Köln | Die Landeregierung von Nordrhein-Westfalen hat für den Flughafen Köln/ Bonn ein Nachtflugverbot für Passagierflugzeuge von 0.00 bis 5.00 Uhr beschlossen. Frachtflüge dürfen jedoch weiterhin auch nachts stattfinden. Flughafen-Chef Michael Garvens erklärte, die Entscheidung entbehre jeder Rechtsgrundlage.

„Nach einem transparenten Dialog mit den Beteiligten senken wir die Lärmbelastung für die Anwohner und tragen den wirtschaftlichen Interessen der Region Rechnung“, sagte heute Wirtschafts- und Verkehrsminister Harry K. Voigtsberger. Die Landesregierung will eine Kernruhezeit im Passagierflugbetrieb in der Zeit von 00.00 Uhr bis 05.00 Uhr am Flughafen Köln/Bonn einzuführen. Verspätete Landungen sollen bis maximal 0.30 Uhr möglich sein. Gleichzeitig hält die Landesregierung am nächtlichen Frachtflug unverändert fest. Das erklärte Verkehrsminister Harry K. Voigtsberger im Anschluss an die heutige Kabinettssitzung.

„ökonomisch vertretbar und rechtlich zulässig“

Grundlage der Entscheidung seien umfangreiche rechtliche wie ökonomische Gutachten, zu denen das Verkehrsministerium Luftfahrtunternehmen, die Flughafengesellschaft sowie die betroffenen Kommunen angehört hat. Ihre Einwendungen haben die Gutachter in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht gewürdigt. Demnach sei das Vorgehen der Landesregierung „ökonomisch vertretbar und rechtlich zulässig“, erklärte Voigtsberger nach der Kabinettssitzung „Nach diesem sachlich ausgewogenen und transparenten Dialog-Prozess wird das Ministerium den Entwurf einer Neuregelung der Nachtflugbeschränkungen für Köln/Bonn dem Bundesverkehrsministerium zur Zustimmung zuleiten. Damit setzen wir einvernehmliche Beschlüsse des Landtags aus den Jahren 2007 und 2010 sowie die Maßgaben im Koalitionsvertrag um“, so Voigtsberger weiter. Zugleich forderte er den Einsatz neuer leiserer Flugzeuge und eine weitere Senkung der Lärmbelastung für die Bevölkerung rund um den Flughafen Köln/Bonn.

Stimmen zum Nachtflugverbot

Michael Garvens, Vorsitzender der Geschäftsführung des Flughafen Köln/ Bonn: „Diese Entscheidung entbehrt jeder Rechtsgrundlage, sie schadet dem Luftverkehrsstandort NRW und gefährdet Arbeitsplätze. Die damit beabsichtigte Lärmentlastung ist gering, denn im Passagierverkehr sind in aller Regel kleinere, moderne und lärmarme Flugzeuge im Einsatz. Für die am Standort Köln/Bonn operierenden Luftverkehrsgesellschaften ist der heutige Beschluss ein Zeichen fehlender Verlässlichkeit, denn die heute gültige Nachtflugregelung, die den Passagierflug gestattet, war erst im Jahr 2008 von der Landesregierung bis 2030 verlängert worden. Auch die hier angesiedelten Frachtgesellschaften sind erheblich besorgt, inwieweit die Zusage, die Genehmigung für den Frachtverkehr nicht anzutasten, auf Dauer belastbar bleibt. Die Situation, die zur Anordnung der Nachtflugverbote in Frankfurt und Berlin führte, ist mit der in Köln/Bonn nicht vergleichbar. Dort gab es Planfeststellungsverfahren, in denen es um den Neubau eines Flughafens oder einer Landebahn ging. In Köln/Bonn hingegen handelt es sich um einen unrechtmäßigen Eingriff in eine bestehende Betriebsgenehmigung. Wir appellieren nun an den Bundesverkehrsminister, diesem Nachtflugverbot seine Zustimmung zu verweigern. Die Flughafengesellschaft wird auch weiterhin alle Anstrengungen unternehmen, um die Lärmbelastung für die Bürger so gering wie möglich zu halten. Wir betrachten einen angemessenen Ausgleich zwischen wirtschaftlichen Interessen und dem Schutzbedürfnis der Bürger für eine vorrangige Unternehmensaufgabe.“

Sven Lehmann, Landesvorsitzender der NRW-GRÜNEN: „Die Verordnung, die maßgeblich vom Parlamentarischen Staatssekretär für Verkehr Horst Becker vorbereitet wurde, stärkt die Nachtruhe der Menschen in der Region. Nun ist Bundesverkehrsminister Ramsauer in der Pflicht, nicht wieder wie seine Vorgänger eine wirksame Entlastung der hier lebenden Menschen zu blockieren. Auch der aus dem Rhein-Sieg-Kreis stammende Bundesumweltminister Norbert Röttgen kann sich nicht weiter wegducken und muss sicherstellen, dass das Passagiernachtflugverbot nun umgehend umgesetzt wird. Aussitzen gilt nicht! Wir Grüne werden nicht locker lassen und fordern Norbert Röttgen auf, sich für die Verordnung einzusetzen.“

Ursula Heinen-Esser (MdB, CDU), Elisabeth Winkelmeier-Becker (MdB, CDU) sowie die CDU-Landtagskandidate Julius Knappertsbusch und Michael Solf der CDU Köln: „Unser Ziel ist seit langem, die nächtliche Gesamtlärmbelastung am Flughafen Köln/Bonn spürbar zu mindern. Wir begrüßen, dass das Land jetzt endlich ein Nachtflugverbot für Passagierflüge zwischen 0 Uhr und 5 Uhr auf den Weg gebracht hat.“ Dies sei jedoch nur ein erster Schritt auf dem Weg zu einem fairen Interessensausgleich zwischen Flughafen, Fluggesellschaften und den vom Fluglärm betroffenen Anwohnern. „Wir halten deshalb weitere Maßnahmen für erforderlich, die den neuesten Erkenntnissen der Lärmwirkungsforschung Rechnung tragen. Aus unserer Sicht bietet eine Mediation, die auch einen Austausch und ein Monitoring in Bezug auf bereits erfolgte Lärmminderungsmaßnahmen umfassen kann, eine gute Chance, um zu einem besseren, vielleicht sogar für alle Seiten akzeptablen Interessenausgleich zu kommen.“

IHK-Geschäftsführer Dr. Ulrich S. Soénius: „Damit wird bewusst ein wirtschaftlicher Nachteil herbeigeführt, der zu Lasten der Unternehmen, ihrer Beschäftigten und der somit der gesamten Region geht.“ Laut IHK seien durch das Nachtflugverbot etwa 1.700 Arbeitsplätze bedroht. „Die IHK Köln appelliert daher an Bundesverkehrsminister Ramsauer, den Nachtflug in Köln/Bonn wegen der hohen wirtschaftlichen Bedeutung weiterhin im Rahmen der derzeit einwandfrei rechtlichen Betriebsgenehmigung für alle Sparten aufrecht zu erhalten“, so Soénius.

Autor: Cornelia Schlösser