Ein ehemaliger deutscher Flakhelfer und heutiger Papst besucht eine Synagoge. Es ist der zweite Besuch eines Papstes überhaupt in einer Synagoge. Papst Johannes Paul II hatte als erster Bischof von Rom die römische Synagoge im Jahr XX besucht. Der Besuch von Benedikt XVI in der Kölner Synagoge in der Kölner Roonstraße wird als historischer Moment gewertet. Dies auch da sich dieses Jahr das Ende des II Weltkrieges zum 60 mal jährt.


 


Der Rabbiner Netanel Teitelbaum sprach das Kaddisch in Aramäisch, eines der wichtigsten Gebete im Judentum, das auch zum Gedenken an die Toten gesprochen wird. Die jüdische Gemeinde sehe den Besuch des Papstes als „außergewöhnliches Ereignis von großer religiöser und politischer Bedeutung“, so Abraham Lehrer, Vorstandsmitglied der jüdischen Synagoge in Köln.


 


Shalom lechem! so begann die Rede von Papst Benedikt XVI in der jüdischen Synagoge in Köln. Dieser Besuch sei ihm ein „tiefes Anliegen“ formulierte der Pontifex. Anknüpfen will Benedikt XVI an die Begegnung Johannes Paul II mit der Rabbinerkonferenz  und dem Zentralrat der Juden 1980. Fortsetzen will er den damals begonnen Weg zur Verbesserung der Beziehungen und der Freundschaft mit dem jüdischen Volk.


 


Benedikt XVI verwies in einem sehr langen Abschnitt seiner Rede auf die historischen Zusammenhänge und erinnerte offen an Vertreibung und Holocaust. Die Beziehungen zwischen jüdischer und christlicher Gemeinde bezeichnete der Papst als „komplex“ und „oft schmerzlich“.  Er erinnert an die Vertreibung der Juden aus Köln 1424 und an die dunkelste Zeit deutscher und europäischer Geschichte: „Eine wahnwitzige neuheidnische Rassenideologie führte zu dem staatlich geplanten und systematisch ins Werk gesetzten Versuch der Auslöschung des europäischen Judentums“. Benedikt nannte dieses Verbrechen „unerhört und unvorstellbar“ und er nannte die traurige Zahl von 7000 namentlich bekannten getöteten Kölner Juden, ohne das man die Dunkelziffer kenne. „Weil man die Heiligkeit Gottes nicht mehr anerkannte, wurde auch die Heiligkeit menschlichen Lebens mit Füßen getreten“, so der Papst.


 


Zum 60. Jahrestag von Auschwitz sagte der Papst: „Ich neige mein Haupt vor all denen, die diese Manifestation des „mysterium iniquitatis“ erfahren haben. „Die fürchterlichen Geschehnisse von damals müssen unablässig das Gewissen wecken, Konflikte beenden und zum Frieden ermahnen.“ Zum Verhältnis Judentum, Christentum bezog sich der neue Papst wiederum auf seinen Vorgänger Johannes Paul II: „Wer Jesus Christus begegnet, begegnet dem Judentum“ und bezog sich auf die Erklärung nostra aetate, die jede Diskriminierung und jeden Gewaltakt gegen Menschen wegen seiner Rasse, Farbe, Standes oder seiner Religion als Widerspruch zum Willen Christi sieht. Und dann kam der wichtigste Satz dieses Besuches: „Die Kirche weiß sich verpflichtet, diese Lehre in der Katechese und in jedem Aspekt ihres Lebens an die nachwachsenden Generationen, die selbst nicht mehr Zeugen der schrecklichen Ereignisse vor und während des Zweiten Weltkriegs waren, weiterzugeben.“ Der Papst erachtet dies als ein Aufgabe mit hoher Aktualität und verwies auf die Zeichen erneuten Antisemitismuses und allgemeiner Fremdenfeindlichkeit. Er bezeichnete diese Vorfälle, von denen ja auch ein Weltjugendtagscamp in Thüringen betroffen war, als „Grund zur Sorge und zur Wachsamkeit“. „Die katholische Kirche – das möchte ich bei dieser Gelegenheit wieder betonen – tritt ein für Toleranz, Respekt, Freundschaft und Frieden unter allen Völkern, Kulturen und Religionen.


