Köln | In einem „Offenen Brief“ wandte sich der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) an den Kölner Oberbürgermeister Jürgen Roters. In dem Schreiben soll begründet werden, warum es bei unserem Austritt des BUND aus dem Kölner Logistikforum, zuständig für den Hafenausbau in Godorf, bleibt.

Hier der Brief im Originalwortlaut:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

besten Dank für Ihre ausführliche Begründung für die Nichtbehandlung des Hafens Godorf im Logistikforum. Leider überzeugen Ihre Ausführungen nicht und der BUND bleibt deshalb dabei, seine Mitarbeit im Logistikforum zu beenden.

Unsere Gründe im Einzelnen:

Gerade, weil das erste Planverfahren nicht den Anforderungen der Verwaltungsgerichte entsprach
und deshalb vom Rat ein neues Planverfahrenin 2011 angestoßen werden musste, ist die Situation
wieder offen für eine Neubewertung. Folgerichtig sprechen auch Sie in der Betreffzeire vom „geplanten Ausbau“ und in der FNP/B-Plan-Beschlussvorlage vom Oktober 2012 werden ja auch neue Argumente zur Begründung bzw. Bewertung des Hafenausbaus in Godorf vorgelegt.
Aber selbst wenn dieser formale Aspekt Sie nicht überzeugt, so sollten Sie doch zur Kenntnis nehmen, dass die nachzuweisende Erforderlichkeit von Godorf immer schon auf sehr ‚dünnen Beinen stand und immer noch steht:

1. Erforderlichkeit 1: Über 20 Jahre stand in Gutachten und dem Planfeststellungsbeschluss
2006 die Begründung im Vordergrund, Godorf sei „alternativlos“, weil im Hafen Niehl die Kapazitäten erschöpft seien. Dieses Arqument wurde inzwischen von der HGK selbst und das gleich doppelt Widerlegt:

• 1988-2010: Godorf wurde bekanntlich 20 Jahre lang nicht ausgebaut aber im Hafen
Niehl für jeden sichtbar 143.000 qm oder jedes Jahr ein Fußballfeld für Container umgerüstet.
Niehl war also über 20 Jahre lang „nicht voll“ .

• 2012: Heute macht die HGK die weitere Umrüstung von Niehl zum festen Bestendteil ihrer
Zukunftsplanung. Gemäß FNP/B-Plan-Beschlussvorlage 2012 werden im Hafen Niehl zwischen
2010 und 2030 noch weitere 1 10.000 qm umgerüstet. Schiffs- und Bahnumschlag
sollen von 221.000 lEU auf 421 .000 TEU verdoppelt werden. Niehl wird also auch für die
nächsten 20 Jahre nicht „voll“ sein. In einem Beitrag des Kölner Stadtanzeigers wurde 2009
schon vorsichtig die Frage gestellt: „Millionen-Ausbau unter falschen Annahmen genehmigt?
Studie bestätigt, dass in Niehl genügend Reservefläche für Container vorhanden ist“. (KStA,
24./25.01.2009, S. 33). Jetzt, vier Jahre später, bestätigt die HGK selbst diesen Anfangsverdacht
in einem offiziellen Planverfahren.

2. Erforderlichkeit 2: Folgerichtig kann die HGK In der Beschlussvorlage 2012 das alte Ausschluss-
Argument „Niehl ist voll“ nicht mehr nutzen. Beständigkeit zeigt sie aber weiterhin in der
Kunst, lästige Alternativ.en zu Godorf auszublenden. So werden in der Mengenanalyse der Beschlussvorlage und des PLANCO-Gutachtens (Marktanalyse über die Kölner Häfen, August
2012) nur der Hafen Niehl und das Hafenprojekt Godorf betrachtet. Der Hafen Bonn (= nicht
Köln) sowie das trockene Terminal Eifeltor im Kölner Süden und das trockene Terminal Köln-
Nord (=nicht Häfen) werden nicht nur im Titel der Studie sondern auch in den Berechnungen
ausgeklammert.

• Diese künstliche Verengung des Blickfelds ist völlig willkürlich, weil sowohl Bonn wie Eifeltor
den südlichen Einzugsbereich für Containerumschlag seit Jahren abdecken und in 2012 ihre
Kapazitäten deutlich erweitert haben: Die Schiffskapazität in Bonn wurde um + 132.,000 TEU
verdreifacht, die Bahnkapazität von Eifeltor um + 120.000 TEU erhöht. Außerdem entstehen
Reserven Im Kölner Norden; Das Terminal Köln-Nord ist im Bau (+400.000 TEU) und Niehl
, wird für +200.000 TEU bis 2030 umgerüstet. In diese aktuelle Erweiterungsgeneration wurden
oder werden immerhin fast eine Viertelmilliarde Euro (2;37 Mio Euro) investiert und die
Gesamtkapazität der Kölner Region verdoppelt.

• Bei diesem massiven Kapazitätsaufbau drängt sich die Frage geradezu auf“ ob Köln den Hafen
Godorf als No. 5 – Erweiterung überhaupt noch braucht. Ganz sicher ist.idcss die Kombination
Godorf/Bonn im Kölner Süden die Schiffskapazitäten mehr als verfünffacht und unwirtschaftliche
Überkapazitäten fast bis 2050 auftürmt.

Sie werden sicher verstehen, dass wir bei dieser wen’ig vertrauenerweckenden Ausgangslage Grund
zur Hoffnung hatten, über das Regionale Logistikkonzept zu einer Faktenklärung zu kommen. Nicht
nur aus dem satzungsgemäßen Umwelt- und Naturschutz-Interesse des BUND heraus, sondern vor
allem hinsichtlich Ihrer Gesamtverantwortung für die Bürger der Stadt muss es eine hohe Priorität
haben, seriös herauszufinden, ob nachvollziehbare, logistisch zwingende Gründe vorliegen für diese
No. 5 – Standorterweiterung in Godorf, die 70-80 Mio Euro an öffentlichen Mitteln und die Zerstörung von 150.000 qm Naturschutzgebiet erfordert. Dass dies offensichtlich nicht gewollt wird, enttäuscht und macht eine weitere Mitarbeit in diesem Gremium, das offensichtlich bestehende Alternativen und Handlungsspielräume ausblenden soll, sinnlos.

Autor: dd