Das Pressefoto des Umwelt- und Verkehrsministierums NRW zeigt Minister Oliver Krischer, Grüne. | Foto: Land NRW/Michael Gottschalk

Köln | Jetzt stellen die Grünen in NRW den Umwelt- und Verkehrsminister mit Oliver Krischer, der auch für Naturschutz verantwortlich zeichnet. Der besuchte heute Euskirchen, um sich über Fortschritte im Straßenbau nach der Flutkatastrophe am 14. Und 15. Juli 2021 zu informieren. In der Pressemitteilung seines Ministeriums findet sich der ÖPNV mit keinem Wort.

Neuer grüner Umwelt- und Verkehrsminister interessiert sich für Autobrücke

Krischer besichtigte den Ersatzneubau der Erftbrücke, einer Brücke die die Querung der Bundesstraße B56 Kölner Straße in Euskirchen ermöglicht. Also eine Brücke für den motorisierten Individualverkehr. Das ist insofern bemerkenswert, dass ein grüner Minister der neu im Amt ist, nicht die Fortschritte beim ÖPNV besichtigt, sondern sich auf die Straßeninfrastruktur fokussiert. Denn nicht nur die Autobrücken wurden beschädigt, sondern auch die Strecke der Eifelbahn, die bis heute nicht wieder Trier, also Augusta Treverorum und Köln – Colonia Claudia Ara Agrippinensium – verbindet. Dabei gäbe es auch an der Bahnstrecke viel zu verbessern, etwa die durchgängige Elektrifizierung, damit keine Dieselzüge mehr durch die Kölner Umweltzone rattern müssten.

Aber für den grünen Minister dürfte es an der Erftbrücke auch politisch genehme Botschaften geben: So soll der nördliche Geh- und Radweg um 75 Zentimeter auf 3,50 Meter verbreitert werden. Und der Radfahrstreifen für Linksabbieger auf der Fahrbahn in Fahrtrichtung Wüschheim soll von 1,50 auf 1,70 Meter verbreitert werden. Insgesamt wird das Bauwerk breiter. Die Erftbrücke ist vor allem für die Zucker- und Rübenindustrie von besonderer Bedeutung, daher pausieren auch die Arbeiten an der neuen Brücke während der „Rübenkampagne“.  Die neue Erftbrücke soll ab 2024 vollständig fertiggestellt zur Verfügung stehen.

Die Bilanz des Flut-Juli 2021

Allein in Nordrhein-Westfalen wurden nach Ermittlungen des Landesbetriebs Straßenbau (Straßen.NRW) rund 116 Bauwerke – also beispielsweise Brücken, Lärmschutzwände oder Stützwände – und zwei Tunnel erheblich beschädigt. 15 der Brücken mussten komplett ersetzt werden. Außerdem kam es in 91 Fällen zu Rutschungen von Hängen.

In einem schriftlichen Statement äußert sich Krischer zur Hochwasserkatastrophe: „Wir müssen beim Hochwasserschutz den ganzheitlichen Betrachtungsansatz stärken. Wir stehen als Land vor großen Herausforderungen, unter anderem im Bereich der technischen Hochwasserschutzeinrichtungen und der Vorhersage- sowie Warnmeldesysteme. Zugleich gilt: Hochwasserschutz beginnt bereits in der Fläche. Daher werden wir den ganzheitlichen Ansatz nun ausbauen, ausreichend finanzieren und personell besser ausstatten.“

80 Millionen Euro für die Fließgewässer in NRW

Die neue Landesregierung will den Hochwasserschutz als Grundsatz in den Landesentwicklungsplan aufnehmen. Damit will die schwarz-grüne Landesregierung dem Klimaschutz Rechnung tragen, denn Minister Krischer rechnet mit intensiveren und häufigeren Starkregenereignissen. Er verweist auf den Koalitionsvertrag zwischen CDU und Grünen, der die neue NRW-Landesregierung stärker dem Klimaschutz verpflichtet. Im Bereich der Gewässer erklärt Krischer seine Ziele: „Wir stärken den ökologischen Hochwasserschutz durch Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie. In diesem Zusammenhang wollen wir das Landesprogramm ‚Lebendige Gewässer‘ fortsetzen und ausbauen. Denn Hochwasserschutz beginnt bereits in der Fläche.“ 80 Millionen Euro investiert NRW pro Jahr in die ökologische Entwicklung von fließenden Gewässern. Diese sollen in Zukunft wieder mehr Fläche bekommen, um sich im Bedarfsfall ausbreiten zu können.

Straßeninfrastruktur zum Großteil wiederhergestellt

220 Straßen mussten nach dem Flutereignis im Juli 2021 gesperrt werden in NRW. Nach 200 Tagen waren alle Sperrungen wieder aufgehoben, erklärt Straßen.NRW stolz. Dies sei möglich geworden, weil die Landesregierung Erleichterungen im Vergabeverfahren einführte. Neun der 15 Brücken die zerstört wurden seien bereits geplant oder neu gebaut.

Der grüne NRW-Umwelt- und -Verkehrsminister Oliver Krischer kommentiert diese Leistungsbilanz von Straßen.NRW: „Wir sind zwar noch nicht am Ziel. Aber wir haben beim Wiederaufbau der Straßeninfrastruktur bereits einen großen Teil umgesetzt oder auf dem Weg gebracht. Diese enorme Leistung war nur mit hohem Arbeitseinsatz möglich. Damit ist die Arbeit aber nicht getan, denn wir müssen die Klimaanpassung künftig stärker in unseren Fokus rücken: Die Folgen der Klimakrise haben uns einmal mehr gezeigt, dass wir auch unsere Infrastruktur klimafest machen müssen.“

Wie schon erwähnt kommt der ÖPNV in der Pressemitteilung des von einem Grünen geleiteten NRW-Umwelt- und Verkehrsministeriums in der Mitteilung zu den Folgen und zukünftigen Ausrichtung einer klimafesten Infrastruktur mit keinem einzigen Wort vor. Auch wenn der Wiederaufbau der Straßeninfrastruktur im Mittelpunkt steht, veröffentlicht Krischer und sein Ministerium in der Überschrift den Halbsatz: „Klimaanpassung muss stärker in den Fokus rücken“. Und dazu zählt neben der Individualmobilität der Ausbau eines leistungsfähigen ÖPNV, nicht nur um das Pariser Klimaziel zu erreichen, sondern auch bessere Möglichkeiten zu schaffen, vom Auto auf die Bahn umzusteigen. Und die Resilienz des ÖPNV gegen die Folgen des Klimawandels ist deutlich geringer, denn die Eifelstrecke wird nach wie vor in großen Teilen vom Schienenersatzverkehr bestimmt. Wer diesen jemals genutzt hat, der erlebt ein Abenteuer. Vielleicht macht sich der grüne NRW-Umwelt und -Verkehrsminister mal mutig inkognito mit der Dieselbahn auf den Weg. Die Einseitigkeit des politischen Signals auf die Straßeninfrastruktur die der grüne Krischer sendet irritiert.