Köln/Leipzig | aktualisiert 12.7.2012, 09:22 Uhr, 15:22 Uhr, 17:52 Uhr | Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig gegen eine Bettensteuer bei beruflichen Hotelübernachtungen will die Stadtverwaltung Köln ihre eigene Regelung überprüfen. Auch Köln fordere eine Abgabe für private und berufliche Übernachtungen, teilte die Stadtverwaltung am Mittwoch mit. Sie wolle zunächst die schriftliche Urteilsbegründung abwarten. Die Veranlagung der Abgabe werde daher vorsorglich zurückgestellt. Aktualisiert: Der Deutschen Hotel- und Gaststättenverband fordert nun von der Stadt Köln, die isher erhobenen Steuergelder von 4,5 Millionen Euro an die Hoteliers zurückzuzahlen. Laut der Kölner CDU droht der Stadt nun ein Haushaltssicherungs-Konzept.

17:52 Uhr > CDU: Städtischer Haushalt nicht mehr genehmigungsfähig?

Weil Köln die Einnahmen aus der Bettensteuer wohl fehlen werden, droht der Stadt nun das Haushaltssicherungs-Konzept, erklärte heute die Kölner CDU. Die Stadt habe für die Jahre 2012 bis 2015 aus dieser Abgabe 64 Millionen Euro für den Haushalt eingeplant, trotz der unklaren Rechtslage, so kritisierte die CDU. Der Ende Juni beschlossene Kölner Haushalt sieht vor, dass die in der Gemeindeordnung vorgeschriebene 5-Prozent-Grenze für die Entnahme aus der allgemeinen Rücklage im Jahr 2014 lediglich um 0,15 Prozent – das entspricht 7,9 Millionen Euro –unterschritten wird. Sollten nun die Einnahmen aus der Bettensteuer, die für 2014 mit rund 16 Millionen Euro veranschlagt sind, entfallen, würde die 5-Prozent-Grenze überschritten. Für das Jahr 2015 hatten Kölns Oberbürgermeister und Kämmerin dies bereits angekündigt.
„Es sieht derzeit so aus, als würde Köln in zwei aufeinanderfolgenden Haushaltsjahren diese Obergrenze überschreiten“, stellt Winrich Granitzka, Vorsitzender der CDU-Fraktion, fest. Er fordert die Kämmerin auf, nun alles daran zu setzen, dies zu verhindern. „Frau Klug muss endlich Einsparvorschläge auf den Tisch legen, um wenigstens diesen Einnahmenausfall aufzufangen. Andernfalls sollte sie schon einmal einen zweiten Schreibtisch in ihrem Büro aufstellen, um dem Sparkommissar der Bezirksregierung Platz zu machen“, so Granitzka. Die Kölner FDP forderte heute, die Bettensteuer endgültig zu beerdigen.

15:22 Uhr > „Bettensteuer ist erledigt“

Das Grundsatzurteil zur Bettensteuer nährt bei Hoteliers in Nordrhein-Westfalen die Hoffnung auf eine komplette Abschaffung der Abgabe. „Wir gehen davon aus, dass sich die Bettensteuer erledigt hat“, sagte der Geschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) Nordrhein, Christoph Becker, am Donnerstag in Köln. Er könne sich nicht vorstellen, wie in einer Satzung zwischen privat und beruflich bedingten Übernachtungen unterschieden werden solle. Der Verwaltungsaufwand sei dabei zu hoch. Allein in der Stadt Köln, die als Vorreiter der Bettensteuer gilt, würden bis zu 80 Prozent der Hotelgäste beruflich bedingt übernachten, sagte Becker. Der Gewinn aus der Steuer für private Übernachtungen stehe in keinen Verhältnis zum Aufwand. Zudem verlangt der Dehoga von der Stadt Köln, die bisher erhobenen Steuergelder von 4,5 Millionen Euro an die Hoteliers zurückzuzahlen.

Kritik äußerte Becker an dem Vorschlag der Stadt, dass sie grundsätzlich weiterhin an der Satzung festhalte. Das sei „unerklärlich und nicht hinnehmbar“, sagte Becker. Er riet Hoteliers weiterhin, gegen alle eingehenden Steuerbescheide eine Klage vor dem Verwaltungsgericht Köln einzureichen. Bereits getan hat das Wolf Hönigs, Inhaber des Lint-Hotel in der Kölner Altstadt, der seit 2010 gegen die „Bettensteuer“ kämpft. Bislang habe er darauf verzichtet, die Abgabe auf seine Gäste umzulegen. Dadurch habe er Umsatzeinbußen erlitten. Auch Rolf Slickers, Direktor des Pullman Hotel, erklärte, aufgrund der Abgabe Umsatzeinbußen im sechs-stelligen Bereich erlitten zu haben. Dazu kämen weitere Kosten die durch die Einführung der Steuer entstanden sein – etwa für neue Buchungs-Programme.

