Köln | aktualisiert 11:07 Uhr | RWE will in Niederaußem ein neues Braunkohlekraftwerk bauen. „BoAplus“ soll das modernste und umweltfreundlichste Braunkohlekraftwerk werden. Heute demonstrierte Greenpeace mit einem vier Meter hohem Schaufelradbagger vor dem Bezirksrathaus in Köln gegen die Pläne von RWE. Aktualisiert: Der Regionalrat hat heute die Änderung des Regionalplans beschlossen. Damt ist für RWE die erste Hürde für den Bau des Braunkohlekraftwerks genommen, Greenpeace zeigte sich enttäuscht.

Bedrohlich senkte der Braunkohlebagger sein Schaufelrad über Miniatur-Siedlung. Extra für den heutigen Protest vor dem Bezirksrathaus in Köln hat Greenpeace den Schaufelradbagger aufgebaut. Der war mit zehn Metern Länge und vier Metern Höhe zwar deutlich kleiner als die im Bergbau eingesetzten Ungetüme, aber dennoch schon beeindruckend. Mit dem Miniatur-Bagger protestierte Greenpeace heute gegen die Pläne von RWE, in Niederaußem ein neues Braunkohlekraftwerk zu bauen. Die Planungen für das Braunkohlekraftwerk laufen bereits seit mehreren Jahren. RWE will dort laut eigenen Angaben das modernste und umweltfreundlichste Braunkohlekraftwerk bauen. Das Kraftwerk „BoAplus“ soll nicht nur deutlich kleiner als seine Vorgänger werden, sondern auch 30 Prozent weniger CO2-Emissionen ausstoßen. Dabei soll BoAplus eine Leistung von 1.110 Megawatt erzielen. Für das neue Kraftwerk will RWE vier ältere Kraftwerk in der Region endgültig ausschalten.  Berechnet man diese in die CO2-Bilanz mit ein, könnten laut RWE jährlich rund drei Millionen Tonnen CO2 eingespart werden.

Umweltfreundlicher heißt nicht umweltfreundlich

Greenpeace kritisiert den Neubau dennoch. Zwar sei die Technik moderner und das Kraftwerk umweltfreundlicher als seine Vorgänger, umweltfreundlich sei es dennoch nicht. Denn neben immer noch 27 Millionen Tonnen CO2, so Greenpeace, würden weitere Schadstoffe freigesetzt – etwa Schwefeldioxid, Feinstaub, Schwermetalle, Quecksilber und Radioaktivität.  Kritik übt Greenpeace auch dem Wirkungsgrad des Kraftwerks. Der liege mit 45 Prozent über dem Durchschnitt, das bedeute jedoch immer noch, dass über die Hälfte der Energie nicht genutzt werden könne. Im Vergleich erreichten Blockheizkraftwerke mit Kraft-Wärme-Kopplung etwa einen Wirkungsgrad von 90 Prozent. Ein weiteres Problem ist laut Greenpeace der ausgestoßene Wasserdampf. Denn die dadurch entstehenden Wolken führten zu einer Veränderung des Klimas und zur Verschattung der umliegenden Dörfer. RWE hält dagegen, dass dank der neuen Technik, der Kühlturm deutlich kleiner sei als bei den derzeitigen Kraftwerken und die Verschattung sich daher reduzieren würde.

Greenpeace hält BoAplus vor allem für ein „falsches Signal“, so betonte heute Matthias Flieder. Denn durch den Neubau würde der Ausbau von erneuerbaren Energien verzögert. Schließlich will RWE das Kraftwerk, wird es denn gebaut, dann auch möglichst lange betreiben – mindestens wohl 40 Jahre. Nur so seien die Investitionskosten in Höhe von 1,5 Milliarden Euro für das Unternehmen auch wirtschaftlich. Greenpeace fordert jedoch einen Ausstieg aus der Braunkohle bis 2030. Bis dahin, so Flieder, könnte genug Energie aus erneuerbaren Energien erzeugt werden, sodass Braunkohlekraftwerke nicht mehr nötig seien. Greenpeace appellierte daher heute an die Bezirksregierung Köln, den Bau des Kraftwerks nicht zu unterstützen.

Regionalrat berät heute

Der Regionalrat der Bezirksregierung berät heute darüber, ob die Fläche, auf der RWE BoAplus bauen will, künftig für ein Kraftwerk genutzt werden darf. Derzeit wird das rund 23 Hektar große Gebiet am nordöstlichen Ortsrand von Niederaußem als Ackerland genutzt. „Diese Sitzung wird zeigen, wie ernst unsere Volksvertreter den Klimaschutz nehmen“, sagte Flieder. Auch wenn der Regionalrat der Umnutzung zustimmt, kann RWE noch nicht mit dem Bau beginnen. Zuvor die Stadt Bergheim, die Nutzungsänderung in ihrem Flächenutzungsplan vermerken, zudem muss ein Bebauungsplan aufgestellt und Baugenehmigungen erteilt werden. Mit dem heutigen Protest will Greenpeace diesen Entwicklungen frühzeitig entgegen wirken. Denn rollen die Bagger einmal an, werde es kaum möglich sein, den Neubau zu verhindern. „Wir wollen kein Stuttgart21“, sagte Flieder.

11:07 Uhr > Regionalrat gibt „grünes“ Licht für Kraftwerk

Der Regionalrat hat der Änderung des Regionalplans für das Gelände in Niederaußem heute gegen die Stimmen der Grünen und der Linken zugestimmt. Damit ist für RWE die erste Hürde für den Bau des Braunkohlekraftwerks genommen.  Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig, da nun innerhalb von drei Monaten Bedenken und Anregungen der Beteiligten eingebracht werden können. Auch die Öffentlichkeit kann sich zu dem Neubau äußern. Dazu werden die Pläne von RWE Rhein-Erft Kreis sowie bei der Bezirksregierung Köln für die Dauer von einem Monat öffentlich ausgelegt.  Greenpeace zeigte sich von dem heutigen Beschluss enttäuscht. „Wir hatten gehofft, dass ein Wille zur Energiewende da ist, das scheint nicht der Fall zu sein“, erklärte Matthias Flieder. „Wir werden dennoch weiter dafür kämpfen, dass das Kraftwerk in Niederaußem nicht gebaut wird.“

Autor: Cornelia Schlösser
Foto: Greenpeace-Protest: Symbolisch bedrohte heute ein großer Schaufelradbagger das kleine Dorf