Köln | Morgen verwandelt sich der Neumarkt in einen Bauernhof. Mitten in Köln präsentiert sich der „Erlebnis: Bauernhof mobil“. Unter dem Motto „Natur nutzen – Natur schützen“ soll dort nachhaltige Landwirtschaft zum Anfassen und Verstehen präsentiert werden. Kritik an der Aktion äußern vorab Bauern, Umwelt- und Tierschützer. Mit der Realität der Unternehmen habe die Präsentation nichts zu tun.

Den Bauernhof hautnah erleben: Der „Erlebnis: Bauernhof mobil“ will vom 23. bis 25. August 2012 auf dem Kölner Neumarkt nachhaltige Landwirtschaft präsentieren. Gezeigt werden sollen etwa Kälber, Ferkel und weitere Tiere vom Bauernhof sowie Landmaschinen. Zudem locken verschiedene Probierstände, eine Showküche und Aktionen wie etwa „Butterschütteln“ und Getreide mahlen. So soll nachhaltige Landwirtschaft anschaulich und verständlich vorgestellt werden. Die Aktion ist eine gemeinsame Initiative des Deutschen Bauernverbandes, des Vereins information.medien.agrar (i.m.a), der Fördergemeinschaft Nachhaltige Landwirtschaft (FNL), der Rheinische Landwirtschafts-Verband (RLV) und der Initiative „Innovation & Naturhaushalt“. Der Bauernhof ist an den drei Tagen täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet, der Eintritt ist frei.

Bauern, Umwelt- und Tierschützer kritisieren ‚Inszenierung’

„Mit den Realitäten in der Intensivstlandwirtschaft, für die die Organisatoren stehen, haben die dort gezeigten Bilder allerdings wenig gemein“, so die gemeinsame Einschätzung von Bauern, Umwelt- und Tierschützern. Mit schönen Bildern und kuschelig aussehenden Tieren solle Menschen ein positives Bild der Tier- und Pflanzenproduktion vorgegaukelt und dabei die ‚hässlichen Seiten’ einer zunehmend industriellen Landwirtschaft und Tierhaltung ausgeblendet werden, so die Kritiker weiter.

„Zu den Mitgliedern der maßgeblich veranstaltenden ‚Fördergemeinschaft Nachhaltige Landwirtschaft’ (FNL) gehören mit BASF, Bayer CropScience, Monsanto und Syngenta die internationalen Größen der Gentechnikindustrie, die zugleich Hauptproduzenten von Pestiziden und anderen Agrochemikalien sind“, so Paul Kröfges, Landesvorsitzender des BUND NRW. Auch weitere beteiligte Unternehmen hätten mit Nachhaltigkeit, Natur und bäuerlichen Betrieben wenig zu tun.

„Sie stehen vielmehr für eine Ressourcen verschwendende Landwirtschaft, für Dumpingpreise und für eine Tierhaltung, dessen wahres Gesicht auf dem Kölner Neumarkt niemals gezeigt wird, da sich die Verbraucher abwenden würden“, so  Bernd Schmitz, NRW-Landesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) und Bauer im Rhein-Sieg-Kreis. Gentechnikfutter, gekürzte Schweineschwänze und Schnäbel, der viel zu hohe Antibiotikaeinsatz und die Enge in den meisten Mastställen blieben der Bevölkerung unsichtbar. „Unsere Kritik richtet sich nicht gegen die auf dem Neumarkt anwesenden regionalen Verarbeiter, Gemüsebauern oder Imker, sondern vielmehr gegen die Art der Inszenierung der Veranstaltung. Die Landwirtschaft braucht einen stärkeren Dialog mit den Verbrauchern, aber bitteschön mit ehrlichen Bildern“, so Heinz-Josef Thuneke, Landesvorsitzender von Bioland NRW. Nur so könne die Verbraucherschaft in die Lage versetzt werden, eine souveräne Kaufentscheidung zu treffen.

„Die Informationsgeber sind authentisch“

Die Veranstalter selber weisen die Kritik zurück. Der FNL und der Rheinische Landwirtschafts- Verband (RLV) gehörten über 90 Prozent der Landwirte im Rheinland an. Deren Landwirtschaft ernähre 82 Millionen Menschen. „In Köln schaffen wir nun Berührungspunkte und laden zum Dialog ein. Wir informieren jeden, der sich mit dem Thema Landwirtschaft und den dazu gehörenden vor- und nachgelagerten Bereichen beschäftigen möchte. Die Informationsgeber sind authentisch, es sind beispielsweise die Landwirte, die Landfrauen, die Landjugend und die vielen Partner, die sich auf dem Neumarkt präsentieren, alles sind direkte beteiligte bei der Produktion unserer Lebensgrundlagen. Diese als „Teil einer Imagekampagne der Agro- und Gentechnikindustrie“ zu diskreditieren ist unseriös und entspricht nicht den Tatsachen“, erklärte Ingo Willoh, Sprecher der FNL, gegenüber report-k.de.

Der „Erlebnis: Bauernhof mobil“ sei eine Dialogplattform. „Wir machen keine Werbe- oder Marketingmaßnahmen sondern präsentieren den Menschen Informationen um die Landwirtschaft und wir zeigen auch die existierenden Herausforderungen“, so Willoh. So solle an konkreten Beispielen erklärt werden, welchen Einfluss Landwirtschaft auf den Naturhaushalt hat und umgekehrt. Weiter würden zwar auf dem Bauernhof lebende Tiere, nicht jedoch Tierhaltungs-Systeme gezeigt. „Für uns als FNL gilt, dass wir das Wohlergehen der auf dem „Erlebnis: Bauernhof mobil“ gezeigten Tiere garantieren. Dazu gehört auch die amtstierärztliche Begutachtung vor Ort. Wir betreuen, pflegen und füttern die Tiere (Schweine, Kälber, Küken) über die drei Tage bevor sie zurück auf den Hof kommen“, sagte Willoh, „Es gibt dazu klare gesetzliche Tierschutzregeln, an die sich die Tierhalter in Deutschland halten. Darum stehen vor Ort Landwirte auch bei diesen Debatten Rede und Antwort.“

Autor: cs
Foto: Symbolfoto: Bauernhof