 


Der Papst möchte einen aufrichtigen und vertrauensvollen Dialog zwischen Juden und Christen und er forderte auf Gemeinsamkeiten zu finden, aber sich auch in den Unterschieden zu respektieren und nicht zu glauben, man müsste Alles und Jedes assimilieren. Gerade der Respekt vor den Unterschieden ist ein integraler Bestandteil offenen Dialoges. Hier möchte der Papst den Blick nach vorne richten: „Eine Verbesserung der geschwisterlichen Beziehungen“, die Verpflichtung sind „mit Gottes Hilfe eine gerechtere und friedvollere Welt zu errichten, in der alle Menschen das gleiche Bürgerrecht besitzen“. Auf die Rolle der römischen Amtskirche zur Zeit des Dritten Reich ging Benedikt XVI explizit nicht ein. Der Papst schloss mit den Worten aus dem Psalm 29: „Der Herr gebe Kraft seinem Volk. Der Herr segne sein Volk mit Frieden.“ „Möge er uns erhören“


 


Der Synagogenbesuch war auch ein politisches Ereignis, so nahm der israelische Botschafter Shimon Stein, der Vorsitzende des Zentralrats der Juden Paul Spiegel, Bundesinnenminister Otto Schily und der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen Jürgen Rütgers teil. Die jüdische Gemeinschaft ist mit 5000 Mitgliedern die Größte in ganz Deutschland und die älteste jüdische Gemeinde nördlich der Alpen. Seit 321 n. Christus leben Juden in Köln.


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Der Programmablauf des Besuchs Seiner Heiligkeit Papst Benedikt XVI in der Kölner Synagogen-Gemeinde am 19.8.2005:


 


Klezmermusik


A Tickle in the Heart


 


Die Synagoge in der Roonstrasse
Dr. Michael Rado, Vorstandsmitglied der Synagogen-Gemeinde Köln


 


Klezmermusik


A Tickle in the Heart


 


Der Gemeindechor empfängt Papst Benedikt XVI und den Gemeinderabbiner


Netanel Teitelbaum mit „Hewenu schalom alechem“


 


Erstes Buch Moses Kapitel 1 Vers 27-31


Kantor Chaim Adler


 


Schofar


 


Psalm 23


Kantor Chaim Adler


 


Psalm von David


Der Ewige ist mein Hirt, ich darbe nicht.


Auf grasigen Auen lässt er mich ruhen, an stille Wasser leitet er mich.


Meine Seele labt er, führt mich auf


Das rechte Geleise –  um seines Namen willen.


Auch wenn ich gehe im Tal des Todesschattens


Fürcht´ich kein Leid, denn Du bist mit mir.


Dein Stab und Deine Stütze – Sie trösten mich.


Du richtest vor mir eine Tisch an


Angesichts meiner Bedränger,


tränkst Öl im mein Haupt,


mein Kelch fließt über.


Ja nur Glück und Heil folgen mir nach


All meine Lebenstage; und ich kehre


Zurück in das Haus des Ewigen


Für die Dauer der Zeiten.


 


Grußwort


Abraham Lehrer, Vorstandsmitglied der Synagogen-Gemeinde Köln


 


Ansprache


Gemeinderabbiner Netanel Teitelbaum, Synagogen-Gemeinde Köln


 


Ansprache
Papst Benedikt XVI


 


Begegnung


zur Ehrung von Gemeindemitgliedern


 


Sim Schalom


Kantor Chaim Adler


 


Der Gemeindechor „Schalom“ verabschiedet Papst Benedikt XVI und Gemeinderabbiner Netanel Teitelbaum.


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Anmerkung der Redaktion: report-K.de hatte keinen eigenen Journalisten in der Kölner Synagoge. Aufgrund der Vielzahl der Journalisten war die Zahl bei dem Besuch des Papstes in der Kölner Synagoge durch das Weltjugendtagsbüro und das Bundespresseamt beschränkt. Wir zitieren hier aus dem uns zur Verfügung gestellten Originaltext der Rede Papst Benedikts XVI und einem Nachrichtenblock das wir vom Pressebüro des Weltjugendtages zur Verfügung gestellt bekommen haben. Abweichungen zwischen textueller Rede und gesprochenem Wort konnten bei diesem Beitrag aus den oben genannten Gründen, nicht berücksichtigt werden.