Köln | Die seit dem 30. September geltende Entsorgungsregelung von HBCD-haltigen Dämmstoffen bereite den Baubetrieben, aber vor allem Dachdeckern erhebliche Schwierigkeiten, so die Handwerkskammer zu Köln (HWK). Daher appelliere die HWK an das Land und bitte um Unterstützung im Bundesrat.

HWK: Durch die neue Regelung drohen hohe wirtschaftliche Schäden

Erhebliche Schwierigkeiten sollen wegen der seit dem 30. September 2016 geltenden Entsorgungsreglung von HBCD-haltigen Dämmstoffen vor allem Dachdecker aber auch andere Baubetriebe haben, sagt die HWK. Durch die Einordnung der Dämmstoffe als „gefährliche Abfälle“ sollen die Betriebe kaum Möglichkeiten haben die Bauabfälle zu entsorgen, so die HWK. Dies führe dazu, dass keine neuen Bauprojekte begonnen und Kundenanfragen nicht beantwortete werden können – denn eine Preisfindung für die Entsorgung der betreffenden Abfälle sei derzeit nicht möglich, erklärt die HWK.

Die für laufende Bauerträge vereinbarten Entsorgungspreise seien nicht mehr auskömmlich, weshalb hohe wirtschaftliche Schäden drohen. Darüber hinaus können Umweltschäden entstehen, weil manche Betroffenen keinen anderen praktisch durchführbaren Weg als die vorschriftswidrige Entsorgung sehen, beschreibt die HWK die aktuelle Situation.

„Auch wenn die möglichst umweltfreundliche Beseitigung problematischer Stoffe eine wichtige Zielsetzung ist, so muss sie aber überhaupt praktisch umsetzbar sein. Das ist bei den zur Zeit geltenden Entsorgungsregelungen und – gegebenheiten jedoch nicht der Fall,“ erklärt Dr. Ortwin Weltrich, Hauptgeschäftsführer der Kölner HWK.

Handwerk unterstützt Abfallverzeichnisverordnung des Bundes rückgängig zu machen

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks hatte auf eine entsprechende Bundesrats-Initiative angeboten die Änderung der Abfallverzeichnisverordnung des Bundes, die mit Wirkung zum 30. September 2016 erfolgt ist, rückgängig zu machen. Das Handwerk hat diesen Vorschlag unterstützt, weil er der einzige vernünftige Weg zur Lösung der Entsorgungs-Krise ist. Deshalb sollen die Bundesländer Sachsen, Thüringen, Saarland, Berlin, Rheinland-Pfalz, Bayern und Mecklenburg-Vorpommern angekündigt haben, bei der Bundesratssitzung am 16. Dezember einen entsprechenden Antrag zu unterstützen, sagt die HWK.

In Nordrhein-Westfalen halte entgegen anderslautender Berichte die Entsorgungs-Krise unvermindert an, betont die HWK. Ein Schreiben des NRW-Umweltministeriums vom 25. Oktober 2016 an die Bezirksregierungen habe keine Entlastung gebracht.

NRW Umweltminister sei gegen den Vorschlag Hendricks

Der Umweltminister des Landes NRW habe sich dem Vernehmen nach bei der Umweltministerkonferenz vergangene Woche gegen den Vorschlag von Frau Ministerin Hendricks ausgesprochen. „Unsere große Sorge ist, dass sich NRW bei der Abstimmung im Bundesrat genauso verhält. Dies wäre jedoch sehr wirtschafts- und verbraucherfeindlich,“ so Dr. Weltrich.

HWK appelliert an alle Landtagsabgeordnete in Kammerbezirken

Die Handwerkskammer habe deshalb alle Landtagsabgeordneten in ihrem Kammerbezirk angeschrieben und dringend gebeten, im Landtag parteiübergreifend dafür einzutreten, dass bei der Styropor-Entsorgung der Status Quo von vor dem 30. September wiederhergestellt wird und damit NRW im Verbund mit der Bundesregierung einen Beitrag zur Entschärfung der Situation leistet.

Hintergrund

Ursache der prekären Situation sind die deutsche Abfallverzeichnis-Verordnung vom 4. März 2016 (AVV), die europäische POP-Verordnung (EG) Nr. 850/2004 und die Verordnung (EU) 2016/460 vom 30. März 2016. Abfälle, die persistente organische Schadstoffe, sogenannte POP, enthalten, müssen so verwertet oder beseitigt werden, dass diese Schadstoffe zerstört oder unumkehrbar umgewandelt werden. Durch eine Änderung der AVV gilt Bauschutt, in dem das Flammschutzmittel HBCD enthalten ist, seit dem 30. September 2016 als gefährlicher Abfall, wenn der festgelegte Grenzwert von 1000 mg/kg überschritten wird. Für Polystyrol-Dämmstoffe wie Styropor, die mit HBCD behandelt wurden, darf deshalb nur eine spezielle Entsorgung in den wenigen dafür zugelassenen Anlagen statt finden.

Europarechtlich verpflichtend ist diese Einstufung jedoch nicht. Die Bundesregierung hält eine Einstufung als Sonderabfall nicht für erforderlich (BT-Drucksache 18/4129, dort Fragen 30 und 31). Die thermische Entsorgung unter hoher Hitze im Rahmen von gemischten Bauabfällen reicht aus, um HBCD vollständig zu vernichten, und erfüllt alle EU-Vorgaben.

HBCD war das Standardflammschutzmittel für Polystyrol und ist durch das neue Flammschutzmittel Polymer FR ersetzt worden

Autor: Irem Barlin