Walter-Borjans hält an Abgabe fest

Derweil hält der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) die Bettensteuer weiter für vernünftig. „Die Städte müssen ihr Recht auf Erhebung von Steuern ausüben können“, sagte er der „Kölnischen Rundschau“ (Donnerstagausgabe). Ohne stabile Einnahmen gebe es keine verlässlichen städtischen Leistungen. „Ich bleibe dabei: Der Kölner Weg ist richtig“, erklärte Walter-Borjans, der in seiner Zeit als Kölner Stadtkämmerer für die Einführung der Kulturförderabgabe verantwortlich war. Der Bochumer Stadtkämmerer Manfred Busch stellte die Zukunft der Bettensteuer ebenfalls infrage. Bei der Prüfung sei zu berücksichtigen, „inwieweit Aufwand und Ertrag noch in einem vernünftigen Verhältnis stehen“, sagte er. Für das Jahr 2012 seien etwa 1,3 Millionen Euro als Einnahme eingeplant gewesen. Der Städte- und Gemeindebund (StGB) NRW hält die Einbußen für verkraftbar. „Die meisten Einnahmen kommen aus der Gewerbesteuer und der Grundsteuer“, sagte der Finanzreferent beim StGB-NRW, Andreas Wohland. Für das Ziel einer Haushaltskonsolidierung spiele die Bettensteuer keine große Rolle.

09:22 Uhr > 15.000 Erstattungsanträge bereits gestellt

Das Bundesverwaltungsgericht hatte zuvor entschieden, dass Kommunen Bettensteuern nur für Übernachtungen aus privatem Anlass erheben dürfen. Für Übernachtungen, die beruflich zwingend erforderlich sind, dürfe die Steuer nicht verlangt werden. Das Urteil bezieht sich zunächst auf die Städte Bingen und Trier. Dabei fordert das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil eine klare Unterscheidbarkeit und Kontrollierbarkeit nach Reiseanlass, zwingend beruflich oder privat bedingt. Diese Differenzierungen sind in den Satzungen der beiden Städte bislang nicht enthalten. In NRW wurde die Abgabe unter anderem in Köln, Dortmund, Duisburg und Bochum eingeführt. In Köln und Bochum müssen Hoteliers einen Beitrag in Höhe von fünf Prozent des Übernachtungspreises an die Stadt zahlen. Die Satzung der Stadt Köln hat grundsätzlich Ähnlichkeiten mit den beklagten Satzungen, erklärte die Verwaltung. Auch die Kölner Regelung fordert für beruflich und privat veranlasste Übernachtungen eine Kulturförderabgabe. Sie enthält allerdings im Gegensatz zu den beiden beklagten Satzungen eine Rückerstattungsgrundlage für die Fälle, in denen die Steuer vom Hotelier zu Unrecht auf den Gast weitergeleitet wurde. Bisher sind bei der Stadt Köln rund 15.000 Erstattungsanträge auch von Geschäftsreisenden eingegangen. In diesen Rückerstattungsanträgen differenzieren die Antragsteller nach privaten oder geschäftlich bedingten Reiseanlässen.

Zwischen Stadt Köln und dem Kölner Hotel- und Gaststättenverband war vereinbart worden, bis auf zwei Rückerstattungsanträge, die als Musterklagen juristisch überprüft werden sollen, diese Anträge noch nicht abschließend zu bearbeiten. Beide Musterklagen sind beim Verwaltungsgericht Köln anhängig. Die Kölner Satzung wird durch die Klage eines Kölner Hoteliers zurzeit juristisch überprüft. In einem ersten Urteil des Verwaltungsgerichtes Köln im Sommer vergangenen Jahres hat das Gericht die Rechtmäßigkeit der Kölner Satzung inhaltlich bestätigt. Die Stadt will nun die schriftliche Urteilsbegründung abwarten, um auf ihrer Grundlage mögliche Auswirkungen zu überprüfen. Deshalb stellt sie ab sofort vorsorglich die Veranlagung der Kulturförderabgabe bei den Hoteliers zurück. Bei der Prüfung sollen auch die Erfahrungen der Stadt Dortmund berücksichtigt werden, die als einzige Stadt in der Bundesrepublik ausschließlich für privat veranlasste Übernachtungen die Abgabe erhebt.

Im vergangenen Jahr 2011 erreichte die Stadt Köln mit rund 4,97Millionen Übernachtungen eine neue historische Rekordmarke. Von den eingenommenen 4,5 Millionen Euro Kulturförderabgabe flossen allein 2,6 Millionen Euro in die Renovierung verschiedener Museen und Kulturbauten, sowie weitere 350.000 Euro für Stadtklima und Verschönerungsprogramme. Im ersten Quartal 2012 registrierte Köln bereits 1,2 Millionen Übernachtungen in der Domstadt.

Mittelstand begrüßt Urteil gegen Bettensteuer

Der Mittelstand begrüßt das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts. NRW-Landesgeschäftsführer Herbert Schulte vom Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) erklärt: „Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes zeigt, dass sich einige Kommunen verfassungsrechtlich auf dünnem Eis bewegen. Dass die Absicht, Einkommen zu erzielen, nicht besteuert werden darf, hätte man als bekannt voraussetzen können, mahnende Stimmen gab es zu Genüge. Geschäftsreisende steuerlich zur Kasse zu bitten, die Einkommen und damit gesamtwirtschaftliche Wertschöpfung generieren, belastet unsere Betriebe und beschädigt den Wirtschaftsstandort. Es ist wichtig, dass das Bundesverwaltungsgericht dieser kommunalen Abzocke eine Absage erteilt hat. Nachdenklich stimmt allerdings, dass wichtige wirtschaftspolitische Entscheidungen, gerade in Nordrhein-Westfalen, von Gerichten korrigiert und damit neu definiert werden mussten. Es wäre wünschenswert, politische Entscheidungen auf ein sicheres verfassungsrechtliches Fundament zu stellen und auf ihre Mittelstandstauglichkeit hin zu überprüfen, um Kollisionen dieser Art in der Zukunft zu vermeiden.“

Autor: dapd, cs | Foto: Stefano Lunardi/Fotolia
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