieversorgung für Köln und die Region investierten. Alleine für die Infrastruktur sind Ausgaben in Höhe von 1,85 Millionen Euro vorgesehen. Schwerpunkt dabei sind der Ausbau und die Stärkung des Energienetzes.

“Ohne resiliente Netzstrukturen für Strom und Wärme kann es keine Energie- und Wärmewende geben. Deshalb gilt diesem Segment unsere besondere Aufmerksamkeit”, sagt Rheinenergie-Chef Andreas Feicht. Die Weichen stellen für die Zukunft müsse aber die kommunale Wärmeplanung, die in Köln schon begonnen habe. Erst danach zeige sich für den Endverbraucher, welche Option er künftig bei der Wärmeversorgung habe – von der Wärmepumpe bis zur Fernwärme.

Auch das Stromverteilnetz muss ertüchtigt werden

Wichtig sei auch, dass das Stromverteilnetz für die neuen Wärmepumpen ertüchtigt werde. Dieses wird in den kommenden Jahren entsprechend ausgebaut und stabilisiert. Man müsse künftig auch einberechnen, dass es wegen der neuen Wärmepumpen an kalten Tagen im Winter neue Stromspitzen geben werde.

Von der eingeplanten Gesamtsumme werden 800 Millionen Euro in das Stromverteilnetz investiert, 450 Millionen Euro entfallen auf das Fernwärmenetz und noch einmal 300 bis 400 Millionen Euro für die Erzeugung von Fernwärme. Alleine bis 2030 wird das aktuell 380 Kilometer umfassende Fernwärmenetz um 50 Kilometer erweitert. Bis 2035 kommen weitere 150 Kilometer dazu.

Riesige Großwärmepumpe in Niehl

Anfang des kommenden Jahres sollen die Arbeiten für eine neue Großwärmepumpe in Niehl beginnen, die bis Anfang 2027 ihren Betrieb aufnehmen soll. Die Anlage nutzt die Energie des Rheinwassers und liefert 150 Megawatt Wärmeleistung, mit der mehr als 30.000 Wohneinheiten beheizt werden können. Das wäre eine Leistungsklasse, wie sie bislang in Europa noch nicht zur Verfügung steht. Sie erhöht die Fernwärme-Netzkapazität der Rheinenergie um insgesamt 15 Prozent. Eine weitere 50-Megawatt-Wärmepumpe soll in Merkenich gebaut werden und den Kölner Norden versorgen.

Zweiter Baustein für die Dekarbonisierung der Wärme ist laut Feicht Wasserstoff, der die fossilen Energieträger ablöst. Nach jetzigem Stand werde Köln eine gute Anbindung an entstehende überregionale Wasserstoffnetze erhalten. Dies ermögliche dann die Umstellung der bisherigen fossil befeuerten Strom- und Wärmeerzeugungsanlagen auf dekarbonisierte Quellen. Zunächst wird der Wasserstoff für die zentrale Wärmeerzeugung sowie für die Industrie genutzt. In einem weiteren Schritt sollen dann die Privathaushalte folgen.

Auch in der Unternehmenszentral wird Fotovoltaik künftig stärker genutzt. Foto: Eppinger

Weitere Bausteine für die Energiewende sind für das Kölner Unternehmen die Nutzung der Windkraft und der Fotovoltaik-Anlagen, wie sie gerade auf dem Dach der Rheinenergie-Zentrale installiert werden. Besonders im Fokus stehen hier aber Freiflächen-Fotovoltaik-Anlagen wie im Bayerischen Hemau.

Bei der Windkraft hat der Energieversorger elf Standorte zum Ausbau identifiziert. Im Kölner Norden besteht ein Potenzial von bis zu 13 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 80 Megawatt, mit der dort alle Wohnungen mit Strom versorgt werden könnten. Hier sei man mit den Bürgern vor Ort im Gespräch. Im Kölner Umland wird die Rheinenergie demnächst den Antrag für zunächst vier Windanlagen stellen. Insgesamt plant die Rheinenergie für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen Investitionen in Höhe von 700 Millionen Euro.

Der Umsatz ist deutlich gestiegen

Trotz der Unwägbarkeiten konnte die Rheinenergie 2022 den eigenen Umsatz um 40 Prozent von 2,52 Milliarden Euro (2021) auf 3,52 Milliarden Euro steigern. Das Unternehmensergebnis blieb stabil und verringerte sich leicht von 173 Millionen Euro (2021) auf 168 Millionen Euro. Dass sich so die Marge des Unternehmens halbiert hat, liegt daran, dass sich der Einkauf von Energie durch die Folgen des Krieges extrem verteuert hat. Dazu kommen deutlich gestiegene Materialkosten. Der höhere Umsatz resultiert daraus, dass die Endverbraucher mehr für Strom und Gas zahlen mussten.

Dass die Kunden sparsamer mit Energie und Wasser umgegangen sind, zeigen die Absatzzahlen der Rheinenergie im vergangenen Jahr. Dazu kommt auch der milde Winter. So gingen beim Stromverkauf die Mengen von 30,5 Milliarden auf 29,5 Milliarden Kilowattstunden zurück. Der Gasumsatz sank von 58,8 auf 57,1 Milliarden Kilowattstunden. Beim Wasserabsatz gab es einen leichten Rückgang von 79,4 auf 75,9 Millionen Kubikmetern.

Bürokratische und organisatorische Herausforderungen

Zu den großen Herausforderungen für die Mitarbeiter der Rheinenergie gehörten staatliche Regularien wie die Gasspeicherumlage, die Umsatzsteuersenkung, die Dezemberhilfen und die Energiepreisbremsen. Das seien sehr komplexe Aufgaben gewesen, mit den der Staat die private Wirtschaft belastet hätte, sagt der Rheinenergie-Chef. Das gilt auch für die aktuelle Endabrechnung für Gaskunden, die sich aufgrund der komplexen Lage verzögert hat. Man rechnet aufgrund der individuellen Festlegung von Abschlägen aber nicht mit Problemen wie bei der Rückzahlung von zu hohen Abschlägen.

Schwierige Zeiten sorgen auch für eine Verunsicherung der Kunden. So habe man bei den Preisbremsen die knapp 80 Mitarbeiter im Telefonservice für die vielen Anfragen zeitweise auf bis zu 400 Kräfte aufgestockt. Auch Themen wie die Bezahlbarkeit von Strom oder die Gassperren hätten im Kundenservice zu langen Gesprächen geführt. Dabei seien insgesamt die Risiken geringer geworden, aber nicht beseitigt worden, betont Feicht. Es gebe hier noch keine Sicherheiten für die kommenden Monate.