Köln | Am gestrigen Dienstag fand der Wirtschaftstag der Genossenschaftsinstitute in Rheinland und Westfalen statt . Dazu hatten 102 Volksbanken, Raiffeisenbanken sowie Spar- und Darlehnskassen ihre mittelständische Klientel nach Köln im Staatenhaus am Rheinpark eingeladen. Über 3.200 Unternehmer folgten sowohl dieser Einladung als auch den prominent besetzten Talk-Runden. Im Mittelpunkt der Gespräch standen dabei Werte, Traditionen und Verantwortungsbereitschaft, die, so der allgemeine Tenor, den Mittelstand auszeichneten.

Den „vermutlich größten Wirtschaftskongress Europas“ eröffnete der Vorstandsvorsitzende des Rheinisch-Westfälischen Genossenschaftsverbandes (RWGV), Ralf W. Barkey, mit einem Zitat der Theologin Prof. Dr. Margot Käßmann: „Wenn Geld das Wichtigste im Leben wird, läuft irgendetwas falsch, dann ist die Werteskala verrutscht.“ Dieser Satz sei ihm genauso in Erinnerung geblieben wie die Erkenntnis von NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft beim diesjährigen Verbandstag: „Genossenschaften haben eine eingebaute Gierbremse.“Barkey sagte, er habe sich beide Aussagen gemerkt, „weil beide Zitate mit wenigen Worten zeigen, dass es nicht ausreicht, in den Kaderschmieden der Wirtschaftswelt einen knallharten homo oeconomicus zu züchten, um erfolgreich zu sein“. Die Wirtschaft brauche auch das, was man Werte nenne: „Heute mehr denn je.“ Der deutsche Mittelstand gehe da seit jeher mit gutem Beispiel voran.Der Mittelstand sei ein starkes Stück Wirtschaft in Rheinland und Westfalen, machte der RWGV-Vorstandsvorsitzende deutlich: „Mittelstand – das ist darüber hinaus eine Haltung, eine Einstellung. Das ist persönlicher Einsatz, persönliche Kreativität, persönliches Risiko und vor allem auch Haftung – und persönlicher Erfolg.“

Barkey verlangte mit Blick auf die politischen Bestrebungen zu einer europäischen Bankenunion, dass die Gesetzgeber nicht alle Banken in einen Topf werfen. Er kritisierte scharf, dass „um die vorbildliche und unverzichtbare Sicherungseinrichtung der Kreditgenossenschaften geschachert wird“. Der RWGV-Vorstandsvorsitzende verlangte, dass der Gruppe der Volksbanken und Raiffeisenbanken keine europäische Einheitsaufsicht übergestülpt werden dürfe: „Das ist teuer, ineffizient und sachlich unangemessen. Auch das muss endlich vom Tisch.“ Zugleich sah er die Gefahr, dass „immer mehr bürokratische Hürden den Banken die unerlässliche Flexibilität nehmen, mittelständischen Unternehmen die nötigen Kredite zu gewähren“. Es sei nahezu ein Wunder und nur dem hohen finanziellen wie personellen Einsatz der Kreditgenossenschaften zu verdanken, dass es auch im laufenden Jahr zu keiner Kreditklemme gekommen ist.

Laut Informationen der RWGV ist die Summe der Kredite, die die rheinisch-westfälischen Genossenschaftsbanken vergeben haben, in den vergangenen Monaten deutlich angewachsen. Anders als im Vorjahr wären die Kredite an Unternehmen und Selbstständige dabei der wichtigste Wachstumsträger. Ihr Bestand sei in den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres 2012 um 4,9 Milliarden Euro auf 65,1 Milliarden Euro gestiegen.

Prof. Dr. Klaus Töpfer, ehemaliger Bundesumweltminister und ebenfalls Gast des Wirtschaftstages, lobte die Genossenschaftsinstitute für ihre Geschäftspolitik. Sie stellten den Teil der Bankenwirtschaft, der ohne Skandale durch die Finanzkrise gekommen sei. Töpfers Konsequenz: Man solle mehr auf die Meinungen der Genossenschaften hören.

Autor: dd