Die Blütezeit Kölns
„Köln war unbestreitbar eine der Hauptstädte des europäischen Mittelalters“, betonte Dr. Mario Kramp, Direktor des Kölnischen Stadtmuseum. Das heutige Wissen über das Mittelalter beruht auf überlieferten Schriften aus dieser Zeit, aber auch auf archäologischen Funden. „Gerade in Köln haben wir in den letzten Jahre eine Fülle an neuen Funden entdeckt“, erklärte heute Dr. Marcus Trier, kommissarischer Leiter des Römisch-Germanischen Museums und der Bodendenkmalpflege sowie Mitherausgeber des Katalogs. Zu den neueren Ausgrabungen gehörten etwa die Grabungen von 1996 bis 1998 am Heumarkt oder derzeit im Rahmen des U-Bahn-Baus. Einige der neusten Entdeckungen wären dabei auch in den Katalog mit aufgenommen worden. Dazu gehört etwa ein Kamm, der aus einem Knochen geschnitzt wurde. Er diente vermutlich dazu, Läuse aus dem Haar zu kämmen.

„Ohne den Rhein hätte es Köln nicht gegeben“
Zehn Jahre lang arbeiteten Werner Schäfke, Marcus Trier und eine ganze Reihe weiterer Autoren an dem Werk. Sie durchforsteten unter anderem den etwa 300.000 Exponate umfassenden Bestand des Kölnischen Stadtmuseums. Angesichts dieser enormen Summe an Funden kann der Katalog natürlich nur eine Auswahl zeigen. Ausgewählt wurden die Objekte, die zusammen ein Bild des Lebens im Mittelalter in Köln entwerfen, erklärt Werner Schäfke, ehemaliger Direktor des Kölnischen Stadtmuseums und Mitherausgeber des Katalog, heute. Denn das Buch soll sowohl für interessierte Kölner als auch für Wissenschaftler lesenswert sein. Schäfke und Trier haben sich dabei für eine thematische Gliederung der Funde entschieden. In einem ersten großen Kapitel beleuchtet der Katalog die Stadt und ihre Bewohner – vom Bürger, über die Juden und die Universität bis hin zu den Wilden Leuten und dem Erzbischof. Ein zweites Kapitel widmet sich dem Leben des Hermann von Goch, der unter anderem von Kaiser Karl IV: zum Kaplan ernannt wurde. Das Kölnische Stadtmuseum besitzt einen großen Nachlass des Kölners. Dazu gehört etwa ein grüner Gürtel oder ein Geldbeutel mit Darstellung eines Hundes.

Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit dem Thema der Frömmigkeit. Denn bereits im Mittelalter galt Köln als Pilgerziel. Das umfangreichste Kapitel befasst sich mit dem Alltag in Köln. Die vorgestellten Exponate geben etwa Aufschluss über das Essen im Mittelalter, Kleidung, Freizeit, Bildung und etwa Hygiene. Bereits in merowingischer Zeit gab es in Köln Latrinen. Zudem besaßen die Bürger Kämme, Pinzetten und Gefäße zur Waschung. Dazu gehört etwa ein Aquamanile. Der Wasserbehälter wurde bei einem Bombenfund in Köln gefunden und diente der Handwaschung bei Tisch. Es ist aus Keramik und hat die Tierform eines Hundes. In seiner Dauerausstellung zeigt das Museum schon jetzt einen wahren Schatz: Ein lebensgroßes Pferd aus Holz mit Harnisch. Die Figur stammt wahrscheinlich aus dem 16. Jahrhundert und dürfte damit das Älteste seiner Art sein. Neben dem Alltag wird auch der Handel ausführlich betrachtet. Denn die Stadt verdankte ihren Reichtum dem florierenden Rheinhandel. „Ohne den Rhein hätte es Köln nicht gegeben“, betonte Trier. 

„Das Buch ist ein Meilenstein“
„Es ist ausgesprochen wichtig, zu zeigen, was an Beständen aus dem Mittelalter in unserem Bestand ist“, betonte Kramp. Denn nur ein sehr geringer Teil könne im Museum selbst gezeigt werden. Viele der im Katalog vorgestellten Exponate seien dem Kölner Publikum bislang völlig unbekannt. Kramp räumte sogar ein, er selbst hätte von so manchem Stück vorher nicht gewusst. „Das Buch ist ein Meilenstein und für mich auch Inspiration“, so Kramp weiter. Denn der Museums-Direktor will die Dauerausstellung des Kölnischen Stadtmuseums grundlegend erneuern. Dabei werden wohl auch einige Exponate aus dem Bestand hervor geholt, die bislang nicht ausgestellt wurden. So vielleicht etwa eine zehn Quadratmeter große Fläche des Bodenbelags des Heumarkts. Sie ist Schäfke „Lieblingsstück“ und wiegt bis zu sieben Tonnen.  

Kramp zeigte sich von dem Katalog so begeistert, dass er weitere Titel für möglich hält. Denn auch wenn das Buch viele neue Erkenntnisse über die Zeit des Mittelalters präsentierten, seien während der Arbeit auch viele Fragen offen geblieben. Darüber hinaus sei etwa auch ein Katalog zu den Beständen der Neuzeit wünschenswert. Mitherausgeber Trier würde sich auch über einen Katalog zur Antike freuen. „Das stünde unserem Römisch-Germanischen Museum sicherlich gut“, so Trier. Verleger Hermann-Josef Emons sprach für derartige Projekte heute schon sein Interesse aus. Denn auch bei dem nun erschienenden Buch sei er sich von Beginn an sicher gewesen, „dass das Buch in Köln einen Markt finden wird“, so Emons.



Mittelalter in Köln. Eine Auswahl aus den Beständen des Kölnischen Stadtmuseums
Herausgegeben von Werner Schäfke und Marcus Trier unter Mitarbeit von Bettina Mosler
416 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
Köln: Emons Verlag 2010
49,90 Euro
ISBN: 978-3-89705-654-1

Cornelia Schlößer für report-k.de/ Kölns Internetzeitung