Eine Flüchtlingskoje in der Kölnmesse, wie sie die Stadt Köln Ende 2022 herrichten ließ. | Foto: Bopp

Düsseldorf | dts, red | aktualisiert | NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hat die Bundesregierung aufgefordert, mehr Kosten für die Flüchtlingshilfe zu übernehmen. Die SPD-Fraktion im Landtag warf Wüst vor mit dem Finger nach Berlin zu zeigen und selbst nicht genug zu tun.

Die Haltung von Ministerpräsident Wüst

„Wir müssen die Kommunen bei der enormen Herausforderung der Unterbringung und Integration von Flüchtlingen unterstützen“, sagte Wüst der „Rheinischen Post“ (Montagsausgabe). „Hier darf keine weitere Zeit verloren werden – die Kommunen drängen zu Recht auf schnelle Hilfe und eine Lösung.“

Der Bund müsse seine Beteiligung an den Kosten der Flüchtlingshilfe deutlich erhöhen. „Die Forderungen nach einem Flüchtlingsgipfel beim Kanzler sind deshalb absolut richtig. Der Kanzler muss das Thema zur Chefsache machen und Führung zeigen – in Deutschland und Europa“, so Wüst.

Er übte Kritik an Olaf Scholz (SPD): „Der Kanzler hätte den EU-Gipfel nutzen können, um sich für eine konstruktive Flüchtlingspolitik in Europa einzusetzen. Doch eine europäische Einigung über die wichtigsten Fragen gab es nicht.“ Dabei müsse allen klar sein: „Wir brauchen Beschlüsse für eine gemeinsame humanitäre Flüchtlingspolitik in Europa – und dafür wird Deutschland vorangehen müssen.“

Das sagt die SPD-Fraktion

Am vergangenen Mittwoch informierte die SPD-Fraktion im Landtag über ihre Klausurtagung und Einschätzung über den Umgang mit Geflüchteten durch die Landesregierung NRW. Sie warf Ministerpräsident Hendrik Wüst vor mit dem Finger nach Berlin zu zeigen und selbst zu wenig zu tun. Er müsse die Flüchtlingsthematik zur Chefsache in NRW machen, wo er die Verantwortung trage. SPD Oppositionschef Thomas Kutschaty sagte in Richtung Wüst, dass die Zeit der Fototermine vorbei sei und die Landesregierung nun etwas tun, anpacken müsse. 2015 habe die von der SPD geführte Landesregierung 80.000 Plätze für Geflüchtete bereitgestellt, aktuell seien dies nur 30.000. Die aktuelle Situation sei für die NRW-Kommunen unberechenbar. Die Landesregierung müsse, so die SPD-Forderung, in ihren eigenen Liegenschaften Kapazitäten aufbauen.

Auch NRW-Kommunen erhöhen Druck in Flüchtlingskrise

Vor dem Flüchtlingsgipfel am Donnerstag wird die Kritik der Kommunen in NRW an der bisherigen Unterstützung bei Unterbringung und Integration von Hunderttausenden Schutzsuchenden immer lauter. „Bei 224.000 Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine und derzeit rund 1.000 Asylsuchenden pro Woche sind die personellen und räumlichen Kapazitäten der Kommunen erschöpft“, sagte der Präsident des Städte- und Gemeindebundes NRW, Eckhard Ruthemeyer (CDU), der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“. Bereits im Herbst habe man die schwarz-grüne Landesregierung darauf hingewiesen, dass es nicht reichen werde, nur 30.000 Aufnahmeplätze in Landeseinrichtungen zu schaffen.

Man benötige eine ähnliche Größenordnung wie in der Flüchtlingskrise 2015/16 und damit mindestens 70.000 Plätze. Es gehe inzwischen darum, Obdachlosigkeit zu vermeiden. „Der Handlungsdruck wächst von Tag zu Tag. Das Land muss jetzt kurzfristig alle Kräfte mobilisieren und Gebäude bereitstellen, in denen Personen untergebracht werden können“, warnte Ruthemeyer. Am Montag wird zunächst NRW-Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) in Kamen mit dem Präsidium des Städte- und Gemeindebundes zusammentreffen. Am Donnerstag kommt es dann zu einem Krisentreffen von Bund und Ländern.

Dabei geht es neben der Akuthilfe auch um die Frage, wie sich der Bund dauerhaft an Integrationskosten beteiligt. Neben der Erstversorgung plagt viele Bürgermeister das Problem, dass nicht genug Wohnraum sowie Plätze in Schulen, Kitas und Qualifizierungsmaßnahmen für den Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Ruthemeyer mahnte an, dass die Bundesregierung auf EU-Ebene eine fairere Verteilung von Kriegsopfern innerhalb Europas durchsetzen müsse: „Es kann nicht sein, dass NRW mehr Flüchtlinge aus der Ukraine aufnimmt als ganz Frankreich.“

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat die Erwartungen an eine höhere Bundesbeteiligung an den Flüchtlingskosten jedoch bereits gedämpft. „Die Möglichkeiten des Bundes sind limitiert“, sagte der dem „Handelsblatt“ (Montagausgabe) und verwies darauf, dass die Übernahme von Ukraine-Flüchtlingen ins Bürgergeld-System bereits eine erhebliche Entlastung bedeutet habe. Die Länder hätten inzwischen eine wesentlich bessere Einnahmeentwicklung als der Bund, so Lindner.

Zuvor hatte der Vorsitzende des Städtetages NRW, Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU), die Landesregierung aufgefordert, in den Krisenmodus zu schalten: „Das Land ist unser erster Ansprechpartner, und vom Land erwarten wir deutlich mehr Unterstützung, um die Aufnahme von Geflüchteten weiter stemmen zu können.“ Neben dem massiven Ausbau von Landesaufnahmekapazitäten erwartet der Städtetag eine großzügigere Kostenübernahme und den grundsätzlichen Stopp der Zuweisung allein reisender Geflüchteter ohne Bleibeperspektive an die Kommunen.

ag