NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur auf der Pressekonferenz zur Wirtschaftsministerkonferenz in Dortmund am 1. Juli 2022. | Foto: Screenshot

Köln | In Dortmund trafen sich die Wirtschaftsminister zur Wirtschaftsministerkonferenz. NRW und damit die neue NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur, Grüne, hat den Vorsitz. Neubaur betonte vor den Herausforderungen einer möglichen Gasmangellage, dass die Landesregierung zu pragmatischen und unkonventionellen Lösungen bereit sei, um die Energiesicherheit sicherzustellen, dabei aber nicht aus dem Blick verlieren will die Wirtschaft in eine klimaneutrale Zukunft zu führen.

Zwei Tage tagten die Wirtschaftsminister der Bundesländer in Dortmund unter dem Vorsitz von Mona Neubaur, Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie sowie stellvertretende Ministerpräsidentin des Landes Nordrhein-Westfalen. Gestern war auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck der Wirtschaftsministerkonferenz der Länder zugeschaltet. Die Länder so Neubaur seien sich einig, die Abhängigkeit von den russischen Gaslieferungen zu reduzieren und zu beenden. Aktuell sei das Szenario allerdings beunruhigend und daher gebe es ein Bündel an Maßnahmen zum Erhalt der Energiesicherheit, das gut abgestimmt zwischen Bund und Ländern sei.

Carbon Leakage

Wichtig so Neubaur sei es in der aktuellen Lage schon jetzt den Gasverbrauch zu senken. Dies betreffe die Industrie genauso wie die privaten Verbraucher. Die Grüne Neubaur machte aber auch deutlich, dass derzeit die Nutzung von Kohle zuzulassen sei. Gleichzeitig will sie und die Wirtschaftsminister der Länder keine Zeit mehr verlieren die erneuerbaren Energien auszubauen und auf eine Diversifizierung bei den Energieimporten zu drängen. Die Wirtschaftsminister sehen im Umbau der Wirtschaft in Richtung Klimaneutralität einen Gamechanger der die Wettbewerbsfähigkeit der Deutschen Wirtschaft stärke. Ziel müsse es sein die Wirtschaft zu dekarbonisieren. Gleichzeitig müsse verhindert werden, dass energieintensive Branchen in Länder ausweichen, die geringere Umwelt- und Klimastandards vorschrieben. Neubaur spricht hier von einem Bärendienst, wenn Deutschland das sogenannte Carbon Leakage – also das Verlagern von CO2-Emissionen, die in Nicht-EU Drittstaaten unter das Europäische Emissionshandelssystem (engl. Emission Trading System (ETS)) fallen – zulasse.

Neubaur macht sich für grünen Wasserstoff stark und fordert Leitplanken für eine nationale Wasserstoff-Strategie. Sie appellierte an Bürger und Industrie jetzt schon Gas zu sparen und sagte: „Jede Kilowattstunde zählt“.

Jürgen Barke, saarländischer Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitales und Energie sowie stellvertretender Ministerpräsident auf der Pressekonferenz anlässlich der Wirtschaftsministerkonferenz in Dortmund am 1. Juli 2022. | Foto: Screenshot

Gasmangellage bereitet allen Bundesländern Sorge

Jürgen Barke, saarländischer Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitales und Energie sowie stellvertretender Ministerpräsident, schloss sich diesem Appell an und zeigte die Dramatik der Lage auf, indem er auf die Sorgen um den Betrieb der Pipeline Nord Stream 1 verwies. Es sei unklar ob die Pipeline nach der Revision überhaupt noch einmal ans Netz ginge und über sie Gas aus Russland Deutschland erreiche. Wer jetzt spare schone nicht nur seinen Geldbeutel, sondern helfe bei der Sicherung von Arbeitsplätzen.

Sven Schulze, Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten des Landes Sachsen-Anhalt auf der Wirtschaftsministerkonferenz in Dortmund am 1. Juli 2022 und der anschließenden Pressekonferenz. Foto: Screenshot

Sven Schulze, Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten des Landes Sachsen-Anhalt, zeigte das Problem und die Dramatik einer Gasmangellage am Beispiel seines Landes auf. Wenn im Chempark Leuna kein Gas mehr zur Verfügung stünde hätte dies Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaft bundesweit, ja sogar auf Europa, da dann Lieferketten unterbrochen werden. Schulze machte deutlich, dass eine solidarische Verteilung der vorhandenen Energie auf alle Bundesländer wichtig sei. Er zeigte aber auch auf, dass die derzeitige Finanzierungssituation bei der Umstellung auf Produktionen etwa mit erneuerbaren Energien vor allem im Bereich der Großprojekte für die Länder schwierig zu stemmen sei. Denn bei Großprojekten könnten Länder wie Sachsen Anhalt nicht die 70/30-Regel umsetzen. Hier müsse der Bund einen höheren prozentualen Anteil bei der Förderung übernehmen.

Uniper, KMU und Stadtwerke

Ob der Bund etwa bei Uniper einsteige, sei eine Frage, wie das Gesamtsystem abgesichert werden könne, bis hinunter auf die Ebene der Stadtwerke, so Barke. Sollte die Bundesregierung bei Uniper einsteigen, dann, so Barke, gehe es nicht darum ein einzelnes Unternehmen zu stützen, sondern das Gesamtsystem. In diesem Zusammenhang verwies Schulze auf die Absicherung der KMUs, damit diese nicht vergessen werden. Auch sie dürften nicht weniger Gas erhalten, wenn der Verteilkampf beginne und nur noch die zum Zuge kämen, die über genügend finanzielle Reserven verfügten.

Fracking in NRW

Beim Thema Fracking in NRW war von Neubaur kein klares Ja oder Nein zu hören. Sie wich aus und verwies darauf, dass im Koalitionsvertrag zwischen CDU und Grünen Fracking nicht vorgesehen sei. Es gäbe noch keine Meinung der Landesregierung zu dem Thema. Allerdings merkte sie an, dass der Landesregierung die Verantwortung für den Wirtschaftsstandort bewußt sei und bei der Energieversorgung Maßnahmen und pragmatische Lösungen gefragt seien. Auch unkonventionelle Maßnahmen seien möglich, um die Energiesicherheit in NRW zu gewährleisten. Aber es bliebe beim Ziel einer klimaneutralen Wirtschaft in NRW, die es zu erreichen gelte.