Köln | aktualisiert | Das Medien-Forum NRW, das Anfang nächsten Monats wieder in Köln stattfindet, wird von der Film und Medien Stiftung NRW und dem Mediencluster NRW durchgeführt. Das Forum hat den klingenden Titel: „What’s next? Das Medienforum NRW 2015 diskutiert die Transformation von Fernsehen und Radio, Entertainment und Journalismus“ Wer die Internetseiten der für die Veranstaltung federführenden Organisation Film und Medien Stiftung NRW besucht, wundert sich über so viel Zukunftsvision, denn dort werden Erfolgsgeschichten von Unternehmen verkauft, die sich bereits in der Liquidation befinden oder bereits abgewickelt sind. Ebenso You-Tube Kanäle die für tot erklärt wurden. Aktualisiert: Die Stellungnahme der Pressesprecherin der Film und Medienstiftung NRW Tanja Güß lesen Sie am Ende des Artikels im Wortlaut.

Wem gehört die Film- und Medien Stiftung NRW?

Das Land Nordrhein-Westfalen (NRW) nennt sich gerne Medienland. Es gibt immer mehr Institutionen, Unternehmen, Events, Feste, Foren die sich um die Medien, Kultur und Kreativwirtschaft kümmern sollen. Gebündelt hat die Landesregierung viele dieser Funktionen in der Film und Medien Stiftung NRW und fördert diese finanziell.

Die Film und Medien Stiftung NRW hat mehrere Gesellschafter: Das Land Nordrhein-Westfalen mit 35 Prozent, den WDR mit 40 Prozent, das ZDF mit 10, RTL mit 10 und die Landesanstalt für Medien LfM mit 5 Prozent. In der Gesellschafterversammlung sind die führenden Köpfe, wie Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, WDR-Intendant Tom Buhrow, ZDF-Intendant Thomas Bellut, RTL Geschäftsführerin Anke Schäferkordt und Dr. Jürgen Brautmeier, Direkter der LfM vertreten. Die Film und Medienstiftung NRW unterhält fünf Beteiligungen: Am Mediengründerzentrum 25,1 Prozent, dem Grimme-Institut in Marl 12,1 Prozent, German Films Services vier Prozent, der ifs internationalen Filmschule Köln 100 Prozent und dem Mediencluster NRW GmbH ebenfalls 100 Prozent.

Große Worte für die Mission des Mediencluster NRW

Im Mission Statement ist auf der Internetseite zu lesen: „Das Mediencluster NRW ist Anlaufpunkt und Ansprechpartner für die digitale Medienszene in NRW. Startups, jungen Kreativen und Unternehmen bieten wir ein umfassendes Service- und Informationsangebot. Wir vernetzen, informieren zu Förderung und Finanzierung, begleiten bei Gründung und beraten bei der Entwicklung von Geschäftsmodellen. Wir schaffen Sichtbarkeit für die Branche auf Messen und Märkten im In- und Ausland und tragen aktiv zur Vernetzung und Weiterentwicklung des digitalen Medienstandorts NRW bei.“ Das hört sich gut an. Noch besser hört sich an: „Das Mediencluster NRW trägt zum Ausbau der Attraktivität des Medienlandes NRW bei, aktiviert Potenziale und unterstützt Innovation und Wachstum. Es begleitet den Wettbewerb „Digitales Medienland NRW“ und bietet ein umfassendes Informations- und Serviceangebot von Networking, Förder-/Finanzierungsmöglichkeiten, Unternehmensansiedlungen, Medienausbildung bis hin zur Realisierung neuer Geschäftschancen. Inhaltliche Impulse und Entwicklungen im Medienumfeld werden kontinuierlich beobachtet und für die nationale und internationale Medienbranche sichtbar gemacht.“ Das steht in einer Mitteilung vom 31.3.2014, die die neue Geschäftsführerin des Mediencluster NRW Anastasia Ziegler vorstellt.

