Das Symbolbild zeigt einen Ford-Fiesta

Köln | aktualisiert | Die Schlagzeilen der letzten Wochen klingen noch nach: Tausende Jobs bei Ford in Köln in Gefahr. Der Kölner Rat debattierte das Thema in seiner Februarsitzung. Heute meldet die IG-Metall Köln eine zwischen dem Betriebsrat und dem Arbeitgeber ausgehandelte Betriebsvereinbarung. So kann es für die Ford-Mitarbeiter:innen weitergehen.

2 Wochen Verhandlung

Seit 2 Wochen verhandeln Ford-Betriebsrat und Arbeitgeber. Die Gewerkschaft IG-Metall spricht von „harten“ Verhandlungen. Die jetzt erreichte Vereinbarung sei eine „Zukunfts-Vereinbarung“. Sie bringe für das Unternehmen Ford Kosteneinsparungen und sichere an den deutschen Standorten von Ford die Beschäftigten ab. Damit nicht abgewendet wird der Personalabbau, den des Unternehmen bereits angekündigt hatte.

Personalabbau auf „freiwilliger Basis“ bei Ford Köln

Die IG-Metall spricht von Personalabbau auf „freiwilliger Basis“, dass mit einem Abfindungsprogramm verbunden ist. Dieses soll bis zum Jahresende 2025 abgeschlossen sein. Wie hoch der Personalabbau sein wird, das sagt die Gewerkschaft nicht. Die Mitarbeitenden, die im Unternehmen verbleiben hätten dann sichere Jobs bis Ende 2032. So lange seien dann betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen.

Die Kölner IG-Metall spricht von einer „gelungenen Vereinbarung“. Gleichzeitig fordert die Gewerkschaft die Politik auf für Betriebsräte eine echte Mitbestimmung im Betriebsverfassungsgesetz auf den Weg zu bringen.

Das sagt der Betriebsrat von Ford

Die Produktentwicklung wird deutlich verkleinert. Von 3.600 Stellen werden 1.700 abgebaut. Auch 600 Mitarbeitende in der Verwaltung müssen gehen. An den Standorten Köln und Aachen werden also 2.300 Stellen gestrichen. Der Betriebsrat sieht darin einen Erfolg, da 900 Stellen weniger wegfallen sollen als Anfangs geplant.

Benjamin Gruschka, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats, in einem schriftlichen Statement: „Wir hätten gerne noch mehr Arbeitsplätze in unserer Produktentwicklung gesichert, denn sie steht am Anfang der Wertschöpfungskette. Nur was dort entwickelt wird, kann am Ende verkauft werden. Immerhin konnten wir jetzt 900 gute, qualifizierte Arbeitsplätze und wichtige Kompetenzen für die Zukunft unserer Produktentwicklung sichern, die in der ursprünglichen Planung des Unternehmens weggefallen wären. Und wir haben für alle die Vereinbarung zum Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis zum 31.12.2032 abschließen können. Für unsere Kolleginnen und Kollegen ist das sicherlich der wichtigste Punkt unserer Vereinbarung.“

Die Reaktionen zu Ford

Oberbürgermeisterin Henriette Reker zu Ford: „Mit den heute offiziell gewordenen Plänen des massiven Stellenabbaus sind unsere Befürchtungen leider Realität geworden. Das bedeutet nach 2019 einen weiteren Einschnitt für Ford Köln. Ich bedauere dies sehr. Bis zuletzt hatten wir versucht, mit allen Beteiligten Lösungen zu finden, um dies zu verhindern. Ich stehe auch weiterhin mit dem Betriebsrat und dem Ford-Management in Kontakt und werde weiterhin alle Gesprächskanäle nutzen und alles dafür tun, um die Auswirkungen des Stellenabbaus abzufedern. Ich glaube an den Standort Köln. Ford Köln muss in Europa weiterhin führender Automobilhersteller bleiben und dafür werde ich mich weiterhin engagieren.“

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Christian Joisten im Kölner Rat: „Das ist ein grandioser Erfolg des Betriebsrates und ein extrem wichtiges Signal an die Beschäftigten! Frühe Einbindung der Beschäftigten, Bereitschaft zum Arbeitskampf und Pragmatismus in den Verhandlungen waren der Schlüssel zum Erfolg. Jetzt müssen die Grundlagen gelegt werden, damit sich Köln in den kommenden zehn Jahren zu einem der führenden Zentren moderner Mobilität und zum Industriestandort der Zukunft entwickeln kann. Dafür müssen alle vorhandenen Kräfte in Wissenschaft und Forschung im Kölner Raum gebündelt, neue Zukunftstechnologien angesiedelt und die Infrastruktur für die E-Mobilität mit hoher Geschwindigkeit ausgebaut werden, damit es hier weiter moderne Industriearbeitsplätze gibt und neue entstehen können. Das ist wichtig für den Industriestandort Köln und für das soziale Gefüge unserer Stadt. Die SPD wird sich mit konkreten Ideen und Vorschlägen an diesem Zukunftsprozess beteiligen.“

Das sagt die SPD im Land

Thomas Kutschaty, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Landtag NRW: „Wir bedauern den Stellenabbau bei Ford sehr. Diese Entwicklungen sind kein gutes Zeichen für unseren Industriestandort. Mit dem Inflation Reduction Act, der im Sommer 2022 in den USA verabschiedet worden ist, werden umfassende Investitionsanreize und Steuervergünstigen gewährt, die in der Europäischen Union (EU) fehlen. In der Folge verlagern europäische Unternehmen derzeit ihre Auslandsinvestitionen vor allem nach Amerika und investieren weniger in der EU. Dieses America-First-Prinzip gefährdet den Industriestandort NRW massiv. Seit mehr als einem Jahr fordern wir nun schon einen Transformationsfonds für NRW, aus dem Unternehmen die klimafreundliche Umstellung ihrer Geschäftsmodelle und Prozesse finanzieren können. Dazu sind wir noch in der vergangenen Woche in Brüssel vorstellig geworden, um den beihilferechtlichen Rahmen in der EU für diesen Zweck zu lockern. Von Ministerpräsident Wüst und seiner schwarz-grünen Landesregierung gibt es dazu bisher aber keinerlei Initiative. Er muss die Industriepolitik endlich zur Chefsache machen und darf sie nicht weiter so stiefmütterlich behandeln. Die EU-Kommission hat nun eine europäische Antwort auf den Inflation Reduction Act angekündigt. In den nächsten Monaten werden diese Eckpunkte beraten. Hier muss die wirtschaftspolitische Stimme Nordrhein-Westfalens in Brüssel und Berlin hörbar werden, um dieses Zeitfenster für Veränderungen des Beihilferahmens zu nutzen. Offenbar reicht der Kontakt von Hendrik Wüst zu EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen aber nur für die Teilnahme an Neujahrsempfängen der CDU und nicht für die Sicherung von heimischen Arbeitsplätzen. Für Letzteres hat sich der Gesamtbetriebsrat von Ford bis zuletzt mehr als stark gemacht. Seinem Einsatz ist es zu verdanken, dass bis 2032 keine betriebsbedingten Kündigungen ausgesprochen werden. Das zeigt einmal mehr, wie wertvoll die Mitbestimmung in unserem Land ist. Der Ministerpräsident bleibt derweil eine Strategie im Bereich Automotive schuldig, um den Standort NRW und seine Arbeitsplätze auch für die Zukunft der Elektromobilität gut aufzustellen.“

ag