Köln | Rund 40.500 Menschen in Köln haben neben dem Haupterwerb noch einen Minijob – 61 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. Das teilt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) mit. Die NGG Köln beruft sich dabei auf neueste Zahlen der Arbeitsagentur. Zweitjobs seien demnach besonders im Gastgewerbe verbreitet: 5.640 geringfügig Beschäftigte arbeiten in der Branche in Köln – zusätzlich zu einer sozialversicherungspflichtigen Stelle. Gegenüber 2007 stieg ihre Zahl um 85 Prozent, so die Gewerkschaft.

Mohamed Boudih, Geschäftsführer der NGG Köln, spricht von einem „alarmierenden Trend“: „Es kann nicht sein, dass immer mehr Menschen mit einem normalen Arbeitsverhältnis nicht über die Runden kommen.“ Auf den ersten Blick verzeichne der Arbeitsmarkt in der Stadt steigende Beschäftigungsquoten. „Doch die hohe Zahl der Zweitjobber zeigt, dass nicht alles Gold ist, was auf dem Arbeitsmarkt glänzt“, so Boudih.

Aushilfen können auf Dauer keine Fachkräfte ersetzen“

Mit Blick auf das Gastgewerbe kritisiert der Gewerkschafter, die Branche dürfe nicht zur bloßen Minijobber-Domäne werden. „In Hotels, Pensionen und Restaurants brauchen wir mehr gelernte Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigte. Aushilfen können auf Dauer keine Fachkräfte ersetzen.“ Schon heute seien die Klagen über fehlende Köche und Oberkellner groß. Doch die gewinnt man nur, indem man gute Löhne zahlt, betont die Gewerkschaft.

Appell an die Politik

Dringenden Handlungsbedarf siehe die NGG auch bei der Politik. „Wenn laut Arbeitsagentur in Köln mittlerweile gut jeder vierzehnte sozialversicherungspflichtig Beschäftigte einen Nebenjob hat, dann ist hier etwas aus dem Ruder gelaufen“, betont Boudih. Der gesetzliche Mindestlohn sei zwar ein erster wichtiger Schritt gewesen, um extreme Niedriglöhne abzuschaffen, doch mit derzeit 8,84 Euro pro Stunde liege die Untergrenze zu niedrig, um davon allein als Vollzeit-Beschäftigter etwa eine bezahlbare Wohnung in der Stadt zu finden.

„Nächste Bundesregierung muss sich um die Rente kümmern

Boudihplädiert dafür, dass ausgehandelte Tarifverträge künftig in allen Betrieben einer Branche gelten sollen – unabhängig davon, ob der Chef in einem Arbeitgeberverband ist oder nicht. „Zugleich muss sich die nächste Bundesregierung dringend um die Rente kümmern. Ein Großteil der Menschen, die heute auf einen Zweitjob angewiesen sind, wird im Alter mit Armutsbezügen leben müssen. Hier brauchen wir eine Haltelinie nach unten“, sagt Boudih.

Autor: ib | Foto: NGG