Die Realität sind anders aus

Unter dem Reiter Medienstandort NRW findet sich neben Games, Entertainment, Mobile, Verlage, Werbung auch das Thema Internet. Ein Werbetext jubelt unter der Überschrift „Internet: starke Online-Strategien“: „Erstklassige Unternehmen, clevere Ideen und erfolgreiche Konzepte: Nordrhein-Westfalens Internetbranche hat sich bestens auf die wirtschaftliche Dynamik ihres Marktes eingestellt. Motoren der Entwicklung sind vor allem Software-Entwickler und Internetagenturen mit ihren Experten für Online-Werbung, E-Commerce und Social Media. Zudem haben sich in NRW auch die Online-Vertretungen traditioneller Medien kreativ und gewinnbringend entwickelt. Und nicht zuletzt gibt es zahlreiche Gelegenheiten zum Networking.“ Dann kommen die Daten und Fakten und dort findet sich Erstaunliches: Die Seite nennt als erfolgreiche Unternehmen und Websites sevenload.com, werkenntwen.de und den You-Tube Kanal Ponk, neben vier weiteren. Die vier weiteren darunter kalaydo sind noch aktiv. Ponk wurde Ende 2014 eingestellt, Werkenntwen ebenfalls eingestellt und sevenload.com gibt es auch nicht mehr.

Sieht so kontinuierliche Beobachtung der Medienszene aus?

Wer dann allerdings den Button „Weitere Informationen und Ansprechpartner“ anklickt, der findet, auch nicht wirklich mehr State of the Art, einen Flash-Blätterkatalog, der Broschüre Medienland NRW. Dort steht dann: „Sevenload schreibt Erfolgsgeschichte seit seiner Gründung 2006 in Köln und ist heute eines der weltweit führenden Social Media-Networks für Bilder und Videos. In einem Artikel des Medienportals „meedia“ vom 26.2.2014, 10:57 Uhr heißt die Überschrift „Burda macht Video-Plattform“ dicht. Den Artikel findet man, wenn man einmal googelt. In dem Artikel steht auch, dass laut AGOF das Videoportal im Dezember 2013 nur noch 190.000 Unique User gesehen haben. My Video, in das sevenload integriert wurde, hatte damals 6,3 Millionen Unique User. Aber schon 2010 stand es um sevenload nicht mehr zum Besten. 2010 übernahm Burda die Mehrheit der Anteile und nur drei Monate später mussten 20 der 70 Mitarbeiter das Unternehmen verlassen, weil sich das Unternehmen nur noch auf den Deutschen Markt konzentrieren wollte. 2012 wurde sevenload dann 100 Prozent Tochter von Burda digital und am 4. April 2014 geschlossen. Warum wird diese Story heute noch auf den Portalen der Filmstiftung NRW und des Mediencluster NRW als Erfolgsstory gewertet? Zu den Sevenload Gründern gehörte Ibrahim Evsan, ein gern gesehener Gast auf allen Veranstaltungen wo es um Web, Social Media und Mobile geht.

Das Gleiche gilt für „werkenntwen.de“, der deutsche Versuch der werkenntwen GmbH ein soziales Netzwerk hochzuziehen. Das hat seine Geschäftstätigkeit am 2. Juni 2014, 9:20 Uhr eingestellt. An werkenntwen war RTL interactive mit 49 Prozent beteiligt. Am 28. März 2014 kündete RTL nach massiven Reichweitenverlusten die Trennung an und nach erfolgloser Investorensuche wurde am 1. Juni 2014 eingestellt. 40 Mitarbeiter verloren ihren Job. Eine Erfolgsgeschichte und starke Online-Strategie? Auch der genannte You Tube Kanal „Ponk“ hat seinen Betrieb eingestellt, mit den Worten „Ponk ist tot“, da sich viele You Tuber aus dem ebenfalls in den Broschüren Medienland NRW hochgejubelte Unternehmen Mediakraft zurückzogen haben. Und damit auch alle Menschen diese Interneterfolge in NRW kennen, sind die Internetseiten der Film- und Medien Stiftung NRW und des Mediencluster NRW mit identischen Inhalten gefüllt, obwohl jeder Internetanfänger weiß, das Duplicate Content, also inhaltsgleiche Inhalte für Suchmaschinen suboptimal sind, neben den inhaltlichen Schwächen.

Verderben viele Köche den Brei?

