Köln | Zum Herbst freuen sich die Unternehmen im Rheinland weiterhin über eine überdurchschnittlich gute Geschäftslage. Das zeigt das neue Konjunkturbarometer der sechs Industrie- und Handelskammern Aachen, Bonn/Rhein-Sieg, Düsseldorf, Köln, Mittlerer Niederrhein und Wuppertal-Solingen-Remscheid. Bei der Umfrage hatten sich 2400 Unternehmen beteiligt.

Vier von zehn Betrieben halten ihre Lage für gut, fast jeder zweite bezeichnet sie als befriedigend. Nur jeder neunte Befragte ist unzufrieden. „Der Geschäftslage-Index, der die Differenz der positiven und negativen Lageeinschätzungen wiedergibt, ist seit dem Jahresbeginn von guten 26 auf nunmehr 31 Punkte gestiegen“, sagt Michael F. Bayer, Hauptgeschäftsführer der IHK Aachen, bei der Präsentation der Umfrage in Köln.

„Die Binnennachfrage ist inzwischen eine stabile Säule des Wachstums. Dadurch trotzt die Konjunktur der schwächelnden Wirtschaft in China“, erklärt Ulf Reichardt, Hauptgeschäftsführer der Kölner IHK. Ein Viertel der Befragten bewertet die konjunkturellen Aussichten überwiegend positiv, jeder sechste Betrieb ist wenig zuversichtlich.

Allerdings gibt Reichardt zu bedenken, dass es aktuell viele Unsicherheiten gibt, die sich wohl erst im Frühjahr beim Konjunkturbarometer niederschlagen werden. So rücke der Krieg mit der Ukraine und der Türkei immer näher. „Auch die VW-Krise kann sich in einer Region mit 100 Automobilzulieferern und 100.000 Beschäftigten auswirken. Insgesamt hat auch die Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit der deutschen Industrie gelitten.“ Ein weiterer Unsicherheitsfaktor sei außerdem der stete Flüchtlingszustrom und die Frage, ob die Bundesregierung diese bewältigen kann.

Wegen der positiven Aussichten werde sich auch die Zahl der Beschäftigten weiter erhöhen. Die Auswirkungen des Mindestlohngesetzes dürften erst bei einer konjunkturellen Abkühlung spürbar werden, und auch die Tarifvertragsparteien hätten weitgehend akzeptable Lösungen gefunden, erklärten die IHK-Hauptgeschäftsführer.

Entscheidend für die Entwicklung der Beschäftigung in einigen Branchen werde aber sein, ob überhaupt genügend geeignetes Fachpersonal zur Verfügung steht. Im Vergleich zu den Vorjahren schätzen deutlich mehr Unternehmen den Fachkräftemangel als großes Problem für das Wirtschaftswachstum ein. Jeder dritte Betrieb sieht darin das größte Konjunkturrisiko – ein Anstieg um sechs Prozentpunkte. Bei der IHK selbst versucht man verstärkt mit Praktika und Sprachlernangeboten die jetzt ankommenden Flüchtlinge ins Berufsleben zu integrieren.

Die exportorientierten Unternehmen bleiben weiterhin zuversichtlich. Allerdings sind die Erwartungen an das Auslandsgeschäft in den vergangenen beiden Jahren kontinuierlich gesunken und bleiben mittlerweile deutlich hinter dem langjährigen Durchschnittswert zurück. Der Konjunkturschwäche in China stehen bessere Geschäfte in Europa und ein verstärktes Geschäft mit den Vereinigten Staaten gegenüber, das auch vom schwachen Euro-Kurs profitiert. Auch die weiterhin vergleichsweise niedrigen Energie- und Rohstoffpreise haben positive Auswirkungen auf das Auslandsgeschäft.

„Insgesamt sehen wir das Rheinland gut aufgestellt. Branchen mit einem besonders günstigen Geschäftsklima sind das Gastgewerbe, die Medien- und Kommunikationswirtschaft, die IT-Branche, die Beratung und Wirtschaftsprüfung, die Gesundheitswirtschaft und die Chemische Industrie“, fasst Reichardt zusammen. Mehr Probleme gibt es wegen der gestiegenen Agrarpreise beim Ernährungsgewerbe sowie im Finanzsektor. Dagegen freut sich der stationäre Einzelhandel auch im digitalen Zeitalter wegen der guten Konsumlaune über gute Geschäfte. Dazu wird der Onlinehandel auch immer intensiver von klassischen Einzelhändlern genutzt.

Autor: Stephan Eppinger