Nun könnte man ja sagen, dass diese inhaltlichen Schwächen, einer zu eng bemessenen Personalstärke bei der Film und Medien Stiftung und dem Mediencluster NRW zuzurechnen seien. Da hilft allerdings ein Blick auf die Seite Team bei der Film und Medienstiftung. Die listet mit Stichtag 10.5.2015 fünf Auszubildende, drei Mitarbeiter im Justiziariat, sieben Mitarbeiter in der Verwaltung und Finanzen, sechs Mitarbeiter in der Kommunikation, zwei Mitarbeiter bei Veranstaltungen, eine Mitarbeiterin bei Film Commission NRW, zwei bei Standortmarketing, zwei bei Hörspiel, zwei bei Creative Europe Desk NRW, ein Mitarbeiter Digitale Inhalte, eine bei Verleih, Vertrieb und Kino, eine für das Gerd Ruge Stipendium, sechs bei Produktion, drei bei der Förderung, drei im Büro der Geschäftsführung und eine Geschäftsführerin. Das macht in der Film und Medien Stiftung NRW 46 Mitarbeiter. Der Mediencluster NRW kommt auch noch einmal auf fünf Mitarbeiter und hat mit Thilo Hecking sogar einen Online Redakteur und Social Media Beauftragten. Warum fällt dies dort niemand auf?

Wer die von der Film- und Medien Stiftung und des Mediencluster NRW herausgegebenen Medien aufmerksam und Sach- und Fachkenntnis liest, dem fällt auf, dass diese nicht nur nicht up to date sind, sondern vor allem auch nie den gesamten Standort NRW und die Medienbranche in NRW in Ihrer Gänze reflektieren. So erheben sowohl die Film- und Medien Stiftung NRW, als auch der Mediencluster NRW GmbH keine Daten bei allen in NRW ansässigen Medienunternehmen. Wollen dies die Gesellschafter der Film- und Medien Stiftung in NRW nicht? Wo bleibt da die Landesregierung, die ja immerhin eine 35 prozentige Beteiligung hält? Wer kontrolliert eigentlich die Film- und Medien Stiftung NRW und die Mediencluster GmbH auf Neutralität und ihre Tätigkeit? Das Land NRW hat zwei Vertreter im Aufsichtsrat der Film und Medien Stiftung: Dr. Marc Jan Eu­mann NRW-Staatssekretär bei der Ministerin, für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien und Bernd Neuendorf, NRW-Staatssekretär im Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport. Dies ist umso wichtiger als Ministerpräsidentin Hannelore Kraft in ihrem Grußwort der Broschüren sagt: „Aktuelle Informationen zu allen Bereichen rund um das Medienland NRW finden Sie auf den folgenden Seiten. Ich wünsche Ihnen gute Unterhaltung“ und kurz zuvor der Stiftung bescheinigt: „Nicht zuletzt beim Standortmarketing und bei der Förderung innovativer Medieninhalte ist die Stiftung die erste Adresse in Nordhrein-Westfalen.“

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Die Stellungnahme der Film und Medien Stiftung NRW zum Artikel von report-K im Wortlaut kursiv gesetzt:

Tanja Güß, Leitung Kommunikation/Pressesprecherin Film- und Medienstiftung NRW GmbH: Zu dem von Ihnen berichteten nicht aktuellen Veröffentlichungen auf unserer Website die folgende Einordnung:
Die Film- und Medienstiftung NRW veröffentlicht seit 2011 in Printpublikationen und auf ihrer Website Information zum Medienland NRW bzw. den verschiedenen Medienbranchen. Auf der Website der Film- und Medienstiftung NRW finden sich unter dem Rubrum „Medienstandort“ Kurzinformationen zu insgesamt 13 Branchensegmenten, die auf die entsprechenden Kapitel der jeweils aktuellen  Standortbroschüre zurückgreifen, indem sie mit einem blätterbaren pdf-Dokument verlinkt sind.
Im Falle der Darstellung der Internetbranche in NRW war diese Verlinkung wie auch die Seitenwiedergabe technisch fehlerhaft, insofern als die Nutzer nicht auf die aktuelle, sondern auf die Darstellung der vorletzten Ausgabe der Standortbroschüre (Stand 2014) weitergeleitet wurden. Dieses Versehen bitten wir zu entschuldigen.
Die Verlinkung wurde umgehend korrigiert, die verlinkten Informationen entsprechen nun dem Stand der zum Jahresbeginn 2015 neu aufgelegten Standortbroschüre, deren weitere Aktualisierung derzeit in Arbeit ist. Im Rahmen eines Relaunchs der Website plant die Film- und Medienstiftung NRW zudem, die Standortinformationen zukünftig unabhängig von den Printauflagen online-aktuell anzubieten.

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Autor: Andi Goral
Foto: Ausriss aus der am heutigen Tag noch unter dem Link Weitere Informationen zu findenen Blätterkatalogseite des Mediencluster NRW und der Film und Medien Stiftung NRW. Hier werden Unternehmen bejubelt, die es gar nicht mehr gibt.